Ein Schulkind sitzt an einem Schreibtisch mit Schulmaterialien und hält ein Smartphone in den Händen.
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Während die Bundesregierung eine Expertenkommission für Social Media plant, fordern Jugendliche vor allem mehr Medienbildung statt Verbote.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marijan Murat
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Social Media-Verbot für Kinder: Schutz oder Freiheitsbegrenzung?

Social Media-Verbot für Kinder: Schutz oder Freiheitsbegrenzung?

Auf den Jugendpolitiktagen diskutieren junge Menschen über eine mögliche Altersgrenze für Social Media. Zwischen Angst vor Sucht und dem Wunsch nach Selbstbestimmung prallen unterschiedliche Meinungen aufeinander – auch in der Politik.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Gewusel bei den Jugendpolitiktagen in Berlin: Junge Menschen zwischen 16 und 27 Jahren tauschen sich aus, wollen mit Politikern ins Gespräch kommen. Vor allem ein Thema treibt sie um: eine Altersgrenze bei Social Media.

Angestoßen hat diese Debatte Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU), die im BR24-Interview betont: "Es geht auch darum, Kinder davor zu schützen, süchtig zu werden. Es geht darum, Kinder vor psychischen Erkrankungen zu schützen. All das steht in Verbindung mit der zu frühen Nutzung von Social Media." Ein konkretes Mindestalter nennt sie nicht.

Die Jugendlichen sind skeptisch: Eine Grenze bei 16 Jahren halten viele für überzogen, ein Mindestalter von 14 hingegen erscheint einigen angesichts von Fake-News und intransparenten Algorithmen sinnvoll. Andere lehnen Altersgrenzen komplett ab – mit dem Hinweis: TikTok & Co. sind Hauptinformationsquellen.

Social Media-Verbot für unter 16-Jährige: Vorbild Australien?

So unterschiedlich die Meinungen der Jugendlichen sind, so gespalten zeigt sich derzeit auch die Politik. "Wir haben eine Situation, dass Kinder, aber auch Jugendliche in einem Ausmaß Bildschirmzeiten haben, die gesundheitsschädlich sind, die Suchtverhalten hervorrufen", warnt Prien. Aus diesem Grund hat die Regierung in Australien vergangenes Jahr beschlossen: kein Social Media mehr unter 16 Jahren. Den Betreibern drohen Bußgelder bis zu 31 Millionen Euro.

Die Bundesregierung will vor der parlamentarischen Sommerpause eine Experten-Kommission einsetzen, die Empfehlungen für einen Jugendmedienschutz erarbeiten soll. Damit erfüllt die Regierung ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag.

Söder zu möglichem Social Media-Verbot: "Quatsch" und "realitätsfremd"

Doch es gibt auch kritische Stimmen – prominentester Widersacher: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Im Gespräch mit BR24 nennt er ein mögliches Social Media-Verbot für Jugendliche "totalen Quatsch" und "realitätsfremd". Statt Altersgrenzen brauche es mehr Medienkompetenz, so Söder. Der CSU-Chef, selbst aktiver Social Media-Nutzer mit 740.000 Followern auf Instagram, ist vor allem für seine Essens-Videos unter #söderisst bekannt.

Auch Stefan Düll aus Bayern, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, ist gegen feste Altersgrenzen. Er betont die positiven Seiten – etwa YouTube auch als Lernort. Zudem bezweifelt Düll, dass Alterskontrollen technisch umsetzbar seien.

Netzaktivist: Plattformen machen süchtig

Wie realistisch ist eine funktionierende Altersgrenze für TikTok und Co.? Markus Beckedahl ist Deutschlands bekanntester Aktivist für Datenschutz, Netzpolitik und digitale Rechte. Zu einem Verbot hat er ein "ambivalentes Verhältnis", wie er betont. "Die Forschung sagt: Viele Mechanismen dieser Plattformen machen süchtig und können schädliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben." Insofern ist für ihn mindestens eine stärkere Regulierung von Social Media notwendig.

Das Problem dabei ist die Technik – Regeln gibt es bereits. Gewisse Plattformen wie TikTok dürfen erst ab 13 Jahren genutzt werden, aber: bei der Altersabfrage können Kinder oft schummeln. TikTok teilt auf BR24-Anfrage mit, dass man mehr Kinder- und Jugendschutz betreibe als viele Mitbewerber. Angestellte – also echte Menschen, keine Algorithmen – überprüften demnach, ob die jungen Menschen in den Videos auf TikTok schon über 13 Jahre alt sind. Um die 20 Millionen Konten von mutmaßlich unter 13-Jährigen würden pro Quartal entfernt.

Jüngster Bundestagsabgeordneter: Tech-Konzerne in die Pflicht nehmen

Auch wenn neue Wege für die Altersverifikation gefunden werden würden: Ein Grundproblem wäre damit nicht gelöst, gibt Beckedahl zu bedenken: "Das Leben der Jugendlichen findet auf diesen Plattformen statt. Damit müssen wir erstmal umgehen." Man habe sich von wenigen Plattformen abhängig gemacht.

Auch Politiker. Der jüngste Bundestagsabgeordnete Luke Hoß aus Passau (Die Linke) meint: Statt Jugendliche ins Visier zu nehmen, müssten die Tech-Konzerne in die Pflicht genommen werden, "die umso mehr Gewinne machen, je länger Kinder und Jugendliche auf sozialen Netzwerken aktiv sind. Das heißt konkret: (…) Algorithmen zu verbieten, die darauf ausgerichtet sind, Nutzer so lange wie möglich auf der jeweiligen Plattform zu halten."

Und die jungen Menschen auf den Jugendpolitiktagen? Die bleiben erstmal auf TikTok und Co. Ihr Wunsch für die Experten-Kommission: mehr Medienbildung statt Verbote.

Im Video: Social-Media-Konsum - Gespräch mit BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann

Zur Debatte über ein Social Media-Verbot: Ein Gespräch mit Simone Fleischmann, der Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands.
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Zur Debatte über ein Social Media-Verbot: Ein Gespräch mit Simone Fleischmann, der Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands.

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