Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU) zeigt sich offen für ein Social-Media-Verbot für Kinder wie in Australien. "Ich kann dem eine Menge abgewinnen. Ich halte die Frage nach einer Altersbeschränkung für mehr als berechtigt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Aus Studien, Schilderungen und Beobachtungen wisse man, wie tiefgreifend soziale Medien in die Entwicklung junger Menschen eingriffen. "Da ist jetzt mal die Frage zu stellen: Wie ermöglichen wir ihnen eine gesunde Entwicklung, so wie sie frühere Generationen ohne soziale Medien auch hatten? Was das richtige Alter ist, muss gut diskutiert werden", sagte Wildberger.
Experten sollen bis zum Sommer Vorschläge machen
Er verwies auf eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für "Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt". Das Gremium aus Wissenschaftlern und Praktikern etwa aus Medizin und Jugendschutz hatte im Herbst seine Arbeit aufgenommen und soll bis zum Sommer Empfehlungen erarbeiten. Dabei geht es unter anderem um mögliche Altersgrenzen – und auch um das viel diskutierte Thema Handyverbot an Schulen.
"Wir schulden das den Kindern"
Auch hier ist der Bundesdigitalminister für einen eher strikten Kurs: "Dass man sich mal ein, zwei Stunden hinsetzt, aufmerksam ist und nicht durch Dinge abgelenkt ist, ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung. Insofern finde ich, ist das nicht nur zumutbar, sondern wir schulden das den Kindern auch, dass sie diese Möglichkeit haben", sagte Wildberger. Auszeit gehöre dazu. Bei solchen Debatten sei es wichtig, auf diejenigen zu hören, die damit täglich zu tun hätten. Das seien die Lehrer.
Seit 10. Dezember dürfen in Australien Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren keine eigenen Konten mehr auf vielen großen Social-Media-Plattformen besitzen. Die Regierung will junge Menschen so vor Cybermobbing, problematischem Konsum und belastenden Inhalten schützen.
Wildberger ist Deutschlands erster Bundesdigitalminister. Er ist auch zuständig für Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau. Bundeskanzler Merz (CDU) hatte den früheren MediaMarktSaturn-Chef aus der Wirtschaft in sein Kabinett geholt.
Debatte über Klarnamenpflicht im Internet nimmt Fahrt auf
Die Einführung einer Klarnamenpflicht im Internet ist derzeit ebenfalls stark im Gespräch. Eine Klarnamenpflicht in den sozialen Medien könne die Diskurskultur im Netz zivilisieren, sagte der bayerische Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) dem "Tagesspiegel". "Das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhaltet schließlich keinen Anspruch auf Anonymität – man muss schon zu seinen Äußerungen stehen; analog wie digital."
Was am Stammtisch kriminell sei, müsse auch im Netz sanktioniert werden können, sagte Mehring. "Wer beleidigt, bedroht oder Volksverhetzung betreibt, muss auch im Digitalen dingfest gemacht werden können." Wer wisse, dass sein Handeln nicht folgenlos bleibe, verhalte sich verantwortungsvoller. Das könne öffentliche Debatten spürbar entgiften. Dabei gehe es nicht um Einschränkung von Meinungen, sondern um einen wehrhaften Rechtsstaat, der auch im digitalen Raum funktioniere, betonte Mehring. Hass und Hetze dürften sich im Internet nicht hinter Anonymität verstecken.
Ähnlich hatte sich zuvor schon der frühere Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle gegenüber dem "Tagesspiegel" geäußert. Mit dem einfachen Mittel einer Klarnamenpflicht könne man "öffentliche Diskussionen im Netz entgiften", so Voßkuhle. Bürger wünschten sich mehr Führung, gleichzeitig werde aber jede einzelne Äußerung von Politikern "im Netz und von den Medien hochgejazzt und zu einer Staatskrise stilisiert". Das trage zu einer "permanent erregten" und "gewissermaßen orientierungslosen" Gesellschaft bei.
"Insbesondere Kinder und Jugendliche vor Hass und Hetze schützen"
Auch Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg sagte dem "Tagesspiegel", die "zunehmende Enthemmung anonymisierter Meinungsäußerungen im Internet" bereite ihr "große Sorge". Beleidigungen, Drohungen und gezielte Persönlichkeitsverletzungen seien "längst kein Randphänomen" mehr. Sie forderte: "Wir müssen den Staat dazu befähigen, seiner Schutzfunktion besser gerecht zu werden – insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen."
Die "schiere Menge problematischer Inhalte in sozialen Netzwerken" führe dazu, dass geltende rechtliche Normen faktisch immer häufiger nicht durchgesetzt werden könnten, führte Badenberg aus. Strafrechtlich relevante Äußerungen würden teilweise ohne Zurückhaltung und ohne Furcht vor Konsequenzen getätigt.
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