Stefanos Tzimas war einer der Toptransfers in der 2. Fußball-Bundesliga in der letzten Saison. Mit zwölf Treffern hatte er großen Anteil am Erfolg des 1. FC Nürnberg. Die Franken zogen sogar seine Kaufoption von 18 Millionen Euro, um ihn anschließend für 25 Millionen Euro an den Premier-League-Klub Brighton zu verkaufen. Ähnliche Talente will der Verein in Zukunft mithilfe des britischen Scouting-Unternehmens "Jamestown Analytics" (JTA) finden. Der Zweitligist ist der erste deutsche Verein, der eine Partnerschaft mit dem Daten-Lieferanten eingeht.
Datenbasiertes Scouting beim 1. FC Nürnberg
Das Unternehmen gehört dem Briten Tony Bloom, der auch Eigner bei Premier-League-Klub Brighton und Real Saint-Gilloise aus Belgien ist. Beide Vereine nutzen die Daten von JTA - mit Erfolg. "Die Daten von Jamestown sind zum einen wirklich sehr im Detail, sehr positionsspezifisch", erläutert der Nürnberger Sportvorstand im BR24Sport-Interview die Vorteile. Der FCN selbst habe spezifische Anforderungen festgelegt und die können mit der Datenbank des Unternehmens abgeglichen werden. Damit könne man die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein Spieler zur Verstärkung wird, erklärt Chatzialexiou.
Einfach gesagt geht es um ein Scouting weg von Daten wie Tore oder Torvorlagen hin zu: Wie verhält sich ein Spieler in bestimmten Spielsituationen? "Man kann es auch so erklären, dass es vor allen Dingen um – in Anführungsstrichen – Waffen geht, die ein Spieler hat, seine Stärken noch mehr herausstellt und die dann in dem Gesamtkonstrukt, in der Komposition der Mannschaft einfach noch mal Faktoren mit einbringen, die möglicherweise fehlen", sagt Chatzialexiou. Das könnten Faktoren wie Erfahrung oder Physis sein.
Um die Daten zwischen anderen Ligen und der deutschen 2. Bundesliga vergleichbar machen zu können, habe JTA einen Algorithmus entwickelt, erläutert der Sportvorstand. Die Daten seien auch nur eine zusätzliche Option zum traditionellen Scouting durch Spielerbeobachtung.
FCN im Scouting zuvor "spartanisch aufgestellt"
Für den Nürnberger Sportboss ist klar, "dass datenbasiertes Scouting einfach die Zukunft sein wird". Dementsprechend müsse man mit der Zeit gehen, um nicht "möglicherweise irgendwann das Nachsehen haben", so der 49-Jährige. "Deswegen haben wir gewisse Ressourcen geschaffen, haben auch in die Infrastruktur, in unser Scouting Gelder investiert, um dort besser zu werden." Zuvor sei man in diesem Bereich "spartanisch aufgestellt", merkt Chatzialexiou an.
Vorbilder Brighton, Como oder Saint-Gilloise
Das soll sich mit dem neuen Partner ändern, der einige Referenzen aufzuweisen hat. Brighton und Saint-Gilloise entdeckten in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Talente wie Kaoru Mitoma, an dem in diesem Sommer der FC Bayern interessiert war. Como stieg seit der Kooperation in die Serie A auf und beendete die Saison überraschend auf Rang zehn.
In Nürnberg träumen die Fans jede Saison aufs Neue von der Rückkehr ins Fußball-Oberhaus. Dementsprechend euphorisch zeigten sich die Fans ob der Zusammenarbeit mit den britischen Daten-Experten, doch Sportvorstand Chatzialexiou bremst direkt. "Da ist immer die Erwartungshaltung dann natürlich auch extrem, dass sofort jetzt im Sommer die glorreichen Spieler kommen und man sofort wieder aufsteigt, das weiß ich." Die Auswirkungen der Zusammenarbeit seien vielmehr "für die nächsten Transferfenster ausgerichtet".
Jamestown Analytics eine Gefahr für den eigenen Clubnachwuchs?
Ziel ist es – ganz dem Nürnberger Weg entsprechend –, junge, entwicklungsfähige Talente zu entdecken. Doch wie passt das mit dem eigenen Nachwuchsleistungszentrum zusammen? Die Fußballschule förderte in den letzten Jahren regelmäßig Toptalente wie Can Uzun, Nathaniel Brown oder jüngst Finn Jeltsch zutage, die anschließend hohe Transfererlöse brachten.
Als Gefahr für den eigenen Nachwuchs sieht Chatzialexiou die neuen Scouting-Optionen nicht, vielmehr als Chance, auch die eigenen Talente mit den britischen Datensätzen zu überprüfen. "Natürlich kennen wir die Spieler, weil wir tagtäglich mit unseren Trainern auf dem Platz sind. Aber es ist immer ganz gut, wenn man hintendran einfach nochmal eine Bewertung bekommt, wo wir nochmal einen Abgleich haben. Deswegen steht Jamestown nicht in Konkurrenz zu unserem Leistungszentrum."
Im Audio: 1. FC Nürnberg geht neue Wege in der Kaderplanung
Sportvorstand Joti Chatzialexiou (links) und Miroslav Klose (rechts)
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