Seit Ende Juni herrscht Aufregung unter einigen indischen Politikern, Modekritikern und Influencern. Der Anlass: Der italienische Modegigant Prada hatte seine Männer-Kollektion für Frühjahr und Sommer 2026 in Mailand präsentiert. Prominent vertreten waren dabei Ledersandalen mit einer markanten Schlaufe für den großen Zeh, die den sogenannten Chappals aus der indischen Stadt Kolhapur zum Verwechseln ähnlich sahen.
Kolhapur liegt im Bundesstaat Maharashtra, knapp 400 Kilometer südöstlich von Mumbai. Die Sandalen-Fertigung geht auf einen König namens Bijjala im zwölften Jahrhundert zurück. Bei der Prada-Show fand dieser Hintergrund keinerlei Erwähnung. Die lokalen Hersteller sind enttäuscht, dass die Marke den indischen Ursprung des Designs nicht benennt. Sie werfen Prada kulturelle Aneignung vor.
"Da sehe ich null Unterschied"
"Die Kollektion umfasst Schuhdesigns, die eine enge Ähnlichkeit mit Kolhapuri-Sandalen aufweisen, einer traditionellen handgefertigten Ledersandale, die 2019 von der indischen Regierung den Status einer 'geographical indication' erhalten hat", beschwerte sich etwa der Präsident der Handelskammer von Maharashtra. Mit ihrer "geopgraphical indication" weist die indische Regierung bestimmte Produkte bestimmten Herkunftsorten zu.
Kolhapuri Chappals in Maharashtra, Indien
Vergleicht man das indische Original mit der Prada-Kopie, ist "Ähnlichkeit" relativ untertrieben – die Prada-Sandale wirkt vielmehr wie eine Eins-zu-Eins-Kopie. "Da sehe ich null Unterschied. Das gleiche Material, der gleiche Stil", sagte ein Verkäufer der Sandalen gegenüber der ARD in Neu-Delhi. "Sie kopieren unsere Marke, unser Patent, unsere Kultur. Das ist illegal und schlecht für unsere Industrie. Auch ausländische Kunden halten sie so zum Narren!"
Die indische Wirtschaftsplattform "Moneycontrol" zitierte einen Hersteller mit den Worten: "In unserer Fabrik arbeiten mehr als 100 Schuhmacher. Wir fertigen über 400 Designs. Pradas Sandalen sollen 150 Mal teurer verkauft werden als unsere. Für die Qualität keine gute Rate."
Prada gibt sich einsichtig
Am Montag hat sich laut der Nachrichtenagentur Reuters dann auch Prada zu Wort gemeldet – mit einem Brief an die indische Handelskammer: "Wir erkennen an, dass die Sandalen (…) von traditionellem indischem handgefertigtem Schuhwerk mit einer jahrhundertealten Tradition inspiriert sind", schreibt darin Lorenzo Bertelli, Chef für Corporate Social Responsibility beim italienischen Modelabel. Die Schuster waren unterdessen beim Ministerpräsidenten ihres Bundesstaates vorstellig. Die Handelskammer hat offiziell Beschwerde eingelegt und von Prada einen fairen Ausgleich gefordert.
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