Im Eiltempo haben die beiden Schlichter ihre Aufgabe erfüllt: Eigentlich hätten die Arbeitsrechtlerin Heide Pfarr und der CDU-Politiker Thomas de Maizière noch bis kommenden Montag Zeit gehabt, einen Spruch im Tarifkonflikt bei der Bahn zu finden. Doch nun wurde er schon heute vorgestellt.
Demnach soll es für die rund 160.000 betroffenen Beschäftigten im Oktober eine Einmalzahlung von 2.850 Euro geben, steuer- und abgabenfrei zum Ausgleich der hohen Inflationsrate. Ab Dezember dann sieht der Schlichterspruch 200 Euro mehr im Monat vor, ab August nächsten Jahres noch einmal 210 Euro. Als Laufzeit sind 25 Monate vorgesehen. In einem umfangreichen Paket werden weitere Verbesserungen für einzelne Berufsgruppen eingeplant, wie etwa für die Beschäftigten im Service. Gerade die gehören zu den Niedrigverdienenden im Unternehmen.
"Beide Seiten müssen Kröten schlucken"
Insgesamt liegt der Schlichterspruch etwas über dem Ergebnis, das die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mit vielen privaten Betreibern ausgehandelt hatte – aber unter dem, was sie gefordert hatte, unter anderem 650 Euro mehr im Monat.
De Maizière erklärte, beide Tarifparteien wollten ihren jeweiligen Gremien die Annahme des Schlichterspruchs empfehlen. "Beide Seiten müssen mit der Annahme des Kompromisses Kröten schlucken", sagte er. "Das liegt in der Natur des Kompromisses."
Klarheit für Reisende erst Ende August
Die Schlichtung hatte am 17. Juli begonnen. Das nun vorliegende Ergebnis in dem Verfahren bedeutet noch nicht, dass damit der Konflikt beendet ist. Der Spruch muss noch von den Gremien angenommen werden. Bei der Gewerkschaft soll der Bundesvorstand am Freitag entscheiden, ob er den Mitgliedern diesen Spruch zur Annahme empfiehlt. In einer Urabstimmung haben die dann das Wort.
Das Ergebnis soll am 28. August verkündet werden. Erst dann wissen Reisende, ob die Gewerkschaft die Streikwesten einpackt. Die Bahn dürfte angesichts der vielen Baustellen im Konzern am Ende des Tarifkonfliktes großes Interesse haben – auch wenn er das finanziell angeschlagenen Unternehmen zusätzlich belastet.
Tarifkonflikt um Mindestbetrag und Laufzeit
Vor dem Beginn des Schlichtungsverfahrens Mitte Juni waren mehrmonatige Tarifverhandlungen gescheitert. Als Vermittlerin hatte die EVG daraufhin Heide Pfarr berufen, die Bahn Thomas de Maizière.
Im Kern dreht sich der monatelange und mit massiven Warnstreiks verbundene Tarifstreit zuletzt vor allem um zwei Punkte - die Höhe des Mindestbetrages, um den alle Löhne steigen sollen, und die Laufzeit eines Tarifvertrages. Die EVG hatte ursprünglich zwölf Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr - bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Der zuletzt bekannt gewordene Vorschlag der Bahn sah hingegen unter anderem eine stufenweise Erhöhung von insgesamt zwölf Prozent für die unteren, zehn Prozent für die mittleren und acht Prozent für die oberen Einkommensgruppen vor. Uneinigkeit gab es vor allem um die Laufzeit: Die Bahn wollte gegenüber den von der EVG angestrebten 12 Monaten eine Laufzeit von 27 Monaten durchsetzen.
Fahrgastverband erleichtert über Einigung im Tarifstreit
Der Fahrgastverband Pro Bahn hat mit Erleichterung auf die Schlichtungsempfehlung im Tarifstreit zwischen Deutscher Bahn und der Eisenbahngewerkschaft EVG reagiert. "Als Fahrgastverband begrüßen wir jede Einigung, die einen Bahnbetrieb ohne Streiks zur Folge hat", sagte der Ehrenvorsitzende von Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Es habe sich "wieder einmal gezeigt, dass konstruktives Verhandeln (...) zum Erfolg für alle führt", fügte Naumann hinzu.
Naumann verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass ein Tarifabschluss "die Bahnberufe attraktiver macht" und damit auch "mehr Güterverkehr auf der Schiene erreicht" werden könne. Der Staat müsse "deutlich mehr Geld in das System Bahn geben, nicht nur für Investitionen sondern auch für die Tarife und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten", forderte Naumann.
Mit Informationen von dpa und Reuters
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