Derzeit wird viel über die hohe Belastung im Profifußball gesprochen. Es geht dabei aber fast ausschließlich um die Spieler von Spitzenteams, die zwischen internationalen Wettbewerben, Nationalmannschaftsberufungen und Liga-Alltag kaum Zeit haben, zu regenerieren. Von der hohen Belastung von Trainern ist bislang kaum die Rede. Dabei hat sich der Workload von Bundesligacoaches im vergangenen Jahrzehnt drastisch erhöht, nicht zuletzt seit der Akribie-Fanatiker Pep Guardiola den Stellenwert von Taktik in der Bundesliga auf eine neue Stufe gehoben hat. Zudem werden vorhandene Daten, Analysen und Werkzeuge immer umfassender.
Sandro Wagner: Ein Balanceakt zwischen Training und Lernen
Bundesliga-Trainer zu sein, ist schon längst weit mehr als ein Full-Time-Job. Das ist auch beim FC Augsburg nicht anders. Der FCA hat sich längst in der Bundesliga etabliert, doch will nun sich weiter entwickeln, regelmäßig unter den besten zehn Mannschaften landen. Für dieses ambitionierte Ziel haben die Schwaben Sandro Wagner verpflichtet.
Doch während Wagner nun seinen ersten Schritt als Cheftrainer im Profibereich geht, muss er nebenbei noch die Schulbank drücken. Seit Januar ist Wagner Teil des aktuellen DFB-Pro-Lizenz-Lehrgangs. Dort muss gemeinsam mit Mitschülern wie Heiko Westermann (Co-Trainer FC Barcelona), Roberto Hilbert und Sabrina Wittmann regelmäßig in Präsenz auf dem DFB-Campus in Frankfurt erscheinen.
Etwa 15 Präsenzwochen sind dort innerhalb eines Jahres zu absolvieren, die von Montag bis Mittwoch gehen. Tage, in denen die aktiven Trainer wie Wittmann und nun auch Wagner nicht auf dem Trainingsplatz stehen können, keine Übungen leiten und kein Gefühl für das Team bekommen können - und mit dem Kopf eben nicht ganz bei den Zielen und Herausforderungen des Teams sein können.
Wittmann, Unterberger Sahin - nicht immer geht der Plan auf
Dass diese Doppelbelastung nicht unbedingt einfach ist, ist logisch. Zumal die Betroffenen naturgemäß während dem Lehrgang meist die erste Station ihrer Trainerkarriere haben. Wittmann erreichte mit dem FC Ingolstadt nicht den erwünschten Aufstiegsrang. Zur Winterpause, vor Beginn des Lehrgangs, stand der FCI noch mit zwei Punkten Rückstand zum Relegationsplatz auf Rang fünf der Tabelle, hatte einen Punkteschnitt von 1,58 Punkten pro Spiel. Nach der Winterpause holte der FCI nur noch 1,26 Punkte pro Spiel, rutschte auf Rang zehn der Tabelle ab und spielte im Aufstiegsrennen keine Rolle mehr.
Auch Marc Unterberger, bis Dezember 2024 Trainer der SpVgg Unterhaching, war in der abgelaufenen Saison neben seiner Trainertätigkeit auch im Trainerlehrgang. Nuri Sahin erwarb während seines Trainerjobs beim BVB seine Lizenz in Wales, musste aber genauso wie Unterberger seinen Stuhl währenddessen räumen. Ähnlich erging es auch schon Markus Babbel während seiner Zeit beim VfB Stuttgart.
Wagner hatte in Unterhaching bereits eine Doppelrolle
Dass jede dieser Misserfolgsgeschichten auch wirklich auf die Doppelbelastung zurückzuführen ist, beziehungsweise welchen Anteil die geistigen und körperlichen Abwesenheiten der Übungsleiter daran haben, ist schwer nachzuweisen. Zumal es auch Positivbeispiele gibt: Merlin Polzin drückte in dieser Saison die DFB-Schulbank und legte währenddessen den Grundstein für den Aufstieg des Hamburger Sportvereins in die Bundesliga.
Wie Wagner mit dieser Doppelbelastung klarkommt, bleibt abzuwarten. Der 37-Jährige gilt als akribischer Arbeiter und möchte bei seiner ersten Trainerstation in der Fußball-Bundesliga alles daran setzen, dass diese Zusammenarbeit funktioniert. Erfahrungen mit Doppelbelastung hat Wagner tatsächlich schon vorzuweisen. Während seiner Zeit als Coach der SpVgg Unterhaching war Wagner noch als Experte für den Streaminganbieter DAZN tätig und regelmäßig unter der Woche bei Champions-League-Partien im Ausland unterwegs. Unterhaching beendete damals die Saison als Meister. Die Erwartungen, Meister zu werden, wird er beim FCA zumindest erstmal nicht erfüllen müssen.
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