Schon heute haben rund ein Drittel der Strecken ein Tempolimit. Eine Mehrheit der Bevölkerung ist inzwischen für ein flächendeckendes Tempolimit. Es würde auf jeden Fall den Ausstoß an Kohlendioxid reduzieren. Ob es die Sicherheit erhöht, ist unklar.
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Tempolimit auf Autobahnen – ADAC gibt keine Empfehlung ab

Tempolimit auf Autobahnen – ADAC gibt keine Empfehlung ab

In Umfragen gibt es immer wieder Mehrheiten dafür – und auch ein breites Bündnis von Organisationen forderte zuletzt niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzungen. Europas größter Automobilclub will keine konkrete Empfehlung abgeben. Das sind die Gründe.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Kaum ein Thema wird so kontrovers diskutiert wie die Einführung von Tempolimits. Anfang des Jahres hatte ein Bündnis aus 14 Organisationen, darunter Greenpeace, die Gewerkschaft der Polizei und der Verkehrsclub Deutschland niedrigere Tempolimits auf Autobahnen, Landstraßen und innerorts gefordert. Der ADAC verzichtet nun bei Tempolimits auf Autobahnen auf konkrete Empfehlungen. Das Thema "polarisiere", sagte eine Sprecherin am Montag in München. Zudem seien Wirkungen eines Tempolimits teilweise unklar.

Mehrheit der ADAC-Mitglieder für Tempolimit

Bei einer ADAC-Umfrage zu Jahresbeginn hatte sich mit 55 Prozent eine Mehrheit der Mitglieder für ein Tempolimit ausgesprochen – 41 Prozent waren dagegen. Der ADAC plädiert jetzt "für eine Versachlichung der Debatte". Angeregt wird zugleich eine Temposteuerung über mehr sogenannte Wechselverkehrszeichen entlang von Autobahnen, sagte die Sprecherin. Dazu gehören LED-Anzeigen, auf denen eine Höchstgeschwindigkeit nach Bedarf angezeigt werden kann.

In der vergangenen Woche hatte das Statistische Bundesamt (Destatis) die Unfallstatistik für das Jahr 2024 vorgestellt. Daraus geht hervor, dass überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit die Unfallursache Nummer 1 für tödliche Verkehrsunfälle war. 30 Prozent der Verkehrstoten und 13 Prozent aller Verletzten kamen demnach 2024 bei Unfällen zu Schaden, "bei denen mindestens eine beteiligte Person die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hatte oder für die Straßen- oder Witterungsverhältnisse zu schnell fuhr".

Meiste Verkehrstote 2024 außerorts

Die meisten Verkehrstoten waren im Jahr 2024 außerorts zu beklagen. Grund waren laut Destatis unter anderem die höheren Fahrgeschwindigkeiten außerhalb von Ortschaften. 57 Prozent der bei Unfällen im Straßenverkehr Getöteten kamen auf Landstraßen ums Leben, innerorts waren es 33 Prozent. Auf Autobahnen waren es zehn Prozent – in absoluten Zahlen: 284 Menschen.

Es müsse vor allem in das Bewusstsein der Autofahrerinnen und Autofahrer gelangen, "dass dort, wo Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten, diese auch eingehalten werden müssen", sagte die ADAC-Sprecherin. Auch unangepasste überhöhte Geschwindigkeit etwa bei schlechtem Wetter könne ein Sicherheitsrisiko darstellen. Für eine angepasste Fahrweise könnten Aufklärungskampagnen sorgen, "aber auch eine erhöhte Kontrolldichte, im besten Fall mit einer Konsequenz an Ort und Stelle".

Einführung eines Tempolimits politisch vom Tisch

Anders als der ADAC plädiert der ACE Auto Club Europa unter anderem für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen, "um das Risiko für schwere Unfälle zu reduzieren", wie der Automobilclub zuletzt im Mai mitteilte. Darüber hinaus sollten laut ACE aber auch Bußgelder bei sicherheitsrelevanten Verstößen, etwa bei zu hohem Tempo, zu geringem Abstand oder riskantem Überholen, spürbar erhöht und diesbezügliche Kontrollen verstärken werden.

Politisch steht das Thema unter der schwarz-roten Bundesregierung nicht auf der Agenda. Ein Tempolimit hält Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) nicht für nötig, wie er in der vorvergangenen Woche verkündet hatte. "Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen beträgt nicht einmal 115 Stundenkilometer", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gebe bereits vielfach Geschwindigkeitsbegrenzungen, hinzu kämen Baustellen und Staus. "Man kann in Deutschland nur auf wenigen Strecken wirklich schnell fahren. Daher halte ich ein generelles Tempolimit auf Autobahnen für überflüssig."

Studie über Verbote: Wie Menschen auf neue Regeln reagieren

Stichwort Polarisierung: Laut einer Studie der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Wien lässt die Ablehnung neuer Regeln etwa zum Rauchverbot oder einem Tempolimit bei vielen Menschen nach Inkraftsetzen der Maßnahmen deutlich nach. Die Forscherinnen und Forscher analysierten repräsentative Umfragen unter anderem zur Verschärfung des Tempolimits in den Niederlanden. Hinter der Ablehnung stecke demnach ein psychologischer Mechanismus. Werden Menschen vor eine Veränderung gestellt, richten sie ihre Aufmerksamkeit mehr auf die Neuerung an sich als auf die Zustände vor und nach der Veränderung. "Wenn eine neue Regel angekündigt wird, denken die Menschen zuerst an das, was sie verlieren: Freiheit, Gewohnheit, Komfort", erklärte der Psychologe Robert Böhm.

Nach Einführung der neuen Regeln träten diese persönlichen Verluste in den Hintergrund. Dann achteten Menschen viel stärker auf das, was die Maßnahme für die Gesellschaft bringe, etwa beim Gesundheits- oder Klimaschutz, betonte Böhm.

Zum Nachhören: Tempolimit und Co – Studie über Verbote

(Symbolbild) Ein Schild mit der Aufschrift "Rauchen verboten" und einem Piktogramm mit einer durchgestrichenen Zigarette hängt in einem Schaufenster (Archiv- und Symbolbild)
Bildrechte: picture alliance / SULUPRESS.DE | Torsten Sukrow / SULUPRESS.DE
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(Symbolbild) Menschen reagieren oft erst mit Ablehnung auf neue Regeln - wie etwa das Rauchverbot

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