"Oh Mann, nicht schon wieder" - dieser Gedanke hallte Alexander Schmid am 19. Dezember 2024 durch den Kopf. Im Training war der Riesenslalom-Spezialist gestürzt. "Ich hab’s eigentlich gleich gemerkt. Ich bin gestürzt, dahingeschlittert und habe relativ große Schmerzen gehabt." In diesem Moment hofft Schmid noch darauf, dass es nicht wieder das Kreuzband ist.
Doch nur wenige Stunden danach hat der Weltmeister von 2023 Gewissheit: der zweite Kreuzbandriss seiner Karriere. "Das war ein harter Schlag ins Gesicht", erzählt Schmid mehr als ein halbes Jahr später im exklusiven BR24Sport-Interview. Noch immer kämpft er mit den Auswirkungen dieses Sturzes.
Schmid macht wichtigen "Back to Sport" Test
Am 23. Juli stand für Schmid deshalb einiges auf dem Spiel. Der von Verletzungen geplagte 31-Jährige musste in Innsbruck den für das Comeback so wichtigen "Back to Sports"-Test machen. Das heißt: Erst wenn er Körper diesen Test packt, darf er auch wieder Skifahren.
"Wenn alles super optimal läuft", könne er schon in ein paar Wochen wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Der Jagd durch die Riesentore, hier ist er so gut wie kein anderer Deutscher. Doch seine Glanzzeiten sind schon etwas her. Genau genommen zwei Jahre, als er den WM-Titel im Parallel-Riesenslalom gewann. Sein einziges Weltcup-Podest ist sogar schon fünf Jahre her.
Schmid mit Durchhaltewillen zurück in den Schnee
Doch der Skirennfahrer aus Fischen im Allgäu ist ein Kämpfer. Für Schmid ist trotz der zahlreichen Rückschläge klar: "So will ich auf keinen Fall aufhören, ich will wieder zurück auf die Bretter, egal wie. Ob ich das tatsächlich schaffe, steht tatsächlich noch ein bisschen in den Sternen."
Schmids Durchhaltewillen wurde zwei Tage nach dem Test bereits belohnt. Er bekam die Freigabe, wieder auf Schnee zu trainieren, allerdings noch nicht sportlich, denn nicht alle Werte sind optimal. Dennoch geht es für den mittlerweile 31-Jährigen Schritt für Schritt voran. Nach den ersten Schneetagen wird sich in der nächsten Woche entscheiden, wohin der Weg führt. "Dann muss man schauen, was Sinn ergibt. Ob ich dann mit nach Südamerika, einem unserer wichtigsten Camps, mitfliegen darf oder ich Plan B ansteuern muss?”
Immer an sich geglaubt
Hilfreich ist für Schmid dieses Mal der Faktor Zeit. Die Verletzung im Dezember war zwar schwerer als beim letzten Mal, als er sich im März verletzt hatte, diesmal ist dafür die Regenerationsphase bis zum Saisonstart deutlich länger. "Letztes Jahr war es nicht die Vorbereitung, die man sich als Leistungssportler erhofft hätte. Ich habe körperlich nicht so dagestanden wie früher. Vielleicht war das auch ein Grund, der dazu beigesteuert hat", so Schmid. In diesem Sommer habe er sich mehr Zeit gelassen für "alle anderen Themen." Er fühle sich deutlich besser als in den Jahren zuvor. "Ich habe alles erreicht, was ich mir vor der Reha vorgenommen habe und alleine körperlich bin ich jetzt da, wo ich hin wollte."
Mentale Arbeit nach Verletzung: "Was mir hilft, ist reden"
Die physischen Daten sind fast im Soll, doch was macht die Psyche? Ein Riesenthema nach der zweiten Verletzung innerhalb von anderthalb Jahren war auch die mentale Verarbeitung für Schmid. "Die Diagnose gleich am Abend, dass das Kreuzband und beide Menisken betroffen sind", war ein Schock, den er zunächst nicht einzuordnen wusste.
"Das meiste, was mir persönlich hilft, ist einfach darüber reden". Alexander Schmid
Erschwerend kam hinzu, dass nur wenige Tage zuvor eine wichtige Stütze in seinem Leben weggebrochen war. "Ich habe kurz zuvor eine gute Freundin verloren, meine Mentaltrainerin." Ein Trost bot Schmid in dieser dunklen Zeit die Gewissheit, dass sein Arzt ihn "wieder zusammenflicken" kann. "Das Leben geht weiter. Ich habe gewusst, ich komme wieder auf die Füße." Aber: "Man wird nicht jünger", und es sagt sich so einfach, "come back stronger".
Schmids großes Ziel: "Olympia in Europa miterleben"
Der Allgäuer hat nach dem harten Kampf durch die Reha ein großes Ziel vor Augen: "Nach Peking habe ich mir fest vorgenommen: Ich möchte Olympia in Europa miterleben. Dafür kämpfe ich und daran halte ich eigentlich immer noch fest". Dabei zu sein sei "natürlich super schwierig, weil ich einen Anteil an Rennen brauche, um mich zu qualifizieren."
Deshalb kommt zur Genesung auch ein enormer Leistungsdruck. "Ich muss bei den ersten Weltcups am Start sein. Aber von dem Gedanken "'ich muss', möchte ich mich ein bisschen lösen." Auch wenn der Gedanke an Olympia in Cortina schon jetzt "Gänsehaut" bei ihm auslöst.
Kurz nach dem Interview bekam Schmid das Ergebnis des Back to Sports Tests: Das Ergebnis war positiv. Schmid darf wieder auf den Skiern stehen. Die Freigabe, wieder bei Wettbewerben antreten zu können, ist das aber noch nicht. Bis er seinen Kindheitstraum, heimatnah bei Olympia dabei zu sein können, erfüllen kann, wird Schmid also noch einige Hürden überwinden und zahlreiche Schwünge in den Schnee kurven müssen.
Alexander Schmid bei der Leistungsdiagnostik
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