Für die meisten Kardinäle wird es das erste Mal sein, dass sie die Papierkarte mit der Aufschrift "Eligo in Summum Pontificem" in den Händen halten. Darauf sollen sie den Namen des Kardinals schreiben, für den Sie als Oberhaupt von 1,4 Milliarden Katholiken stimmen.
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Die meisten Kardinäle haben noch nie einen Papst gewählt
Nur 26 der Kardinäle, die bei diesem Konklave abstimmen, haben das schon einmal gemacht. Denn von den derzeit 135 Wahlberechtigten wurden 108 erst von Papst Franziskus ernannt. Dafür ist er sehr viel mehr als seine Vorgänger, wie er immer sagte, "an die Ränder" der Weltkirche gegangen – von wo er selbst einst kam.
Kardinäle sind Bischöfe, die vom Papst die Kardinalswürde verliehen bekommen haben. Das ermöglicht es ihnen – solang sie die das 80. Lebensjahr nicht vollendet haben – am Konklave teilzunehmen. Statt hauptsächlich Bischöfe populärer europäischer Bistümer zu Kardinälen zu erheben, gab Franziskus Bischöfen aus Ländern den Purpur, die bisher keine Kardinäle stellten.
Nutzen "Franziskus-Kardinäle" ihre Mehrheit?
Jetzt kommen diese Kardinäle zusammen, um einen Papst zu wählen. "Daraus folgt aber nicht, dass jetzt nun lauter Unbekannte im Konklave zusammenkommen", sagt Thomas Söding. Er ist Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Theologieprofessor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Zum einen gebe es aktuell ein intensives Vorkonklave. In den Tagen vor dem Konklave finden täglich sogenannte Generalversammlungen der Kardinäle statt. Zum anderen haben sich viele der Kardinäle schon auf den vergangenen Weltsynoden kennengelernt, so Söding.
Zwei Drittel der Stimmen braucht ein Kardinal, um Papst zu werden. Würden sich die 108 Wahlberechtigten Kardinäle, die von Franziskus ernannt wurden, zusammentun, könnten sie allein den neuen Papst bestimmen. Wie realistisch ist das? "Der globale Süden hat sich organisiert", sagt Söding. "Es gibt Verbindungen zwischen Südafrika und Ozeanien. Das war während der Weltsynode ganz deutlich zu beobachten" Doch: Kirchenpolitisch stehen nicht alle Kardinäle aus dem globalen Süden auf einer Linie.
Zahlreiche Kardinäle kommen aus Europa
Nach wie vor stellt Europa die Majorität: Von den aktuell 135 Wahlberechtigten kommen insgesamt 53 aus Europa. Asien stellt 23 Wähler, Süd- und Mittelamerika 21, Afrika 18, Nordamerika 16 und Ozeanien 4.
Diese Mehrheit bedeute aber nicht, dass europäische Kardinäle mit besseren Chancen ins Konklave gehen, so Söding. "Es ist nicht so, als ob Europäer in erster Linie daran interessiert wären, Europäer zu wählen oder Afrikaner nur Afrikaner wählen würden", sagt Söding. Außerdem gebe es unter den europäischen Bischöfen enorme Gegensätze beispielsweise zwischen Ost und West: "Europa hat Potenzial. Aber Europa darf man sich katholisch nicht als einen Block vorstellen."
Lager-Einteilung nicht aussagekräftig
Der Versuch, Kardinäle in Lager – ähnlich wie in politische Parteien – einzuteilen, sei nicht zielführend, sagt Söding. Online-Tools teilen einzelne Kardinäle aufgrund von Aussagen beispielsweise zu Frauenweihe und Zölibat in konservative oder liberale Lager. "Diese festen Blöcke gibt es nicht", sagt Söding. Außerdem lasse sich aus einer solchen Einteilung nicht ableiten, wer Papst wird. Denn: "In den Wahlgängen sehen die Kardinäle, wie sich langsam Mehrheiten bilden. Und wenn dann deutlich wird, dass etwa ein Kandidat, der einem persönlich vielleicht gut erschien, offensichtlich keine Chance hat, wechselt man zum zweitbesten oder drittbesten Kandidaten."
Gute Chancen für ein "Weiter so"
Die Kernfrage sei, so Söding, ob man den Kurs von Papst Franziskus fortführen soll oder es ein Umsteuern geben wird. "Ich bin der Auffassung, dass eine klare Mehrheit den Kurs von Papst Franziskus weiterführen wird", sagt Söding. Der Theologe glaubt, dass eine Mehrheit der Kardinäle hinter moderaten Reformen stehe.
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Arbeiter haben auf der Sixtinischen Kapelle im Vatikan den Kamin für die Wahl des neuen Papstes installiert.
Dieser Artikel ist erstmals am 2. Mai 2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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