Bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags kann sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Spitze an den künftigen Partner SPD nicht verkneifen: "Wir als CSU, wir stellen auch die einzigen drei Bayern als Bundesminister – nur so nebenbei." Co-Parteichefin Saskia Esken antwortet traditionell auf den Seitenhieb aus Bayern: "Deswegen will ich sagen: Andere Minister als aus Bayern könnt ihr auch nicht benennen."
Nachdem CDU und CSU bereits ihre Ministerinnen und Minister bekannt gegeben hatten, zieht die SPD jetzt nach: An der Spitze steht Lars Klingbeil, der SPD-Chef wird Finanzminister und Vize-Kanzler. Eine weitere Personalie galt schon lange als gesetzt: Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt im Amt. Eine Überraschung stellt Carsten Schneider dar, der frühere Ostbeauftragte wird Umweltminister.
SPD: Sieben Ministerien, vier Frauen und einige Newcomer
Neue Gesichter und ein Generationenwechsel – dafür soll die SPD-Ministerriege stehen. Zur eher männlich aufgestellten Unionsmannschaft wirken die SPD-Personalien als weibliches Gegengewicht: vier der sieben Ministerien werden jetzt von Frauen geführt. Bärbel Bas, bekannt als Bundestagspräsidentin, übernimmt den Job der Arbeitsministerin. Stefanie Hubig, die in Regensburg Jura studierte, und zuletzt Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz war, steigt zur Justizministerin auf. In der Vergangenheit war sie bereits Staatssekretärin im Ministerium, jetzt kehrt sie als Ministerin zurück. Ihr Haus wird als Gegenspieler zum CSU-geführten Innenministerium gesehen. Hubigs Aufgabe daher aus SPD-Sicht: Aufpassen, was Alexander Dobrindt als Innenminister vorhat.
Zwei, die jetzt in der SPD eine steile Karriere hinlegen, sind die neuen Bau- und Entwicklungsministerinnen: Beide sind unter 40 Jahre alt und sollen für die Verjüngung der Partei stehen. Der 37-jährigen Verena Hubertz wird schon länger der Bauminister-Posten zugetraut. Zuletzt war sie stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende. Anders die neue Entwicklungsministerin: Reem Alabali-Radovan konnte bereits Regierungserfahrung sammeln: In der Ampel-Regierung war sie Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus sowie für Migration, Flüchtlinge und Integration. Sie selbst wurde in Moskau geboren, ihre Eltern stammen aus dem Irak. Mit ihren 35 Jahren wird Alabali-Radovan die jüngste Ministerin im Kabinett Merz sein. Ihren Platz als bisherige Ministerin muss dafür die 56-jährige Svenja Schulze räumen.
Vier parlamentarische Staatssekretäre aus Bayern
Die neue SPD-Mannschaft soll eine Kombination aus Erfahrung und Erneuerung darstellen – bayerische Ministerinnen oder Minister fehlen. Dafür stammen vier parlamentarische Staatssekretäre der Sozialdemokraten aus dem Freistaat. Sie übernehmen eine zentrale Vermittlerrolle zwischen dem Ministerium, dem Parlament und ihrer eigenen Partei. "Auf mich kommt damit eine große und verantwortungsvolle Aufgabe zu", schreibt Michael Schrodi, SPD-Bundestagsabgeordneter für Dachau und Fürstenfeldbruck.
Den bisherigen steuerpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion hat sich Lars Klingbeil in sein Bundesfinanzministerium als Staatssekretär geholt. Für Beobachter kommt dieser Schritt nicht überraschend – Schrodi war bereits intensiv in die Sondierungs- und Koalitionsgespräche beim Thema Finanzen eingebunden. Neu im Amt als Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt- und Klima wird Carsten Träger sein: Der Abgeordnete aus Fürth war zuvor unter anderem Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Umwelt- und Naturschutz.
Für Bayreuth in Berlin ist Anette Kramme – die bisherige Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird Justizstaatssekretärin. Die aus Freilassing stammende Bärbel Kofler, die seit 2021 Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, bleibt im Amt.
Esken und Heil verlieren Minister-Machtkampf
Ein Name fehlt bislang bei den SPD-Posten: Saskia Esken. Wochenlang wurde über ihre politische Zukunft spekuliert. Klar ist: Den Minister-Machtkampf hat sie verloren. Ob sie als Parteichefin wieder antritt – ungewiss. Auch Hubertus Heil geht leer aus, denn: Männer aus Niedersachsen hat die SPD genug, unter anderem mit Klingbeil und Pistorius. Heil muss daher Platz machen.
Doch die SPD dürfte insgesamt zufrieden sein: Mit nur 16 Prozent hat die Partei ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei der Bundestagswahl eingefahren und ist dennoch Teil der neuen Regierung. Sieben SPD-Ministerien zeugen von Verhandlungsgeschick und einer guten Position – als einzige Regierungsoption für die Union.
Im Video: Schwarz-rote Koalition besiegelt
Im Video: Schwarz-rote Koalition besiegelt
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels waren Vorname und künftige Position von Anette Kramme falsch. Wir haben die Fehler korrigiert.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!