In ihrer typischen Mütze - ein Bommel links auf dem Kopf, der andere rechts - saß Lindsey Vonn am Mittwochabend bei der Pressekonferenz in St. Moritz. Gerade Körperhaltung, die Hände auf dem Schoß - und fast konträr zu ihrem Auftreten, zu ihrer ruhigen Stimme, klang das, was sie sagte, wie eine Kampfansage: "Körperlich bin ich in der besten Form, in der ich jemals war."
Ausgerechnet Vonn, die 2010 Olympiagold holte, die 82 Weltcupsiege feierte, die vier große Kristallkugeln im Trophäenschrank stehen hat, die Rekorde brach und den Skirennsport auch über die Alpenländer hinaus bekannter machte. Wenn diese Lindsey Vonn also wenige Stunden nachdem sie in St. Moritz die Trainingsbestzeit hinlegte, seelenruhig dasitzt und von der "besten Form ihres Lebens" spricht, dann muss sich die Konkurrenz wohl warm anziehen - und das nicht wegen der milden zwei Grad, die am Wochenende im Engadin erwartet werden.
Lindsey Vonn nimmt Selbstvertrauen von Sun Valley mit
Die US-Amerikanerin war vergangene Saison völlig überraschend in den Weltcup zurückgekehrt. Weil die FIS eine Wildcard eingeführt hatte, konnte sie direkt und ohne vorher FIS- oder Europacup-Rennen zu fahren, in die höchste Liga des Skirennsports zurückkehren. Ihr erster Winter sei wie ein Test gewesen, auf den sie sich kaum vorbereiten konnte, erzählte Vonn: "ein Auf und Ab".
Und tatsächlich waren die ersten Rennen eine Achterbahnfahrt der Gefühle: ein grandioses erstes Rennen, einige Ausfälle, eine Annäherung an die Weltspitze und der Höhepunkt ganz zum Schluss: Vor heimischem Publikum fuhr Vonn beim Weltcupfinale in Sun Valley auf das Podest. "Ich konnte das Selbstvertrauen von Sun Valley mitnehmen, das hat mich durch den Sommer getragen", erklärte sie am Mittwoch.
Fünf Kilo mehr, besseres Equipment
In den vergangenen Monaten habe sie ihr Training optimiert, im Kraftraum geschuftet, fünf Kilo zugenommen, sich an einen strikten Ernährungsplan gehalten und ein optimales Material-Set-up gefunden - alles für ihr großes Ziel Olympia. Von Anfang an hatte die Speed-Spezialistin klargemacht, sie sei vor allem wegen der Winterspiele in Cortina zurückgekehrt: "Ich würde all das nicht machen, wenn es nicht in Cortina wäre." Die 'Olimpia delle Tofane' ist Vonns Lieblingsstrecke, in den Dolomiten hat sie ihre erste Podestplatzierung gefeiert.
Auch Trainer Aksel Lund Svindal schwärmt von Vonns Form
Um das Endziel Olympiagold in ihrer sicher letzten Saison zu erreichen, hat sie sich ein Top-Team um sich herum aufgebaut, trainiert wird die 41-Jährige unter anderem vom ehemaligen Weltcup-Gesamtsieger Aksel Lund Svindal. Und auch der kam am Mittwoch aus dem Schwärmen nicht mehr heraus: Der Norweger schwärmte von Vonns Schwung, von der Balance auf den Skiern, vom Fokus seines Schützlings: "Ich habe sie noch nie so gesehen."
Am Freitag kann Vonn beim Speed-Auftakt der Frauen, bei der Abfahrt in St. Moritz, genau jene Schwünge zeigen, die Svindal so entzücken und Vonn vor Selbstvertrauen nur so strotzen lassen.
