Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich irgendwo eine andere - von Uli Hoeneß bis Julian Nagelsmann haben zahlreiche Persönlichkeiten bewiesen, dass diese alte Weisheit im Fußball auch gilt. Eine Verletzung, die eine Profikarriere zu früh beendet, kann der Anfang von einer viel größeren Laufbahn sein. Der Ehrenpräsident des FC Bayern und der aktuelle Bundestrainer sind derzeit die prominentesten Beispiele für die Karriere nach der Karriere.
Wück über Profi-Zeit: "Konnte ohne Schmerzmittel nicht trainieren"
Christian Wück ist auf dem besten Weg, das nächste prominente Beispiel zu werden. Dem Unterfranken, der bei der DJK Gänheim das Fußballspielen gelernt hatte, wurde schnell eine große Karriere vorhergesagt. Als Youngster beim 1. FC Nürnberg beeindruckte er Hermann Gerland, der ihn gerne nach München gelotst hätte. Als U21-Nationalspieler sorgte er für Furore und versprach, dem deutschen Fußball auf Jahre Freude zu bereiten. Doch es kam anders.
Viele Verletzungen, acht Operationen, zahllose Rückschläge: "Ich konnte nur noch mit Schmerzmitteln trainieren. Von daher war es dann der richtige Zeitpunkt, einen Schlussstrich zu ziehen, bevor es auch noch schlimmer werden könnte für das 'normale Leben'. Aber das war hart mit 29 Jahren", sagte Wück im ARD-Interview.
Parallelen zu Hrubesch: "Viel Empathie" und "ehrliche Art"
Über seine ersten beiden Profi-Stationen beim VfR Ahlen und Holstein Kiel landete Wück bald beim DFB, trainierte die Nachwuchsmannschaften der U15, U16 und U17. 2023 schaffte er mit dem WM-Sieg mit der U17 schließlich den ganz großen Wurf - und empfahl sich für ganz hohe Aufgaben: Wück wurde zum Nachfolger von Horst Hrubesch bei der Frauennationalmannschaft ernannt.
Wück erklärt, sein Umgang ähnele der Art seines Vorgängers: "Ich möchte ehrlich und offen mit den Spielerinnen umgehen. Genau das erwarte ich auch von ihnen, wenn sie mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind. Dann erwarte ich, dass sie zu mir kommen. Ich will für das Team da sein." Und auch seine Spielerinnen sehen Parallelen zu dem sehr beliebten Hrubesch. So erklärte FC-Bayern-Spielerin Lena Oberdorf in der FAZ, sie habe den 51-Jährigen als einen Trainer kennengelernt, "der sehr viel Empathie aufbringen kann": Wück werde die "ehrliche Art" von Hrubesch beibehalten.
Abschied von Popp, Hegering und Frohms "schmerzt schon"
Das Erbe von Hrubesch anzutreten, wird nicht leicht. Nach der Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen - die Wück von der Tribüne aus verfolgte - sind die Erwartungen an den neuen Bundestrainer hoch. Die EM 2025 soll mit dem Titel beendet werden, das ist die Hoffnung. Doch Wück erbt nicht nur große Erwartungen, sondern auch einige Probleme. Nach den Rücktritten von Kapitänin Alexandra Popp, Abwehrchefin Marina Hegering und Torhüterin Merle Frohms befindet sich das Team im Umbruch.
"Es schmerzt schon, dass alle drei nicht mehr dabei sind. Aber die Situation ist, wie sie ist. Und wichtig ist, wie wir damit umgehen. Ich möchte das Ganze positiv sehen und Vertrauen schenken", sagt Wück. Und so wird seine Suche nach Führungsspielerin eine der ersten großen Aufgaben für den 51-Jährigen, der über sich selbst sagt: "Ich war ein Teamplayer, aber nie ein Führungsspieler."
Mithilfe von Teampsychologen und im Kreise der Mannschaft möchte er nun herausfinden, welche Spielerinnen die Fähigkeiten haben, die entstandenen Löcher aufzufüllen. FCB-Spielerin Giulia Gwinn ist eine Kandidatin dafür und wird die DFB-Elf in Wücks Debüt gegen England als Kapitänin auf den Platz führen.
"Vorfreude steigt": Neuauflage des EM-Finales als Debüt
Das Spiel läutet eine neue Phase ein. Nicht nur für den DFB, sondern auch für Wück persönlich: "Die Vorfreude steigt, es wird ein ganz besonderes Spiel", sagte der 51-Jährige und geriet vor seinem Einstand als Bundestrainer des umgekrempelten DFB-Teams beim Länderspiel-Kracher ins Schwärmen: "Man spielt nicht so oft in Wembley - allein diese beiden Namen, England gegen Deutschland."
Das Spiel könnte für die kommenden Aufgaben Wücks nicht besser gewählt sein. Vor zwei Jahren fand in Wembley das EM-Finale der Frauen statt. Die Mannschaften damals: England und Deutschland. 2022 hatte sich England in der Verlängerung durchgesetzt.
Das Ergebnis wird am Freitag deutlich nebensächlicher als im EM-Finale vor zwei Jahren. Für Wück geht es darum, einen Spielstil zu entwickeln. "Wir werden Details verändern, aber man darf nicht erwarten", sagte der frühere Bundesliga-Profi, "dass wir alles sofort umsetzen können." Dennoch: "Wir wollen nicht nur mitspielen, sondern aktiv unsere Philosophie sehen."
Video: Der neue DFB-Frauentrainer Christian Wück im Blickpunkt-Sport-Gespräch
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