Ein mutiger Auftritt, ein bisschen Pech, aber auch bekannte Schwächen - nach dem Aus im Viertelfinale der Champions League müssen beim FC Bayern zügig die Weichen für die Zukunft gestellt werden. Das 2:2 im Rückspiel bei Inter Mailand zeigte zwar auf, dass man nicht so weit von den Topteams weg ist. Es offenbarte aber auch zum wiederholten Male altbekannte Schwachstellen. Schwer vorstellbar, dass es bei den ambitionierten Zielen des Rekordmeisters ein "Weiter so" geben wird.
Joshua Kimmich wird deutlich: "Zu viele Niederlagen"
Einer wurde nach dem Aus in Mailand deutlich: "Es waren viel zu viele Niederlagen. Wir hatten eh schon Glück, dass wir mit so viel Niederlagen so weit kommen konnten", sagte ein frustrierter Joshua Kimmich nach dem Spiel in den Katakomben des San-Siro-Stadions. "Gerade in den großen Spielen müssen wir uns deutlich verbessern, was die Effizienz und die Anfälligkeit angeht. Wir haben nicht viele europäische Topteams geschlagen."
Treffende Analyse. Denn erneut ließen die Bayern auch gegen Inter zu viele Torchancen liegen. Hinten waren es zwei Standardsituationen, die zu den Gegentoren führten und in denen nicht kompromisslos verteidigt wurde. Themen, die den Rekordmeister nicht erst seit Mailand begleiten. Die Anfälligkeit bei Gegenstößen und Standards beschäftigt Trainer Vincent Kompany schon über die gesamte Saison. Was die Effizienz im Angriff angeht, so ist diese im Laufe der Saison etwas verloren gegangen.
Max Eberl: Aus Positivem und Negativem lernen
Die Frage ist: Was müssen die Bayern tun, um wieder ein gewichtiges Wörtchen um den Titel in der Königsklasse mitreden zu können? Sportvorstand Max Eberl sprach direkt nach dem Mailand-Spiel vom "Momentum", das nicht auf Bayern-Seite gewesen sei. Außerdem hofft er auf einen Lerneffekt. Die Mannschaft müsse "lernen, was wir diese Saison erfahren haben. Positives wie auch Negatives, denn es war ja nicht alles Gold, was geglänzt hat"
Max Eberl
Kaderumbruch - diesmal wirklich?
Doch reicht das? Schon nach der laut Uli Hoeneß "katastrophalen" vergangenen Saison hatten viele im Klub einen Kaderumbruch gefordert. Doch richtig viel ist dann nicht passiert. Von den Neuzugängen konnte lediglich Michael Olise und mit Abstrichen Eric Dier überzeugen. Hiroki Ito kam verletzungsbedingt zu gerade mal acht Saisoneinsätzen (sechs in der Bundesliga, zwei in der Königsklasse), was man Eberl natürlich nicht anlasten kann. Was man aber sagen kann: Die schon in der vergangenen Spielzeit anfällige Defensive bekam keinen Booster.
Eberl, der den Spagat schaffen muss, auf der einen Seite den Kader nachhaltig zu verstärken und andererseits auch die Ausgaben bei den Gehältern zu senken, ist deshalb nun erst recht gefordert. Minjae Kim und Dayot Upamecano konnten die Zweifel an ihrer Klasse auch in diesem Jahr nicht ausräumen. Vorne fehlt ein Backup für Topstürmer Harry Kane, dessen Torjägerqualitäten unbestritten sind, der sich aber auch eine längere Durststrecke leistete und nicht jünger wird.
Und dann ist da ja auch noch Thomas Müller zu ersetzen: Selbst wenn der 35-Jährige kein Startelfspieler mehr ist, so ist er für die Mannschaft doch ein wichtiger Faktor - als Identifikationsfigur, Stimmungskanone, Antreiber und Motivator.
Eberl muss liefern - Kompanys "Welpenschutz" endet
Natürlich traf die Münchner auch eine noch nie so dagewesene Verletzungsserie. Das allein erklärt aber nicht, dass man nicht nur gegen Topteams wie den FC Barcelona schlecht aussah, sondern auch gegen vermeintlich schwächere Gegner wie Feyenoord Rotterdam oder Celtic Glasgow seine Qualitätsvorteile nicht ausspielen konnte.
"Wenn wir nicht die Meisterschaft holen, ist es wieder eine schlechte Saison", sagt Kimmich und hat Recht. Für Max Eberl, aber auch für Vincent Kompany, der bisher so etwas wie "Welpenschutz" genoss, dürfte die Luft deshalb auch beim (erwarteten) Gewinn der 34. Deutschen Meisterschaft dünner werden. Denn ein Titel - das zeigt die Vergangenheit - ist beim FC Bayern meist nicht gut genug. Wenn dann noch zu Tage tritt, dass man den Anschluss an die europäischen Topteams zu verlieren droht, kann es an der Säbener Straße schon bald ungemütlich werden.
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