Sebastian Münzenmaier
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Von Le Pen lernen? Die Modernisierungsstrategie der AfD

Von Le Pen lernen? Die Modernisierungsstrategie der AfD

Als "gärigen Haufen" bezeichnete Alexander Gauland einmal die AfD. Diese Partei zu modernisieren und so erfolgreich zu machen wie Marine Le Pens RN oder die FPÖ, ist das Ziel des Abgeordneten Sebastian Münzenmaier. Doch ist das möglich und glaubhaft?

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Wenige Tage nach dem AfD-Bundesparteitag könnte die Stimmung von Sebastian Münzenmaier nicht besser sein. Seine Modernisierungs- und Professionalisierungsstrategie scheint erste Früchte zu tragen. Wird es der AfD aber letztlich gelingen, ähnlich erfolgreich zu werden wie die österreichischen und französischen Rechtsaußen-Parteien FPÖ und RN?

Die Disziplinierung des "gärigen Haufens", wie Mitbegründer Alexander Gauland die AfD einmal beschrieb, ist Münzenmaiers großes Projekt. Der 35-jährige Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz, Vize-Fraktionschef und enger Vertrauter von Co-Chefin Alice Weidel, gilt als einflussreichster Strippenzieher seiner Partei. Inoffiziell agiert er bereits ähnlich wie in anderen Parteien ein Generalsekretär. Die Partei will aus der Paria-Ecke heraus. Dafür soll eine kombinierte Strategie sorgen.

"Die Partei spricht mit einer Stimme"

Beim Essener Bundesparteitag gab es im Gegensatz zu früheren Parteitagen keine Eklats. Die beiden Tage verliefen nahezu durchorchestriert. Dafür hat hinter den Kulissen Münzenmaier gesorgt. Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk resümierte er: "Darauf können wir aufbauen. So können wir weitermachen." Sein Ziel ist ein geordnetes Erscheinungsbild und damit letztlich ein seriöseres Image seiner Partei.

Denn das sei nicht immer so gewesen, räumt Münzenmaier ein: "Ich verweise zum Beispiel auf die Corona-Zeit, da gab es leider aus der AfD sehr viele unterschiedliche Äußerungen, die dann teilweise auch der eigenen Programmatik widersprochen haben. Das müssen wir abstellen. Es muss ganz klar sein: Die Partei ist strikt, die Partei ist diszipliniert, sie spricht mit einer Stimme."

Vorbild der AfD ist die FPÖ

Stilistische und mediale Metamorphosen haben andere rechtsextreme Parteien in Europa bereits durchlaufen. Sie sind wie Giorgia Melonis Fratelli d´Italia deutlich älter als die AfD und bereits an der Regierung oder wie der französische Rassemblement National vielleicht kurz davor.

In erster Linie eifert die AfD der FPÖ nach. Die österreichischen Rechtspopulisten und deren Erfolg seien, so Münzenmaier, das parteipolitische Role Model. Diese Anlehnung ist für Constantin Wurthmann, Politologe und Extremismusforscher an der Universität Erlangen, durchaus schlüssig: "Weil es die FPÖ sehr erfolgreich geschafft hat, nicht nur in der Breite der Bevölkerung anzukommen, sondern auch Regierungspartner diverser Parteien zu sein."

AfD möchte aus der Isolation heraus

Der Erlanger Professor denkt deshalb auch, dass sich die AfD mit einem bürgerlichen Auftreten und Erscheinungsbild aus ihrer Isolation heraus manövrieren möchte, um Koalitionspartner zu gewinnen und an der Machtausübung teilzuhaben. Constantin Wurthmann sagt: "Natürlich stellt sich strategisch gesehen für die AfD die Frage: Will man eigentlich immer nur Oppositionskraft sein, die quasi immer gegen das System sein wird? Da ist natürlich das moderne Auftreten, sich einem modernen Rechtsextremismus zu verschreiben, attraktiver für die Partei."

Inhaltlich extrem, äußerlich bürgerlich und modern

Für ein Netzwerk von jungen AfD-Mandats- und Funktionsträgern auf Bundes- und Länderebene sprechend postuliert Münzenmaier einen operativen Plan: "Man muss fundamental bleiben, in den wichtigsten Inhalten. Wir wollen grundsätzlich etwas verändern in diesem Land. Es geht eher darum: Wie trete ich auf, welchen Stil pflege ich und wie trete ich dem politischen Gegner gegenüber? Darüber kann man diskutieren."

Zu der losen Gruppe gehören unter anderen der Brandenburger Landeschef René Aust, der Vorsitzende der Jungen Alternative, Hannes Gnauck, und René Aust, früher SPD, der, nachdem Maximilian Krah wegen SS-Relativierungen Auftrittsverbot bekam, nicht zuletzt wegen seines ruhigen und seriösen Stils zum Delegationsleiter der AfD-Abgeordneten im EU-Parlament avancierte.

Inhaltlich unterscheidet sich die junge Generation der Einflussreichen aber nicht von dem Fundamentalismus und Rassismus eines Björn Höcke und seines inoffiziellen völkischen Flügels. Die sogenannte Remigration aller ausreisepflichtigen und angeblich nicht integrationswilligen Ausländer steht ganz oben auf der Agenda.

Ist Höckes Zeit vorbei?

Auffallend beim Essener Bundesparteitag war, dass Björn Höcke, der bislang mächtige Thüringer AfD-Chef, im Gegensatz zu früheren Parteitagen kaum in Erscheinung trat. Erst am Nachmittag des zweiten Tages meldete er sich zu Wort, schlug gegen die amtierenden obersten Parteirichter eine eigene Gegenkandidatin vor und scheiterte damit.

Ist der Stern Höckes im Sinken begriffen? Münzenmaier hält im Gespräch mit dem BR die Fahne des Thüringer Spitzen-Mannes vehement hoch. Politologe Wurthmann aber zieht den Vergleich mit Jean-Marie Le Pen, Holocaustleugner und Gründer des rechtsextremen Front National, der Vorgängerpartei des Rassemblement National. 2011 begann seine Tochter Marine Le Pen den politischen Vatermord. Jean-Marie Le Pen wurde aus der Partei ausgeschlossen. Den Ausschlag gab dessen Verharmlosung der nationalsozialistischen Konzentrationslager, damit war aber gleichzeitig die Modernisierung der Partei eingeleitet.

Constantin Wurthmann argumentiert, "dass Höcke mit seinen verbalen Anleihen an den Nationalsozialismus im Rechtsextremismus der 90er Jahre intellektuell festhängt. In der Zeit haben viele rechtspopulistische und rechtsnationale Parteien einen modernen Rechtsextremismus entwickelt, den sie unter Ethnopluralismus framen. Hört sich nicht so brutal an, ist aber im Wesentlichen das Gleiche".

Kann die AfD eine FPÖ 2.0 werden?

Ihr Erfolg bei den Europawahlen und auch der bisherige Erfolg des RN bei den französischen Parlamentswahlen stimmen AfD-Politiker optimistisch, dass der Rechtsaußen-Trend auch in Deutschland noch stärker werden könnte. Münzenmaier ist sich sicher, "dass wir inhaltlich teilweise bis zu 40, 50 Prozent Zustimmung haben, oder noch mehr".

Ob diese angeblich hohe Zustimmung aber zu tatsächlichen Wahlstimmen wird, ist eine andere Frage. Professor Wurthmann bezweifelt es. Denn die Aufarbeitung des Nationalsozialismus zumindest in Westdeutschland ist seiner Meinung nach anders verlaufen als in Österreich. Deshalb glaube er, dass hier auch anders als im Nachbarland mit Akteuren der extremen Rechten umgegangen werde. Die FPÖ sei auch bedeutend älter als die AfD: "Da würde es ein paar Jahrzehnte dauern, bis sie in Deutschland regieren würde, wenn man das als den Parameter setzen würde."

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