Die Siebdruckserie "German Soups" von Moritz Götze
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"Eigenwillige Wirklichkeiten" – Ausstellung von Moritz Götze

"Eigenwillige Wirklichkeiten" – Ausstellung von Moritz Götze

Der Comic und die Pop Art haben die oft bunten Bildwelten von Moritz Götze beeinflusst: Er zitiert Künstler wie Andy Warhol genauso wie die Alten Meister. Das Europäische Kunstforum Oberbayern im Schafhof Freising widmet ihm jetzt eine Ausstellung.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Sie sitzt auf der Schaukel, unter Bäumen, verträumt geht der Blick in die Weite. Ihr Kleid ist rot, wie bei so vielen Frauenfiguren auf den Bildern von Moritz Götze. Libellen schwirren durch die Luft, zu den Füßen der Schaukelnden, auf gelbem Grund, durcheinander liegend, allerlei Objekte, der Kopf einer antiken Büste, ein Kassetten-Rekorder, Tapes, Kristalle, eine Zielscheibe mit Pfeilen. Und im Hintergrund sieht man die typische mitteldeutsche Landschaft, flach und leicht wellig, wie der Künstler Moritz Götze sagt. "Bei uns gibt es viele Industriebrachen und verlassene Objekte. Und das sieht man auch, dass so romantische, kaputte Teile herumliegen."

Die Landschaft, aus der Moritz Götze kommt, liegt im südlichen Sachsen-Anhalt, um, vor und hinter seiner Heimatstadt Halle – und ist reich an Geschichte. "War und ist", heißt das großformatige Bild, das nicht das größte ist im Kunstforum im Freisinger Schafhof. Moritz Götze hat es auf einzelnen Platten aus Industrie-Emaille gemalt, diese zum Teil mehrfach bearbeitet und gebrannt und dann – wie ein Puzzle – zusammen montiert.

Pop Art als wichtiger Bezugspunkt

Eine besondere Farbigkeit entsteht bei dieser Technik, ebenso eine markante grafische Struktur – manches der Motive ist in die Farbe eingraviert. "Das sind im Prinzip Glasuren wie bei Keramik. Aber dadurch, dass das sehr viel niedriger gebrannt wird als Keramik, sind die Farben sehr viel intensiver." Im Gegensatz zur Malerei, bei der im Laufe der Zeit ein Veränderungsprozess einsetze, würden die Motive "auch noch in zweitausend Jahren so aussehen", sagt Götze.

Seit langem schon arbeitet Moritz Götze, aufgewachsen in einer Künstlerfamilie, mit Industrie-Emaille. Sein Vater, unangepasst im DDR-Kulturbetrieb, sammelte begeistert alte Werbetafeln. Die Ausstellung stellt die Emaille-Malerei in das Zentrum. Eine Wand etwa zeigt die von Andy Warhols berühmter Siebdruckserie inspirierten "German Soups": Suppendosen-Bilder, in der Mitte, gezeichnet, das Konterfei berühmter Menschen, darunter Oskar Maria Graf, Walter von der Vogelweide, aber auch, eigens für Freising entstanden, Korbinian und die Brüder Asam. Die Pop Art ist ein wichtiger Bezugspunkt für Moritz Götze.

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Blick in die Ausstellung "Eigenwillige Wirklichkeiten" von Moritz Götze

1987 machte er – als Autodidakt – die ersten eigenen künstlerischen Schritte, damals mit Siebdrucken und Plakatkunst und vor allem: im DDR-Untergrund. Der Friedlichen Revolution von 1989 verdankt er nicht nur die Freiheit, sondern auch eine enorme kreative Entfaltung. Er setzte und setzt sich intensiv mit der Kunstgeschichte auseinander, unter anderem mit den Alten Meistern. Götze nimmt etwa Madonnen-Figuren und stellt diese in knallbunten Umgebungen.

Verspielt und voller Tiefe

Ein Blickfang in Freising: Emaille-Bilder aus unterschiedlichen Schwarztönen und leuchtendem Gold, ein irrer Kontrast – Figuren mit Heiligenschein. "Vollendung" heißt eine der Arbeiten. "Ich bin viel in Osteuropa und da gibt es in der orthodoxen Kirche diese Bilder mit den vielen Heiligenscheinen." Und das Thema Heiligenschein sei eines, "das mich schon immer begeistert hat".

Moritz Götze ließ sich für die Gestaltung der Freisinger Ausstellung auch vom nahegelegenen Diözesan-Museum inspirieren. Er zeigt auch eigene Reliquienschreine: Bildtafeln, die eingerahmte Autographen (Handschriften) umgeben, etwa einen Brief des Bildhauers Johann Gottfried Schadow an einen Schwager in Dresden – Alltagsbilder: geschwungene Bänder aus Gold, ein Porträt von Schadow, ebenso von dessen Briefempfänger, Wolken, Briefumschläge, Blumen, eine Farbpalette, die Silhouette der Dresdner Altstadt. Auf den ersten Blick verspielt. Auf den zweiten voller Tiefe – und vor allem auch: eine Geschichte. Moritz Götze ist nicht nur Maler. Er ist auf vielen seiner Bilder immer auch Erzähler und Dokumentarist deutscher Vergangenheit, farbenfroh, eigenwillig und leuchtend grandios.

Die Ausstellung "Eigenwillige Wirklichkeiten“ von Moritz Götze ist bis Mitte Februar im Europäischen Kunstforum Oberbayern im Schafhof Freising zu sehen.

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