Klimawandel: Olympia-Eiskanal ohne Wasser
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Kein Wasser: Olympia-Eiskanal auf dem Trockenen

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Bundestrainer stellt Zukunft des Augsburger Kanu-Kanals infrage

Bundestrainer stellt Zukunft des Augsburger Kanu-Kanals infrage

Die Qualifikation der Wildwasser-Kanuten für die Nationalmannschaft konnte trotz Wassermangels im Augsburger Eiskanal mit Ach und Krach über die Bühne gehen. Ist der Olympia-Kanal überhaupt noch für eine neuerliche Olympia-Bewerbung geeignet?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Es ist ein trauriger Anblick: Wo sonst Wassermassen durch die Betonwanne des Augsburger Olympia-Eiskanals donnern, plätschert ein kleines Rinnsal. Direkt nach den Wettbewerben vom Wochenende - den jährlichen Qualifikationsrennen für die Nationalmannschaft - hat Kraftwerksbetreiber Uniper, wie vereinbart, den Wasserstrom gedrosselt. An Wildwassersport ist jetzt nicht mehr zu denken. Die Wettkämpfe sind vorbei, die Kanuten weitergezogen Richtung Leipzig, wo Teil zwei der Qualifikation stattfindet. Was bleibt, ist ein fader Beigeschmack, auch beim Augsburger Kanuten Noah Hegge: "Man will im Vorfeld auf dem Gewässer trainieren, ein Gefühl für Strömungsgeschwindigkeit, Wellen und Walzen bekommen. Das war nicht möglich, das war eine Herausforderung."

Worst-Case-Szenarien am Eiskanal eingetreten

Hegge, 26 Jahre und Bronzemedaillen-Gewinner bei Olympia in Paris, macht sich Sorgen um die Zukunft seines Sports in seiner Heimatstadt. Und diese Sorge ist begründet, gesteht Augsburgs Sportreferent Jürgen Enninger: "Der Eiskanal ist ein Indikator für den Klimawandel. Ich habe mir damals für die Kanu-WM die Worst-Case-Szenarien aufzeigen lassen, was kann schlimmstenfalls passieren? Da hieß es: Naja, so schlimm kann es nicht kommen."

Es kam so schlimm – und das schneller als gedacht. Die Weltmeisterschaften waren vor drei Jahren, ein großes Fest, mit alarmierend wenig Wasser. Die Wettkämpfe fanden damals allerdings im ohnehin trockenen Sommer statt, jetzt fehlt das Wasser bereits im eigentlich regenreichen Frühjahr, so Kanu-Bundestrainer Klaus Pohlen: "Ich kenne das nicht von früher, dass wir hier kein Wasser hatten, das war immer selbstverständlich, durch die Schneeschmelze und so weiter. Man muss sich jetzt Gedanken machen. Es gibt eine erste Machbarkeitsstudie der Stadt Augsburg, man beschäftigt sich mit dem Problem."

Machbarkeitsstudie für Olympia-Bewerbung

Diese Machbarkeitsstudie wurde nach den Weltmeisterschaften von einer Taskforce erarbeitet. Sie sollte aufzeigen, wie man den Eiskanal für eine neuerliche Olympia-Bewerbung mit München für das Jahr 2040 fit bekommt. "Wir hatten die Planungen für die Umleitung des Wassers und eine dauerhafte Bespannung des Eiskanals schon vorbereitet. Aber dass es so schnell akut wird, damit haben wir nicht gerechnet", so Enninger. In zwei bis vier Jahren könnte der Eiskanal mittels einer neuen Schleuse wohl wettkampfsicher gemacht werden, erklärt er. Doch das allein dürfte nicht reichen, kritisiert Bundestrainer Pohlen: "Jetzt müssen wir wirklich ganz schnell eine Lösung finden. Wir haben das ganze Ensemble für 22 Millionen Euro saniert, und jetzt bringen wir das nicht in Betrieb. Das kann nicht sein."

Klaus Pohlen am Augsburger Eiskanal
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Klaus Pohlen

Teure Sanierung erst zur WM 2022

Die Sanierung erfolgte 2022 zu den Weltmeisterschaften. Der Eiskanal ist Teil des Naherholungsgebietes Siebentischwald. In Augsburg war man immer stolz darauf, ohne elektrische Hilfsmittel auszukommen. Auf Dauer allerdings wird die historische Anlage wohl nicht ohne Pumpen funktionieren, die für den nötigen Wasserdruck sorgen.

Nationaler Konkurrent in Sachsen

Im Wildwasserpark Markkleeberg im Leipziger Süden sorgen solche Pumpen für perfekte Trainings- und Wettkampfbedingungen. Die Anlage ist der nationale Konkurrent, wenn es um die Bewerbung für internationale Wettkämpfe geht. Bundestrainer Pohlen fällt, auch mit Blick auf das in Leipziger Sport-Internat, ein vernichtendes Urteil für den Standort Augsburg: "Leipzig ist für uns deutlich attraktiver, Stichwort 'Eliteschule des Sports', das kriegen wir nicht hin in Bayern. Und jetzt kommt noch die Wasserproblematik dazu. Eigentlich kann man den Standort zumachen."

Noah Hegge, der derzeit beste deutsche Wildwasser-Kanute, will nicht ganz so schwarzmalen, sagt aber auch: "Wenn sich Augsburg für Olympia bewerben will, kann eine Vorbereitung nicht noch mal so ablaufen. Dann muss man die Trainingseinheiten sicherstellen - und auch die Wettkampftage. Gerade hinsichtlich des Weltcup-Finales im August glaube ich, wird nicht mehr Wasser kommen."

Kanu-Weltcup Ende August als Generalprobe

Aktuell trainiert Hegge, wie alle deutschen Top-Athleten, in Leipzig-Markkleeberg für die finalen Qualifikationsrennen am kommenden Wochenende. Ende August beim Weltcup-Finale in Augsburg wird sich zeigen, wie wettbewerbs- und auch zukunftsfähig die historische Strecke von Olympia 1972 aktuell ist.

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