Die US-Sängerin Beyoncé bei den 63. Grammy Awards.
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Beyoncés Wechsel zum Country: Naheliegender, als man denkt

Beyoncés Wechsel zum Country: Naheliegender, als man denkt

Warum macht Beyoncé, die frühere "Queen of R'n'B", jetzt plötzlich Country? Das Genre gilt ja vermeintlich als Gute-Alte-Welt-Musik für Konservative. Die Antwort ist eigentlich recht einfach.

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Beyoncé mit weißer Mähne und Cowboyhut: So wie die US-Popgigantin in den vergangenen Monaten auftrat, musste man schon sehr denkfaul sein, um darin nicht einen stilistischen Fingerzeig auf ihr kommendes Album herauszulesen. Es erscheint diesen Freitag und soll "Act II: Cowboy Carter" heißen. Auf den zugehörigen Promotion-Bildern sitzt sie in Rodeo-Kluft auf einem weißen Pferd, in der Hand die amerikanische Flagge. Und so mancher fragte sich: Warum macht denn die "Queen of R'n'B" nun ausgerechnet Country?

Geburtsort: Houston, Texas

Die Gründe für Beyoncés Stilwechsel muss man dabei natürlich lange vor dem diesjährigen Superbowl im Februar suchen, bei dem die 42-Jährige mit weißem Cowboyhut auftauchte und parallel zu dem Sportevent die zwei Singles "Texas Hold 'Em" und "16 Carriages" veröffentlichte. Zunächst einmal der naheliegendste Grund: Beyoncé stammt aus Texas, trat früher auch mal bei Rodeo-Shows in ihrer Heimatstadt Houston auf. Country ist also schlicht ein noch nicht ausreichend beackerter Aspekt ihrer Biografie. Bereits auf ihrem Album "Lemonade" aus 2016 fand sich mit "Daddy Lessons" ein Countrysong.

Taylor Swift hat's vorgemacht, nur andersrum

Dass nach ihrem Ausflug in House-Gefilde auf dem vergangenen "Renaissance"-Album nun weitere Genres eine "Queen-B-Variante" bekommen würden, war absehbar. Denn Stil-Treue ist im Popmarkt 2024 längst keine Tugend mehr: Während eine Taylor Swift vor Jahren ihre Country-Wurzeln abstreifte, um deren konservativ-biedere Assoziation hinter sich zu lassen und andere Hörer-Gruppen zu erschließen, könnte man nun die These aufstellen, dass Beyoncé gerade das genaue Gegenteil versucht. Und auch wenn das bei den Country-Radiostationen in den USA noch eher schleppend (externer Link) funktioniert: Die Country-Charts hat Beyoncé mit "Texas Hold 'Em" bereits erobert.

Als schwarze Frau im weißen Country-Genre angekommen?

Den Weg bereitet haben dürften ihr dabei auch andere Künstler, wie etwa Lil Nas X: Der hatte 2018 bei seinem Hit "Old Town Road" Westerngitarren mit Trap-Beats kombiniert. Bei seinen Auftritten trug er Glitzer-Cowboywesten und pinke Hüte, drehte den Country-Look auf maximal queer – und war damit weit provokativer unterwegs als Beyoncé auf ihrer Single "Texas Hold 'Em", einer beim ersten Hören fast schon anstrengend unauffälligen Banjo-Pop-Nummer.

Die These, dass es sich Beyoncé mit ihrer Country-Wende allein zum Ziel gemacht hat, mit bekömmlichen Songs als schwarze Frau bei den weißen und meist männlichen Country-Gralshütern in Nashville akzeptiert zu werden, greift aber zu kurz. Auch hat die Sängerin ihr per Instagram-Post selbst widersprochen: Sie arbeite seit fünf Jahren an dem Werk, es handele sich um "kein Country-Album. Das ist ein Beyoncé-Album". Und dann, etwas kryptischer: "Geboren wurde es aus einer Erfahrung, die ich vor Jahren hatte und bei der ich mich nicht willkommen gefühlt habe (...) und es war klar, dass ich es nicht war."

Erster Country-Versuch 2016

Gemeint sein könnte damit ihr Auftritt bei den "Country Music Association Awards" im Jahr 2016. Damals performte Beyoncé mit der Country-Band The Chicks (ehemals The Dixie Chicks) ihren Song "Daddy Lessons". Das sorgte bei vielen Country-Fans für Verstimmungen, nicht zuletzt aufgrund der Annahme, dass eine schwarze Frau sich ja wohl nicht anmaßen dürfe, Country zu singen. Die CMA löschte den Auftritt schließlich von ihrem Youtube-Kanal.

"Meine Hoffnung ist, dass in Zukunft der Hinweis auf die Abstammung eines Künstlers in Hinblick auf die Veröffentlichung von Musikgenres irrelevant sein wird", schrieb Beyoncé weiter in ihrem Instagram-Post. Eine musikhistorische bis politische Deutung ihres Albums schließt das allerdings nicht aus, ist Beyoncé doch spätestens seit "Lemonade" als eine Künstlerin bekannt, bei der ihre Alben neben den Hits stets auch den Diskurs im Blick haben. In ihrem Instagram-Post schreibt Beyoncé, das Album solle auch die Stimmen all jener verstärken, die "so viel Zeit ihres Lebens darauf verwendet haben, uns über unsere Musikgeschichte zu bilden".

Das Banjo als afroamerikanisches Instrument

Denn das Banjo, wie es etwa in den ersten Takten von "Texas Hold 'Em" zu hören ist, ist keine Anbiederung an ein vermeintlich letztes weißes, von kultureller Diversität vermeintlich reinen Musik-Genres. Das Banjo ist ein afroamerikanisches Instrument, einst gespielt von westafrikanischen Sklaven. Es wurde im 19. Jahrhundert von weißen Combos übernommen, um sich in sogenannten Minstrel-Gruppen mit Schminke im Gesicht über Schwarze lustig zu machen. Wie bei vielen Genres ist so auch die Entstehung von Country mitunter eine der Aneignung, der typische Country-Sound ohne seinen afroamerikanischen Einfluss undenkbar. Wer sich fragt, warum jemand wie Beyoncé Country-Musik macht, könnte also genauso gut fragen: Wer, wenn nicht sie?

Beyoncé bei einem Auftritt mit den Dixie Chicks bei den CMA's 2016.
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Beyoncé bei einem Auftritt mit den Dixie Chicks bei den CMA's 2016.

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