Peter Rösch hat eine Autolackiererei in Nürnberg. Er setzt Autos nach Unfällen instand – und erlebt immer häufiger, dass seine Kunden Ärger mit ihrer Versicherung haben. Die weigere sich immer häufiger, die komplette Rechnung zu bezahlen. Die Folge: Streit "über Sachen, die eigentlich ganz normal zu bezahlen sind", erzählt der Autolackierer.
2024: Rekord-Beschwerdejahr
Rösch macht den Job seit Jahrzehnten – und erinnert sich: Früher sei das anders gewesen. Da sei nach dem Unfall ein Gutachten erstellt worden, dann habe die Werkstatt repariert, und die Versicherung habe gezahlt. Heute werde "bei jeder Rechnung nachgeprüft, nachgeschaut" – und am Ende nicht immer alles bezahlt.
Betroffene Kunden gehen inzwischen immer öfter den Weg zur Schlichtungsstelle, der Ombudsfrau für Versicherungen. Die hat im vergangenen Jahr mehr als 21.500 Beschwerden registriert – und damit fast ein Fünftel mehr als im Jahr davor. Stark gestiegen: Streitfälle wegen Autoversicherungen, Kasko und Haftpflicht. Die Rede ist von einem Rekord-Beschwerdejahr.
Versicherte haben "größere Erwartungshaltung"
Die wichtigsten Gründe dafür liegen aus Sicht von Ombudsfrau Sibylle Kessal-Wulf aber nicht unmittelbar bei den Versicherungen – sondern erstens in der größeren Bekanntheit der Schlichtungsstelle, und zweitens in einer größeren Erwartungshaltung der Versicherten "in puncto Regulierung und Schnelligkeit der Regulierung".
Die Schlichtungsstelle der Ombudsfrau hat die Aufgabe, Konflikte zwischen Versicherungen und ihren Kunden zu lösen. Finanziert wird der Trägerverein der Ombudsstelle nicht staatlich, sondern unter anderem durch Beiträge der Mitglieder. Das wiederum sind die Versicherungen selbst: mehr als 300 Unternehmen – darunter: Töchter des Allianz-Konzerns, der Nürnberger Versicherung oder auch der WWK-Versicherungsgruppe.
Vorsicht bei Versicherungswechsel
Das Rekordniveau bei den Beschwerden treibt neben der Schlichtungsstelle auch den Gesamtverband der Versicherer um. Dessen stellvertretende Hauptgeschäftsführerin, Anja Käfer-Rohrbach, sagt: Ein weiterer Grund für Unzufriedenheit und Beschwerden seien Versicherungswechsel im sogenannten Autoherbst. Manchem Verbraucher sei durch den Wechsel der Rabattschutz abhandengekommen – also das Recht, einen Schaden zu melden, ohne gleich den Schadenfreiheitsrabatt zu verlieren. Die Folge: Unzufriedenheit und Beschwerden.
Außerdem beobachten die Versicherungen massive Preissteigerungen bei Werkstattkosten und Ersatzteilen – und werden misstrauisch. "Das schauen die Versicherer einfach eben darauf, dass man nicht einfach blind zahlt", so Käfer-Rohrbach vom Gesamtverband der Versicherer.
Oft hilft nur der Anwalt
Die einen wollen also nicht einfach jede Rechnung ohne Nachfrage begleichen – die anderen wollen nicht auf Unfallkosten sitzen bleiben. Autolackierer Rösch aus Nürnberg rät seinen Kunden, es nicht im Alleingang mit der Versicherung aufzunehmen, sondern einen Anwalt einzuschalten. Seine Erfahrung: Sobald "über den Rechtsanwalt die Restbeträge, die nicht bezahlt werden, eingefordert werden, wird es zu 95 Prozent bezahlt, ohne Anstand".
Zum Nachhören: Ärger mit der Versicherung - Beschwerden werden mehr
Wegen Streit mit ihrer Versicherung haben sich so viele Menschen wie noch nie beschwert. Die Schlichtungsstelle zählte 2024 gut 21.500 Fälle.
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