Die weltweiten Militärausgaben sind 2024 zum zehnten Mal in Folge gestiegen. Rund 2,72 Billionen US-Dollar (etwa 2,38 Billionen Euro) wandten alle Staaten zusammen für das Militär auf. Das teilt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in seinem neuen Bericht mit. Inflationsbereinigt waren das 9,4 Prozent mehr als 2023 – der größte Anstieg von einem aufs nächste Jahr seit dem Ende des Kalten Krieges im Jahr 1991.
Besonders stark war der Anstieg dem Institut zufolge in Europa und im Nahen Osten, was mit den Kriegen in der Ukraine und im Gazastreifen sowie dem Konflikt zwischen Israels und der Hisbollah im Libanon begründet werden könne.
Militärausgaben Deutschlands: 28 Prozent höher als im Vorjahr
Deutschland verbrauchte laut Sipri 88,5 Milliarden Dollar (rund 77,6 Milliarden Euro) für das Militär und lag somit zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung vor allen anderen Ländern Zentral- und Westeuropas. Laut Bericht gab die Bundesrepublik 2024 insgesamt 28 Prozent mehr für das Militär aus als im Vorjahr.
Mit einem Anstieg zeigte das 2022 beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr seine Wirkung. Trotzdem blieb die Bundesrepublik mit 1,9 Prozent knapp hinter dem Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Verteidigung zu stecken.
Deutschland rückte damit in der weltweiten Rangliste der Staaten mit den höchsten Verteidigungsausgaben vom siebten Rang im Vorjahr auf den vierten vor – hinter dem Spitzenreiter USA sowie China und Russland auf den Plätzen zwei und drei. Die Bundesrepublik überholte den Sipri-Zahlen zufolge damit Großbritannien, Saudi-Arabien und Indien.
Kritik: Führt zu "neuer Rüstungsspirale"
Greenpeace kritisierte die steigenden Militärausgaben Deutschlands. Friedensexperte Thomas Breuer sagte: "Statt dringend in Bildung, Klimaschutz oder soziale Sicherheit zu investieren, verschulden sich Länder wie Deutschland weiter, um ihre Rüstungshaushalte mit enormen Summen auszubauen." Dies führe zu "einer neuen Rüstungsspirale, die Misstrauen zwischen Staaten schafft und damit zu wachsender Unsicherheit führt."
Bedrohung durch Russland – Europa rüstet auf
Andere europäische Staaten steigerten ihre Verteidigungsausgaben indes noch stärker als Deutschland: So erhöhten die östlichen Nachbarstaaten Polen und Tschechien im Jahr 2024 ihre Rüstungsbudgets im Vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent, Schweden um 34 Prozent, die Niederlande um 35 Prozent und Rumänien um 43 Prozent.
Der rasche Anstieg der Ausgaben bei den europäischen Nato-Mitgliedern lässt sich laut Sipri-Forscherin Jade Guiberteau Ricard mit der andauernden Bedrohung durch Russland erklären sowie mit dem möglichen Rückzug der USA aus dem Bündnis.
Sie unterstrich, dass eine Erhöhung der Ausgaben allein jedoch nicht unbedingt zu einer deutlich größeren militärischen Leistungsfähigkeit oder Unabhängigkeit von den USA führe. "Das sind weitaus komplexere Aufgaben", sagte die Sipri-Expertin.
Weltweit 2,7 Billionen Dollar Rüstungsausgaben: USA Spitzenreiter
Global betrachtet stiegen die Rüstungsausgaben im vergangenen Jahr inflationsbereinigt um 9,4 Prozent auf rund 2,7 Billionen Dollar. Das war der größte je von Sipri festgestellte Anstieg. Insgesamt hätten mehr als 100 Staaten weltweit ihre Militärausgaben gesteigert. Sipri erhebt die weltweiten Rüstungsausgaben seit 1988. Demnach sind die Verteidigungsausgaben 2024 so stark gestiegen wie mindestens seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr.
Das Land mit den am Abstand höchsten Militärausgaben bleiben die USA. So investierten die Vereinigten Staaten den Angaben zufolge 997 Milliarden Dollar in ihre Streitkräfte – dies entspreche etwa 37 Prozent der weltweiten Militärausgaben im Jahr 2024.
Auf Platz zwei steht China mit Investitionen in Höhe von schätzungsweise 314 Milliarden Dollar, gefolgt von Russland mit geschätzt 149 Milliarden Dollar. Die Ukraine investierte laut Sipri 64,7 Milliarden Dollar in das Militär und damit deutlich weniger als Russland.
Der Sipri-Bericht: Umfassende Datensammlung
Der jährlich erscheinende Sipri-Bericht zu den Militärausgaben in aller Welt gilt als umfassendste Datensammlung dieser Art. Die Friedensforscher stützen sich dabei auf offizielle Regierungsangaben zum Verteidigungshaushalt und auf weitere Quellen und Statistiken – deshalb weichen die Zahlen traditionell von den Angaben der Nato und einzelner Länder ab. Zu den Ausgaben zählt Sipri auch Aufwände für Personal, Militärhilfen sowie militärische Forschung und Entwicklung.
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Mit Informationen von AFP und epd.
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