Eigentümer der Werke war früher die französische Industriellenfamilie Deutsch de la Meurthe
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Von Nazis geraubte Kunstwerke

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Raubkunststreit um Picasso-Bild: Bayern will sich beugen

Raubkunststreit um Picasso-Bild: Bayern will sich beugen

Seit Jahren streitet Bayern nun schon mit den Erben des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy um ein Picasso-Gemälde. Nun will sich der Freistaat einer externen Bewertung des möglichen Raubkunst-Falls stellen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Können die Erben der Eigentümer von NS-Raubkunst jetzt hoffen? Bisher hatten sie es in Streitfällen sehr schwer, ihre Ansprüche rechtlich prüfen zu lassen. Die zuständige Beratende Kommission, die 2003 eingerichtet worden war, konnte nur Empfehlungen aussprechen, und auch nur, wenn sie durch beide Konflikt-Parteien angerufen wurde.

Ohnehin ging es immer nur um Kunst im Besitz öffentlicher Institutionen, eventuelle Ansprüche an Privateigentümer sind längst verjährt. Jetzt wollen Bund, Länder und Kommunen eine verbindlichere Regelung auf den Weg bringen, wie sie bei einem Spitzengespräch in Berlin vereinbarten.

"Entscheidungen sollen überprüfbar sein"

Bis Ende des Jahres soll ein Schiedsgericht geschaffen werden: "Die Entscheidungen sollen rechtlich verbindlich und von einer weiteren Instanz überprüfbar sein. Ein Kernpunkt des neuen Verfahrens ist die einseitige Anrufbarkeit nach einem erfolglosen Bemühen der Parteien in einem der Anrufung vorgeschalteten Verfahren." Museen müssen also nicht mehr zustimmen, wenn Erben von NS-Raubkunst auf ihr Recht pochen und das Schiedsgericht anrufen. Ein Staatsvertrag soll die Details regeln.

In strittigen Fällen sollen "ergänzende Fachgutachten" in Auftrag gegeben werden können. Die Erben von Kunstwerken im mittelpreisigen Bereich bis etwa 100.000 Euro können sich selten leisten, auf eigene Kosten Gutachter zu beauftragen.

Muss Bayern bald einen Picasso restituieren?

Die anstehende Änderung könnte nun auch Klarheit in den prominentesten bayerischen Streit um ein Kunstwerk bringen. Picassos "Madame Soler" gehörte einst dem jüdischen Bankiers und Kunstsammler Paul von Mendelssohn-Bartholdy. Über verschiedene Stationen gelangte das Gemälde in den 1960ern in die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Seit einigen Jahren erheben die Erben des Bankiers Anspruch auf das Bild, doch der Freistaat sperrte sich bislang gegen eine Schlichtung vor der Beratenden Kommission, mit der Begründung, eigene Forschungen hätten ergeben, das Bild sei rechtmäßig in die staatliche Sammlung gelangt.

Nun hat das bayerische Kunstministerium aber angekündigt, sich einer externen Begutachtung der Herkunft des Gemäldes doch zu stellen. "Für mich ist klar, dass wir Picassos 'Madame Soler' vorlegen, sobald es das Schiedsgericht gibt", sagt Kunstminister Markus Blume (CSU) der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Die Ablösung der Kommission durch ein Schiedsgericht sei "für uns die Grundlage, diesen Schritt zu gehen". Er fügt hinzu: "Endlich wird bei 'Madame Soler' und bei vielen weiteren Fällen eine rechtssichere Entscheidung möglich sein."

Klare Kennzeichnung bei Raubkunst-Verdacht

Erbenvertreter Julius H. Schoeps zeigte sich unterdessen hoffnungsfroh und überrascht, dass es nun bald die Möglichkeit geben könnte, auch ohne Zustimmung der Gegenseite ein Schiedsgericht zur Prüfung des Falls anzurufen. BR24 sagte Schoeps: "Ich bin froh, dass eine solche Regelung gefasst worden ist. Ich hatte nicht damit gerechnet!" Gleichzeitig komme es aber noch auf die genaue Ausgestaltung der neuen Regelung an.

Zudem sollen Kunstobjekte, die öffentlich präsentiert werden, dem Bund-Länderbeschluss vom Mittwoch zufolge möglichst bald "klar gekennzeichnet" sein, wenn sie im Verdacht stehen, ihren früheren Eigentümer während der NS-Zeit gewaltsam entwendet worden zu sein: "Die vielfach vergessenen Schicksale von Kunstbesitzern und -besitzerinnen sollen in der Öffentlichkeit sichtbar gemacht und angemessen gewürdigt werden. Dies gilt insbesondere bei Werken, bei denen ein NS-verfolgungsbedingter Entzug gegeben ist, aber Erbinnen und Erben derzeit nicht ermittelt werden können."

Mit Material von dpa

Picassos Madame Soler (1905)
Bildrechte: Bayerische Staatsgemäldesammlungen
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Wem gehört Picassos Madame Soler?

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