Familienmitglieder weinen um Roni Eshel. Die 19-jährige Wachsoldatin wurde von Hamas-Terroristen bei ihrem Angriff am 7. Oktober getötet.
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Wie bleibt man menschlich? Die Familie weint um Roni Eshel. Die 19-jährige Wachsoldatin wurde von Hamas-Terroristen am 7. Oktober getötet.

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Lesung in Nürnberg: Wie menschlich bleiben nach dem Terror?

Lesung in Nürnberg: Wie menschlich bleiben nach dem Terror?

Wie verarbeitet man ein Massaker? Wie schafft man es, nicht der blinden Rachlust zu verfallen? Ein nach dem Terrorangriff entstandener Text aus Israel sucht nach Antworten. Am Nürnberger Staatstheater lesen ihn jetzt Schauspieler immer wieder vor.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Maya Arad Yasurs Text sei ein Plädoyer für Menschlichkeit, sagt Fabian Schmidtlein, Dramaturg am Nürnberger Schauspielhaus. In dem Text geht es um die Frage, wie man nach einem Massaker humanistisch bleibt. Angelegt in 17 Schritte, wirkt der Text wie eine Anleitung dafür, wie es gelingt, nach einem Massaker nicht in Rachsucht zu verfallen.

Der Prolog von "Wie man nach einem Massaker humanistisch bleibt in 17 Schritten" nimmt die Zuhörer mit in die Ereignisse vom 7. Oktober. Den Terror, die verzweifelten Versuche von Müttern, ihre Kinder zu schützen.

"6 Uhr 30 morgens. Was passiert bei euch? Bist du da? Gott sei Dank, sie tippt. Hier sind Terroristen, schreibt sie. Wo? Draußen. Und du bist im Schutzraum? Ja. Ihr seid alle drei im Schutzraum? Ja, und meine Mutter auch. Ist jemand in eurem Haus? Sie antwortet nicht. Sie antwortet schon seit drei Minuten nicht. Sie antwortet schon seit vier Minuten nicht.

Humanistisch bleiben nach einem Massaker in 17 Schritten

Die Schauspieler Janning Kahnert und Katharina Kurschat lesen Maya Arad Yasurs Text auf einer kleinen Bühne im Nürnberger Schauspielhaus im obersten Stockwerk. Die 3. Etage ist ein Raum oberhalb des regulären Theaterbetriebs – ein sogenanntes Theaterwohnzimmer, mit Tischen und Sofas am Rand. Doch gemütlich ist es nicht, was das Publikum zu hören bekommt:

"Viertens: Sprich mit deiner Freundin, deren Sohn entführt wurde, deren Mutter bei lebendigem Leib verbrannt wurde, deren Schwägerin aufs grausamste vergewaltigt wurde. Du musst. Du willst. Sie ist deine Freundin, sie braucht dich."

Maya Arad Yasurs Text beschreibt Gewalt – aber auch die Wut und Rachegefühle angesichts des Leids. Schauspieler Janning Kahnert liest nüchtern, ohne Emotion. Die Worte der Autorin sprechen für sich. In Yasurs Text geht es darum, Schmerz zuzulassen, sich notfalls mit Pizza vollzustopfen oder sich mit Drogen zu betäuben. In ihren 17 Schritten zum menschlich bleiben taucht dabei ein Satz immer wieder auf: "Vergiss nicht: Auch auf der anderen Seite der Grenze gibt es Mütter."

Menschlichkeit ist nicht selbstverständlich

Worte wie Israel oder Hamas fallen dabei nicht. Der Text biete keine politische Position, sagt Dramaturg Fabian Schmidtlein, sondern sei ein Plädoyer für Menschlichkeit: "Es wird sehr deutlich, dass Menschlichkeit etwas ist, was sich jeder und jede einzelne von uns immer wieder abringen muss angesichts solcher Gewalt."

Die Autorin Maya Arad Yasur richtet sich in ihrem Text direkt an das Publikum – als ob sie von Mutter zu Mutter spricht. Sie rät dazu, anderen Trost zu spenden, aktiv zu handeln – ohne die Empathie für andere zu verlieren. Dabei Widersprüche zu akzeptieren.

"Vergib dir selbst. Sag zu dir selbst, dass es auch einem Humanisten erlaubt ist, für einen Moment die Humanität zu verlieren und nicht an die Mütter hinter der Grenze zu denken. Vergib dir selbst. Mach weiter mit dem nächsten Abschnitt."

Vor einigen Theatervorstellungen im Dezember und Januar werden Mitglieder des Ensembles Yasurs eindringlichen Text lesen. Am ersten Abend haben sich wenige in die dritte Etage gewagt. Doch keiner geht vorzeitig wieder raus. Alle bleiben sitzen, hören sich konzentriert Wort für Wort des etwa zwanzigminütigen Textes an.

Schaffen wir das auch – humanistisch bleiben?

Maya Arad Yasur lässt die Zuhörer an ihrem Ringen um ihre humanistischen Werte teilhaben – und zeigt, dass es sehr schwer ist, angesichts erlebter Gewaltexzesse empathisch zu bleiben. Zweifel und Widersprüche werden offen gelegt, und das wirkt zutiefst menschlich. Ob das Publikum es nach 17 Schritten auch schafft? Wer weiß. Die israelische Autorin wünscht zum Schluss jedenfalls eines: Viel Erfolg.

"Wie man nach einem Massaker humanistisch bleibt in 17 Schritten" – Die Schauspieler des Nürnberger Staatstheaters lesen den Text bis Jahresende noch fünfmal – und dann noch achtmal im Januar.

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