Blick von einer der alten Holzhütten hinaus ins Freie.
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Das Holzknechtmuseum in Ruhpolding bietet auch ein großes Freigelände.

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Eintauchen und mitmachen: Wie Museen heute funktionieren können

Eintauchen und mitmachen: Wie Museen heute funktionieren können

Am 18. Mai ist der Internationale Museumstag. Wie "in" sind Museen noch? Wie können Gäste und Einheimische erreicht und bereichert werden? Das Holzknechtmuseum in Ruhpolding hat Antworten auf diese Fragen gefunden – und wurde 2023 ausgezeichnet.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Durch die Tür des Haupthauses im Holzknechtmuseum Ruhpolding schweift der Blick der Gäste gleich hinaus ins Freigelände. Dort sitzt ein Opa mit seinen beiden Enkeln vor einer der alten Holzknechthütten und macht Brotzeit. Die Vögel zwitschern, der Wind rauscht in den hohen Bäumen, der Blick hinauf in die Berge ist gigantisch – Idylle pur.

Eintauchen, statt nur lange Texte lesen

Ein Museum, in dem bloß Jahreszahlen und Fakten geboten sind, das mag keiner mehr, meint Franziska Endrös. Sie arbeitet seit 20 Jahren im Holzknechtmuseum in Ruhpolding und ist stolz darauf. Es sei bei Gästen wie Einheimischen gleichermaßen beliebt und akzeptiert, erzählt sie.

Denn es sei ein Museum, in dem alle Sinne angesprochen werden. Die Besucherinnen und Besucher können riechen, viel anfassen, hören, mitmachen, eintauchen. Gerade habe sie gesehen, dass einer der Besucher einen Holzwurm in einer der alten Hütten auf dem Freigelände entdeckt und beobachtet habe. Der Wurm sei zwar nicht gut, so Endrös, aber er gehöre halt auch dazu. "Und das ist schön, dass wir so ein wahres Museum haben!".

Ein ausgezeichnetes Museum

2023 wurde das Ruhpoldinger Holzknechtmuseum mit dem "Bayerischen Museumspreis" ausgezeichnet. Es ist auf der Höhe der Zeit, familienfreundlich, ein den Besucher einschließendes Haus, findet die Leiterin Livia Forche, die seit kurzem in Ruhpolding ist und davor zahlreiche andere Museen kennengelernt hat. "Wir haben nicht nur Wände mit Informationen, die man lesen muss, sondern sind interaktiv, haptisch", so Forche.

In der 2021 neu eröffneten Daueraustellung gibt es zum Beispiel praktische Aufgaben für die Besucherinnen und Besucher. In einem Baumstamm steckt eine Axt, nicht hinter Glas, sondern explizit zum Anfassen. Die Gäste sollen selbst anpacken und so intensiv erleben, wie schwer die Arbeit der Holzknechte wirklich war. Selbst Besucherinnen und Besucher ohne Vorkenntnis oder Affinität zum Thema setzen sich durch die interaktiven Elemente dann plötzlich intensiv mit dem Thema des Museums auseinander, stellt Livia Forche fest.

Für Kinder konzipiert, spricht auch Erwachsene an

Zwei Urlauberpaare aus Berlin und Thüringen schlendern durch das Holzknechtmuseum. Eine der Besucherinnen ist gerade an einer der Hörstationen. Etwa apfelgroße Knöpfe können von der Wand genommen und ans Ohr gehalten werden. Zu hören sind dann kleine Dialoge in Mundart oder kurze Erklärungen. Konzipiert sind diese Hörstationen für Kinder, erklärt die Museumsleiterin.

Doch: "Das ist ein Phänomen, das stell’ ich immer wieder fest: Alle Dinge, die für Kinder gedacht sind, funktionieren vor allem bei Erwachsenen. Das ist das Grundrezept für den Erfolg bei einer Ausstellung: Einfach, unterhaltsam, interaktiv, so erreicht man jeden Museumsbesucher."

Tiefe Verbindung der Einheimischen

Der Besucher, der mit seinen beiden Enkeln draußen auf dem Hausbankerl einer der alten Holzknechthütte Brotzeit macht, ist Alfons Pichler aus Ruhpolding. Sein Vater, sein Cousin und sein Onkel waren Holzknechte und sind die Gründer des Museums. Bis heute kommt Alfons Pichler regelmäßig her, auch seinen kleinen Enkeln. Ihnen will er zeigen, wie sein Vater gearbeitet hat. "Das kann man sich gar nicht mehr vorstellen, das war harte Arbeit." Er selbst war noch dabei im Holz, mit den Pferden, mit dem Schlitten. Ein hochgefährlicher Knochenjob. Doch: Die Holzknechte sind alle alt geworden, erinnert sich Alfons Pichler. "Weil sie hart gearbeitet haben, aber nicht so hektisch wie heute."

Alfons Pichler kommt nicht nur mit seinen Enkeln ins Holzknechtmuseum, auch mit Freunden nutzt er die Möglichkeit. Denn einige der alten Hütten können gemietet werden. Das Museum ist auch ein Rückzugsort, ein Ort zum Entspannen, Verweilen, zum Ratschen und Genießen, stellt die langjährige Mitarbeiterin Franziska Endrös fest. Viele der Einheimischen sind sehr froh, dass es das Museum gibt, so Endrös.

Nicht ausruhen, sondern neue Ideen umsetzen

Leiterin Livia Forche und ihr Team wollen sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Gerade wird ein Kräutergarten neben einem der Originalhäuser im Freigelände angelegt. Das Museum über die Geschichte, die Arbeit und das Leben der Holzknechte soll nicht nur in die Tiefe gehen, sondern zukünftig auch immer mehr in die Breite. Es soll einen lebendigen Einblick geben in das Alltagsleben in der Vergangenheit. Und so in Zukunft ein noch gemischteres Publikum ansprechen.

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