Es ist kurz vor neun Uhr und der Petersplatz ist voll. Und das schon seit mehreren Stunden: Bereits um sechs Uhr früh ziehen die Menschen über die Via della Conciliazione, die vom Fluss Tiber direkt auf den Petersdom zuläuft; versuchen, möglichst nah an die Kirche heranzukommen. Hier wird Papst Leo XIV. heute offiziell in sein Amt eingeführt, nachdem die Kardinäle ihn vor zehn Tagen zum neuen Oberhaupt der Kirche gewählt haben.
Fahrt mit dem Papamobil
Bevor es zum offiziellen Teil der Amtseinführung kommt, fährt Leo XIV. jetzt aber erst einmal mit dem Papamobil durch die Menge: Über den Petersplatz und die Via della Conciliazione bis zum Fluss und wieder zurück – für die Fahrt ist extra der Mittelstreifen abgesperrt worden. Der Papst steht aufrecht und grüßt nach rechts und links, wird viel bejubelt. Es sind auffällig viele junge Leute gekommen, um ihn zu sehen.
Was sie sich vom neuen Papst wünschen? Vielen ist der Frieden ein großes Anliegen, "dass er zwischen verschiedenen Ländern vermittelt, unterschiedliche Meinungen vertritt und differenziert beurteilt", wünscht sich zum Beispiel Anna aus München. Ihre Freundin Ricarda hofft, "dass er wieder mehr junge Leute für die Kirche begeistert". Camila aus Kolumbien ist es wichtig, "dass er sich anhört, was die unterschiedlichen Gruppierungen in der Kirche brauchen".
Besuch vom Petrusgrab
Nach seiner Fahrt mit dem Papamobil geht es für Papst Leo XIV. in den Petersdom hinein. Hier steigt er jetzt die Stufen zum Grab von Petrus hinab, nach dem die Kirche benannt ist – so will es die Tradition.
Währenddessen Hochbetrieb in einer Bar an der Seite des Petersplatzes: Espressopause, bevor um 10 Uhr auf dem Platz die Messe beginnt. Eine Gruppe Italiener ist extra für einen Tag aus den Abruzzen gekommen, was sich schon jetzt gelohnt habe. Haben sie auch Wünsche an den neuen Papst? "Lass ihn doch erstmal ein bisschen arbeiten! Und dann sprechen wir in zehn Jahren nochmal."
Leo XIV. wird mit Applaus empfangen
Um kurz nach zehn tritt Leo XIV. dann auf den Petersplatz und wird mit großem Applaus empfangen. Wie schon bei seinen vergangenen Reden ist ihm anzumerken, wie sehr ihn das alles bewegt: Plötzlich Oberhaupt von 1,4 Milliarden Gläubigen zu sein, alle sind sie heute nur seinetwegen da. Er verliest die ersten Gebete auf Latein, darauf folgen Lesungen in verschiedenen Sprachen.
Vor sich hat der Papst unter anderem Delegationen aus rund 150 Ländern: Für Deutschland ist Bundeskanzler Friedrich Merz gekommen. Und weiter unten, auf dem Petersplatz, rund 200.000 Menschen. Die immer wieder jubeln: Zum Beispiel, wenn Kardinal Tagle Papst Leo XIV. den eigens für ihn geschaffenen Fischerring anlegt. Der Ring und das Pallium, eine Art Schal, sind die päpstlichen Insignien: Sie zeigen, dass Leo XIV. jetzt offiziell das Oberhaupt der katholischen Kirche ist.
Für die wünscht sich der Papst in seiner Predigt anschließend vor allem eines: "Eine geeinte Kirche". Einheit zwischen Reformern und Konservativen: Es heißt, dass Leo XIV. von den Kardinälen vor allem deshalb so schnell zum Papst gewählt worden ist, weil er zwischen diesen beiden gegensätzlichen Gruppierungen innerhalb der Kirche vermitteln kann.
Ein diverses Publikum
So weit wie die Meinungen innerhalb der Kirche auseinandergehen, so divers ist heute auch das Publikum bei der Amtseinführung des Papstes: Es gibt Leute wie Annika und Marc aus dem Rheinland, die auf der Durchreise sind und einfach mal eine halbe Stunde auf den Petersplatz schauen wollten. Annika sagt, sie fände die Messe zur Amtseinführung "ein schönes Event, aber man versteht halt nichts".
Und dann gibt es Leute wie Janka aus der Slowakei, die ihrer großen Familie zu Weihnachten einen Rom-Trip zum Heiligen Jahr geschenkt hat und jetzt überglücklich ist, dass sie und ihre Familie bei der Amtseinführung des neuen Papstes dabei sein können. "Jeder von uns hat noch jemanden im Herzen mitgebracht, jemand, der nicht hier dabei sein kann, manche sind auch schon im Himmel, und für sie alle beten wir jetzt", sagt sie.
Die Amtseinführung war also ein bisschen wie die Kirche selbst: Für jeden hat sie eine unterschiedliche Bedeutung, jeder kommt mit unterschiedlichen Motivationen und Anliegen. Und da passt es gut, was Papst Leo XIV. auch heute wieder als sein zentrales Anliegen vorgetragen hat: Liebe, Einigkeit und Frieden.
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