Es ist ein bisschen unwirklich, als der Kinovorhang aufgeht. Da ist sie wieder, die altbekannte Melodie, die vor über 23 Jahren schon einmal einen legendären Fantasy-Film eröffnet hat. Auch was dann kommt, fühlt sich seltsam vertraut an. Die endlosen Weiten Rohans, ein Ross galoppiert über die goldbraunen Felder der Pferdeherren Mittelerdes. Doch gleichzeitig ist alles anders – denn das sind gar nicht die endlosen Felder Neuseelands, das ist eine Zeichentricklandschaft, die diesen Feldern nachempfunden ist.
Der neue Herr-der-Ringe-Film ist ein Anime, ein Zeichentrickfilm im japanischen Stil, das Bewegtbild-Pendant des Mangas. Regisseur ist der japanische Künstler Kenji Kamiyaja, ein Genre-Spezialist. "Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim“ spielt 200 Jahre vor den Ereignissen des Ringkriegs aus Filmen und Büchern. Die Hauptheldin ist Hera, die Tochter Helm Hammerhands, des legendären Königs von Rohan. Wild und ungezähmt ist sie, und Anime-typisch überzeichnet. Die Kurven überbetont, die Augen groß, glänzend, fast wie die eines Rehs. In knapp zweieinhalb Stunden geht es hier dann um die Zuspitzung eines militärischen Konflikts zwischen den Rohirrim und den Dunländern.
Auf Distanz zu gewaltbereiten Muskelmännern
Der Fürst der Dunländer will, dass Hera seinen Sohn Wulf heiratet. Hera denkt allerdings nicht ans Heiraten und ihr Vater Helm wertet diesen Heiratsantrag als Affront und fordert den Fürst der Dunländer zu einem Faustkampf vor den Toren von Edoras heraus. Aus dem dann schnell blutiger Ernst wird.
"Die Schlacht der Rohirrim“ distanziert sich dabei aber gleichzeitig auch von den heldenhaften Kämpfen der Reiter Rohans. Ritt König Theoden im Herrn der Ringe noch heroisch in die letzte Schlacht gegen Saurons Orks, schämen wir uns hier gemeinsam mit Hauptheldin Hera für die Muskel-Männer, die Konflikte nur mit Gewalt lösen können, weil sie es nicht anders gelernt haben. Das gilt für ihren Vater, Helm, der sich vor allem auf seine Muskelkraft verlässt, genauso wie für Wulf, der die Zurückweisung durch Hera nicht erträgt und deshalb zum mordenden Superschurken wird.
Ökonomisches Kalkül
Vieles an der Schlacht der Rohirrim schreit jedoch auch nach Profitgier. Ein Marktforschungsinstitut fand heraus, dass Rohan bei Fans deutlich beliebter ist als Gondor. Dass es Mittelerde nun auch als Anime gibt, könnte auch eine Strategie sein, junge Menschen für Tolkiens Welt zu begeistern. 42 Prozent der Generation Z schauen regelmäßig Animes – und auch erste Umfragen bei der Generation Alpha, also den nach 2010 geborenen, deuten an, dass Animes und Mangas ihr Nerd-Image abgelegt und zur Massenware geworden sind. Mit seiner insgesamt doch zu dünnen Story hebt sich "Die Schlacht der Rohirrim“ jedoch kaum von anderen Filmen dieses Genres ab. Trotz aller Mittelerde-Nostalgie.
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