Szene aus dem Film "Late Night with the Devil"
Bildrechte: picture alliance / Everett Collection | ©IFC Films/Courtesy Everett Collection
Audiobeitrag

Szene aus dem Film "Late Night with the Devil"

Audiobeitrag
> Kultur >

Wenn künstliche Intelligenz Filmemacher unterstützt

Wenn künstliche Intelligenz Filmemacher unterstützt

KI kann das Filmemachen erleichtern und bedroht gleichzeitig die Jobs von vielen Kreativen. Daher ist die Kritik groß, wenn sie denn zum Einsatz kommt. Das haben gerade die Macher des Horrorfilms "Late Night with the Devil" zu spüren bekommen.

Drei Bilder sind der Stein des Anstoßes. Drei Bilder, die mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) generiert wurden. Ein Vorgang, der in Zeiten von Bildgeneratoren wie Dall-E oder Stable Diffusion wahrscheinlich jeden Tag tausend- oder millionenfach geschieht. Allerdings landen diese Bilder dann nicht in einem Film. Genauer gesagt, dem Horrorfilm "Late Night with the Devil", der gerade in den USA angelaufen ist.

In dem Film geht es um die fiktive Late-Night-Talksendung "Night Owls with Jack Delroy". Am Halloween-Abend im Jahr 1977 interviewt der Moderator Jack Delroy, gespielt von David Dastmalchian, die Parapsychologin June Ross-Mitchell (Laura Gordon) und die Teenagerin Lilly D’Abo (Ingrid Torelli), die einzige Überlebende eines Massenmordes einer satanischen Sekte, und beschwört damit das Böse herauf.

Das Unbehagen der Kreativbranche in Hollywood

Bei dem Filmbewertungsportal RottenTomatoes stand der australische Found-Footage-Horrorstreifen bereits bei stolzen 97 Prozent positiver Wertungen – ein für einen Horrorfilm durchaus beachtlicher Wert. Kritik findet sich allerdings auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter). Nutzer beanstanden dort, dass bei der Erstellung von drei Bildern, die im Hintergrund als Teil des Bühnenbilds des Talkshow-Studios zu sehen sind, KI zum Einsatz kam.

Auch wenn drei Bilder erstmal "nur drei Bilder" seien, schreibt ein Nutzer bei X. Am Ende sei das, der "unverschämte Versuch, Menschen weniger für ihre Arbeit zu bezahlen". In diesem Satz kondensiert das ganze Unbehagen, das Drehbuchautoren oder Visual-Effects-Künstler schon eine Weile umtreibt. Denn sie fragen sich, wie viele Jobs durch den Einsatz von KI wegfallen könnten? Unter anderem wegen dieser Frage waren die Drehbuchautoren in den USA im vergangenen Jahr in den Streik getreten: "Wir haben die Befürchtung, dass KI eine Art Skript produzieren wird und wir das dann einfach überarbeiten sollen. Das ist nicht akzeptabel", sagte zum Beispiel Drehbuchautorin Jonterri Gadson.

Als Reaktion auf die Kontroverse um ihren Film erklärten Colin und Cameron Cairnes - die Drehbuchautoren und Regisseure von "Late Night with the Devil“ - gegenüber dem US-Branchenblatt der Unterhaltungsindustrie "Variety", dass zwar mit KI experimentiert worden sei, um die drei Bilder zu erstellen, dass diese dann aber von Menschen weiterbearbeitet worden seien. Und dass man sich im Übrigen glücklich schätze, mit so vielen "talentierten" Menschen zusammengearbeitet zu haben, "um diesen Film zum Leben zu erwecken".

Realitätsnahe Videoclips mithilfe von KI

Dass die Angst der Kreativen in Hollywood nicht gänzlich unbegründet ist, zeigt unterdessen eine Nachricht des Unternehmens OpenAI auf X. Über dem Bild eines stilisierten Wolkenhimmels werden Künstler und Filmschaffende direkt angesprochen, sich von Sora unterstützen zu lassen, "Ideen in die Realität" umzusetzen. Sora ist ein Produkt des amerikanischen KI-Unternehmens OpenAI, das unter anderem ChatGPT entwickelt hat. Sora kann kurze Clips erstellen, die auf den ersten Blick von der Realität kaum zu unterscheiden sind. Die Software erschafft fotorealistische Videoclips, bei denen selbst Schattenwürfe und Lichtreflexionen korrekt wiedergegeben werden.

Filmemacher müssten in Zukunft also nicht mehr in mühsamer Kleinarbeit Filmszene um Filmszene drehen, sondern könnten ganz einfach eine KI damit beauftragen. Dass diese Zukunft nicht in weiter Ferne liegt, sondern schon passiert, zeigt im Übrigen der Fall der Marvel-Serie "Secret Invasion". Die Miniserie, die auf der Streaming-Plattform Disney+ läuft, stand im vergangenen Sommer in der Kritik, weil der Vorspann mithilfe einer KI entstanden war, wie der Regisseur der Serie, Ali Selim, dem britischen "Guardian" zufolge bestätigte. Der Produzent Brian Long schrieb dazu auf X: "Marvel benutzt KI für den Vorspann von 'Secret Invasion'…jetzt ist es aus."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!