Katja Wolf hat sich am „Sonntags-Stammtisch“ von ihrer eigenen Parteichefin teilweise distanziert. Wagenknechts Fernbleiben von der Rede des ukrainischen Präsidenten Selenskyj im Bundestag habe sie „auch nicht glücklich“ gefunden.
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Katja Wolf (BSW) zu Gast am Sonntags-Stammtisch.

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"Unerträglicher Höcke": Katja Wolf (BSW) gegen Koalition mit AfD

"Unerträglicher Höcke": Katja Wolf (BSW) gegen Koalition mit AfD

Katja Wolf, Spitzenkandidatin des BSW in Thüringen, hat eine Koalition zwischen ihrer Partei und der AfD ausgeschlossen. Außerdem kritisierte sie Bodo Ramelow und distanzierte sich teilweise von ihrer eigenen Parteichefin Sahra Wagenknecht.

Über dieses Thema berichtet: Der Sonntags-Stammtisch am .

Einen Ministerpräsidenten Björn Höcke (AfD) in Thüringen zu verhindern – das war wohl einer der ausschlaggebenden Gründe, warum Katja Wolf von der Linken zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gewechselt ist. Nun ist sie Spitzenkandidatin des BSW in Thüringen und hat sich am "Sonntags-Stammtisch" im Bayerischen Rundfunk kritisch über AfD-Landeschef Höcke geäußert: "Er will das Land umbauen", warnte Wolf, mit einem "klar nationalsozialistischen Blinken". Dabei handle es nicht um "Koketterie". Nicht umsonst dürfe Höcke als Faschist bezeichnet werden.

Laut Umfragen: AfD aktuell stärkste Kraft in Thüringen

Einer aktuellen Umfrage des MDR (externer Link) zufolge liegt die AfD in Thüringen bei 28 Prozent - und wäre bei der Landtagswahl im September somit stärkste Kraft. Dahinter folgen die CDU mit 23 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 21Prozent.

Mit Blick auf mögliche Koalitionen nach der Wahl sagte Wolf: "Ich finde, alle Demokraten müssen miteinander reden können. Praktisch ist es so, dass die Situation in Thüringen gerade so verfahren ist, dass jede Lösung erstmal eine gute Lösung ist." Davon schloss sie die AfD jedoch klar aus.

Wolfs Wechsel zum BSW kam für viele überraschend

Seit 2012 war Wolf Oberbürgermeisterin von Eisenach, bereits mit 16 Jahren war sie in die PDS eingetreten. Im März wechselte die 48-Jährige überraschend zur neu gegründeten Wagenknecht-Partei – nachdem sie ein halbes Jahr zuvor genau das noch ausgeschlossen hatte. Sie habe eine Spaltung der Linken anfangs verhindern wollen. In Thüringen steht seit vier Jahren Bodo Ramelow (Linke) einer Minderheitenregierung von Linke, SPD und Grünen vor. Aktuell liegt die Linke in Thüringen bei 11 Prozent.

Wolf habe mit Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen die Gefahr gesehen, dass "am Ende der lachende Vierte im Spiel ein wirklich unerträglicher Höcke ist". "Dann stellt man sich die Frage: Wo ist mein Platz? Und welchen Kompromiss muss man im Leben eingehen?" Freunde von ihr würden sogar überlegen, auszuwandern, sollte Höcke am Ende tatsächlich Ministerpräsident werden.

Wolf kritisiert Wagenknechts Fernbleiben bei Selenskyj-Rede

Am Stammtisch distanzierte sich Wolf auch zum Teil von ihrer eigenen Parteichefin. Sahra Wagenknechts Fernbleiben von der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Bundestag habe sie "auch nicht glücklich" gefunden. Auch wenn sie Wagenknechts Begründung im Nachhinein verstanden habe, hätte sie "anders entschieden", so Wolf.

Die neue Wagenknecht-Partei war – wie auch die AfD- dem Auftritt Selenskyjs Mitte Juni im Bundestag ferngeblieben. Wagenknecht warf Selenskyj vor, er trage dazu bei, eine gefährliche Eskalationsspirale im Ukraine-Krieg zu befördern. Dafür erntete das BSW viel Unverständnis: Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer Respektlosigkeit. Auch von CDU, Grünen und FDP gab es Kritik. Wolf sagte im BR Fernsehen, es müsse eine "uneingeschränkte Solidarität" gegenüber der Ukraine geben, forderte aber zugleich mehr diplomatische Bemühungen.

Wolf distanziert sich von Wagenknecht: "Nicht mein Stil"

Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, Stammgast am "Sonntags-Stammtisch", kritisierte Wagenknecht zudem für ihre "abwertenden" Äußerungen über andere Politiker und ihr "Eliten-Bashing" - dabei sei die Spitzenpolitikerin doch "selbst Elite". Roman Deininger, Chefreporter der Süddeutschen Zeitung, war ebenfalls Gast am Stammtisch. Ihn störten Wagenknechts Plakate im Europa-Wahlkampf: "Maulkorb oder Meinung" stand auf ihnen. Hier würden Narrative wie die aktive Unterdrückung der freien Meinung und auch Verschwörungserzählungen mitschwingen, die man "eben auch von ganz Rechts" kenne.

Katja Wolf erwiderte: "Die Zuspitzung, die Frau Wagenknecht macht, wäre nicht meine und es wäre nicht mein Stil – da unterscheiden wir uns durchaus." Trotzdem fände sie deren Zuspitzungen auch wichtig, weil sie eine allgemeine Unzufriedenheit aufgreifen würden. SZ-Journalist Deininger wies darauf hin, dass dies aber "verantwortungsvoll" geschehen müsse. Stattdessen schwinge bei Wagenknechts Äußerungen "eine Grundskepsis auch gegenüber unserer westlichen Demokratie" mit.

Seit 2012 war Katja Wolf Oberbürgermeisterin von Eisenach, bereits mit 16 Jahren war sie in die PDS eingetreten. Im März wechselte die 48-Jährige überraschend zur neu gegründeten Wagenknecht-Partei – nachdem sie ein halbes Jahr zuvor genau das noch ausgeschlossen hatte. Sie habe eine Spaltung der Linken anfangs verhindern wollen.
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Am "Sonntags-Stammtisch" waren Politikerin Katja Wolf (BSW) und SZ-Journalist Roman Deininger zu Gast.

Deutliche Kritik an Ramelow-Regierung: "Erwartungen nicht erfüllt"

Katja Wolf beklagte am Stammtisch wiederholt den Stillstand im Land Thüringen unter Rot-Rot-Grün. Dabei übte sie deutliche Kritik an Bodo Ramelow. Sie sei unzufrieden mit der Arbeit der Linken in Thüringen gewesen: Die Regierung in Thüringen unter Ramelow habe "viele Erwartungen nicht erfüllt".

So liege Thüringen bei der Digitalisierung beim Ländervergleich "ganz hinten". Beim Thema Migration hätten sich die Kommunen "komplett allein gelassen" gefühlt, außerdem seien sie im Hinblick auf Integrationsarbeit bundesweit "am schlechtesten finanziert" worden: "Wir waren die, die am wenigsten, die in der Kommunikation mit der Landesregierung waren." Schuld an diesen Versäumnissen seien die Ohnmacht einer Minderheitenregierung, aber auch falsche Prioritätensetzungen gewesen.

Uneinigkeit mit eigener Parteichefin?

Kritik übte Wolf auch an der Thüringer CDU, die zuletzt "sehr offen sehr rechts geblinkt" habe – so weit, dass man im Landtag gemeinsam mit der AfD Gesetze verabschiedet habe. Ein Gesetzentwurf der CDU für eine niedrigere Grunderwerbsteuer bekam im September vergangenen Jahres im thüringischen Landtag eine Mehrheit, weil neben der FDP und drei fraktionslosen Abgeordnete die AfD die entscheidenden Stimmen beisteuerte. Ein Gesetz mithilfe von Stimmen der AfD beschließen - bis dahin ein "No-Go", so Wolf.

Fraglich ist, ob ihre Parteichefin das genauso sieht: Sahra Wagenknecht hatte vergangenen Dienstag erklärt, ihre Partei wolle künftig auch Anträgen der AfD zustimmen, falls man die Forderungen inhaltlich richtig fände. Eine Koalition mit der AfD schloss auch sie aus.

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