Flüchtlinge in der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen
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Flüchtlinge in der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen (Symbolbild)

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Weniger Asylanträge in Deutschland: Das sind die Gründe

Weniger Asylanträge in Deutschland: Das sind die Gründe

Zum ersten Mal seit Jahren haben im März weniger als 10.000 Menschen Asyl in Deutschland beantragt. Die Bundesrepublik ist auch nicht mehr das Hauptzielland in der EU. Ist das eine "Migrationswende" – wie es CDU und CSU verlangen?

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Der Trend ist nicht neu: Seit Monaten beantragen weniger Menschen in Deutschland Asyl. Im März ist die Zahl nun zum ersten Mal unter die Marke von 10.000 gefallen. Das Nürnberger Bundesamt für Migration registrierte 8.983 Erstanträge. Von Januar bis März erfasste die Behörde insgesamt 41.123 Asylanträge. Davon waren 36.136 Erstanträge.

Laut der Zahlen aus Nürnberg war Deutschland bereits im Februar mit 12.775 Anträgen zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr Zielland Nummer 1 in der EU. Spanien und Frankreich verzeichneten etwas mehr Anträge (12.975 in Spanien, 13.080 in Frankreich). Vergleichbare Zahlen für März liegen dem Bundesamt bisher nicht vor.

Grafik: Asylerstanträge in Deutschland pro Monat (2024/2025)

Zahlen schwanken immer wieder

Zur Einordnung: Die Asylzahlen schwanken immer wieder. In Spanien suchen aktuell besonders viele Menschen aus Venezuela Schutz. Dort geht Diktator Maduro rigoros gegen Kritiker vor. Frankreich zählt seit einiger Zeit mehr Asylanträge von Ukrainerinnen und Ukrainern.

Kriegsflüchtlinge von dort müssen in der EU eigentlich keinen Asylantrag stellen, sondern werden nach der sogenannten "Massenzustrom-Richtlinie" aufgenommen. In Deutschland sind Asylanträge aus der Ukraine die Ausnahme, im Jahr 2024 waren es nur 1.138.

Grafik: In EU-Ländern gestellte Asylanträge 2024

Faeser sieht Erfolg ihrer Politik

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht die sinkenden Asylzahlen als Erfolg ihrer Migrationspolitik: "Wir haben durch ein starkes Bündel an Maßnahmen, durch eigenes deutsches Handeln und enge europäische Kooperation die irreguläre Migration nach Europa insgesamt und konkret nach Deutschland deutlich zurückgedrängt", so Faeser in einem schriftlichen Statement.

Zum Handeln der Bundesregierung zählen die Grenzkontrollen. Seit dem vergangenen Herbst kontrolliert die Bundespolizei in Stichproben an allen deutschen Grenzen. Die Beamten haben etwa 50.000 Menschen zurückgewiesen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Menschen, deren Asylantrag in Deutschland abgelehnt wurde und die deshalb nicht wieder einreisen dürfen.

Bundesregierung hat mehrfach Asylgesetze verschärft

Deutschland hat in den vergangenen Monaten seine Asylgesetze verschärft. Dazu gehören mehr Befugnisse für die Polizei bei Durchsuchungen von Gemeinschaftsunterkünften oder ein längerer Ausreisegewahrsam, um ein Untertauchen vor einer Abschiebung zu verhindern. Außerdem hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Jahren wieder direkt nach Afghanistan abgeschoben. Unabhängig davon, ob die einzelnen Gesetzesverschärfungen wirken – sie sollen insgesamt ein abschreckendes Signal senden.

Doch das allein kann den Rückgang der Zugangszahlen nicht erklären. Migrationsforscher weisen regelmäßig darauf hin, dass es verschiedene Gründe gibt, wohin Menschen fliehen. Laut Studien sind persönliche Bindungen maßgeblich, also wenn schon Familienangehörige in einem Land sind. Weitere Gründe können die Sicherheit, die medizinische Versorgung und das Bildungssystem sein.

Entwicklungen in Herkunftsländern sind entscheidend

Um die Entwicklung der Asylzahlen zu erklären, kommt es aber nicht nur auf die deutsche oder die europäische Politik an, sondern auch auf die Situation in den Herkunftsländern. Aus deutscher Sicht ist hier vor allem Syrien relevant.

Von den 41.123 Asylanträgen im ersten Quartal 2025 stammten 10.114 von Syrerinnen und Syrern. Zum Vergleich: 2024 waren es im ersten Quartal noch insgesamt 71.061 Anträge, davon 20.609 aus Syrien. Im vergangenen Jahr hatten islamistische Rebellen den langjährigen Machthaber Assad gestürzt. Die neue Übergangsregierung bemüht sich, das Land zu stabilisieren. Auch das kann ein Grund sein, warum die Asylzahlen in Deutschland sinken – unabhängig von der Politik hierzulande.

Union und SPD verlangen "Migrationswende"

Den werdenden Koalitionspartnern von Union und SPD dürfte die Entwicklung gelegen kommen. Sinkende Zugangszahlen vermindern den Druck auf Städte und Gemeinden. Sie sind nach Aussage ihrer Spitzenverbände bei der Unterbringung und Integration der Geflüchteten weiter an ihren Belastungsgrenzen.

CDU und CSU verlangen deshalb eine "Migrationswende". Noch bevor eine neue Regierung steht, geht es jetzt langsam in diese Richtung. Von einer Trendwende zu sprechen, wäre aber schon allein wegen der immer stark schwankenden Zahlen zu früh.

Dieser Artikel ist erstmals am 7.4.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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