Die Unionsfraktion hat sich mit großer Mehrheit für die Zustimmung zum umstrittenen Rentenpaket im Bundestag ausgesprochen – es gab aber auch zahlreiche Gegenstimmen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern einer Fraktionssitzung. Die genaue Zahl der Nein-Stimmen und Enthaltungen bei der Test-Abstimmung blieb zunächst unklar. Es war aber von etwa 15 Gegenstimmen und einzelnen Enthaltungen die Rede.
Schwarz-Rot hat nur knappe Mehrheit im Bundestag
Wie viele Gegenstimmen aus den eigenen Reihen für die Koalition verkraftbar sind, hängt davon ab, wie viele Abgeordnete am Freitag anwesend sind. Wenn alle da wären, bräuchte die Koalition 316 von 630 Stimmen für eine eigene Mehrheit. CDU, CSU und SPD kommen zusammen auf 328 Stimmen.
Insofern könnten bereits die jetzt kolportierten 15 Nein-Stimmen plus Enthaltungen für Schwarz-Rot zum Problem werden – es sei denn, die Abgeordneten stimmen aus Fraktionsdisziplin doch mit Ja. Einige Abgeordnete erklärten bei der Probeabstimmung laut der Nachrichtenagentur Reuters, dass sie zwar jetzt gegen das Rentenpaket stimmen würden, aber am Freitag im Bundestag zustimmen wollten.
Union: Besonders junge Abgeordnete gegen Rentenpaket
Der Widerstand gegen das Rentenpaket kommt vor allem aus der Jungen Gruppe der Unionsfraktion, die sich seit Monaten gegen das Rentenpaket stemmt. Zu ihr zählen 18 Abgeordnete, die zu Beginn der Legislaturperiode höchstens 35 Jahre alt waren. Das im Gesetzentwurf angepeilte Rentenniveau – also das Verhältnis der gesetzlichen Rente eines Standardrentners mit 45 Beitragsjahren zum Durchschnittsverdienst aller Erwerbstätigen – von 48 Prozent über 2031 hinaus würde ihrer Überzeugung nach inakzeptable Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe verursachen.
Bis Donnerstag um 12 Uhr sollen die Abgeordneten der Fraktionsführung abschließend melden, wenn sie dem Gesetz nicht zustimmen wollen. Erst dann herrscht weitgehende Klarheit. Die Abstimmung im Bundestag soll am Freitag stattfinden. Anders als bei der im ersten Anlauf geplatzten geheimen Richterwahl im Juli wird diesmal namentlich abgestimmt.
Spahn mahnt zur Disziplin
Kanzler und CDU-Chef Friedrich Merz appellierte in der Fraktionssitzung nach Angaben von Teilnehmern noch einmal eindringlich an die jungen Renten-Rebellen, dem Paket zuzustimmen. Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hatte schon vor der Sitzung alle Abgeordneten dazu aufgerufen, sich an ein Mehrheitsvotum zu halten.
Vor den Abgeordneten sagte Spahn laut Teilnehmern, es gehe jetzt konkret um die Stabilität der Regierung. Bei einem Scheitern gäbe es keinen Applaus mehr. 90 Prozent der Unionswähler würden dann fragen: "Was macht ihr da?" Spahn nimmt sich seit Tagen die Jungen nacheinander vor und versucht, sie umzustimmen. Medienberichten zufolge soll er dabei zumindest durch die Blume mit hinteren, wenig aussichtsreichen Listenplätzen bei der nächsten Bundestagswahl gedroht haben.
"So konkret habe ich das nicht", sagte Spahn am Sonntag in der ARD-Sendung "Miosga" dazu. "Ich führe einfach freundliche, klare Gespräche, ich drohe nicht." Es sei aber klar, dass "über Szenarien und Konsequenzen" gesprochen werde.
Koalitionsspitze hat sich festgelegt: Keine Änderungen
Die Spitzen von Union und SPD hatten sich am Freitag im Koalitionsausschuss trotzdem darauf festgelegt, den Gesetzentwurf nicht mehr zu ändern. Nach einem Kompromissangebot soll aber die längst beschlossene Rentenkommission schon dieses Jahr mit Vorbereitungen für eine große Reform loslegen. Bis Mitte 2026 solle sie demnach Vorschläge vorlegen und auch mit Vertretern der jungen Generation besetzt werden. Außerdem soll sie auch Themen behandeln, die für die SPD bisher ein Tabu waren, zum Beispiel ein späteres Renteneintrittsalter als 67.
Der Jungen Gruppe reicht das Kompromissangebot nicht aus. Nach drei Tagen Bedenkzeit veröffentlichte sie am Montag ein Positionspapier, in dem das Gesetz nach wie vor als "nicht zustimmungsfähig" bezeichnet wird. Darin erklärte die Gruppe aber, die Mitglieder seien in ihrem Abstimmungsverhalten frei. Sie müssen sich nun zwischen ihrer inhaltlichen Überzeugung und dem Koalitionsfrieden entscheiden.
Eine Verschiebung der Abstimmung kommt für die Unionsführung nicht infrage und es wäre auch nur mit einer Verkürzung der vorgeschriebenen Fristen möglich. Am 19. Dezember soll der Bundesrat nach dem Plan der Koalitionsspitzen zustimmen und am 1. Januar das Gesetz in Kraft treten.
Mit Informationen von dpa und Reuters
Im Video: Rentenpaket weiter unsicher
Infografik zum Rentenpaket
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