Ein Wiener Schnitzel steht auf einem gedeckten Tisch.
Bildrechte: picture alliance / SZ Photo | Stephan Rumpf
Bildbeitrag

Zehn Prozent auf's Schnitzel, 20 Prozent auf die Getränke – das ist "Mehrwertsteuer normal" in Österreich

Bildbeitrag
> Wirtschaft >

Das Wiener Schnitzel hat die Mehrwertsteuer überlebt

Das Wiener Schnitzel hat die Mehrwertsteuer überlebt

Wiener Schnitzel billiger, wegen Corona. Dann wieder teurer, nach Corona: Österreich hat schon hinter sich, was in Deutschland gerade hochkocht: das Ende der Mehrwertsteuerermäßigung in der Gastronomie. Ergebnis: Das Wiener Schnitzel hat überlebt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Auch der Wiener grantelt gern beim Achterl "gemischter Satz", dass schon wieder alles teurer geworden sei, und die Wienerin freut's nicht, dass sie für die Melange, den Kaffee, 4,50 Euro hinlegen muss. Inklusive Mehrwertsteuer. Satte 20 Prozent – für die Getränke. Aber nur zehn Prozent für den Apfelstrudel, fürs Backhendl, für Speisen. Das sind die normalen Mehrwertsteuersätze in Österreich. In den Restaurants und beim Heurigen sind sie schon seit zwei Jahren wieder auf Vor-Corona-Niveau.

Fünf Prozent auf alles: lange vorbei

Nur vorübergehend galt: fünf Prozent Mehrwertsteuer auf alles, in der Wirtschaft, gedacht als Hilfe für die Wirte, die die Lockdowns während der Pandemie hart getroffen haben. Wobei die Mehrwertsteuersenkung nur eine von verschiedenen möglichen Finanzhilfen war, viele andere deutlich lukrativer.

Vielleicht deshalb erinnert sich keiner an einen Aufschrei, als die Mehrwertsteuersätze wieder auf "Normal" angehoben wurden – mit dem, anders als in Deutschland, traditionell halben Steuersatz für feste Nahrung: zehn Prozent statt 20.

Vielleicht deshalb zucken auch die Wiener Grantlerinnen und Grantler nur erstaunt mit der Schulter, wenn sie in der ORF-Hauptnachrichtensendung ZIB 2 am Abend mit den empörten Szenen aus deutschen Kneipen konfrontiert werden: weil dort, lange nach Corona (und zwischenzeitlich mit gestiegenen Energiekosten begründet) die Mehrwertsteuer wieder auf "normal" zurückgestellt werden soll: 19 Prozent, auf Trinken, allerdings auch auf Essen.

Jetzt wieder: zehn Prozent aufs Essen, 20 Prozent auf Getränke

Hat die Umstellung – in Österreich schon vor zwei Jahren – der Gastronomie geschadet? Ansichtssache. Die nackten Zahlen geben nicht viel her, im Gegenteil. Ein Jahr nach der Wiedereinführung der alten Mehrwertsteuer gingen weniger Gastrobetriebe Pleite als 2019, im Jahr vor Corona.

Ob die Senkung geholfen hat: schwer zu sagen. Es gab Studien, die eine Antwort suchten: Nachdem die meisten Restaurants während der Pandemie nicht durchgehend schließen mussten – und zwischendurch Lieferservice anboten –, seien die vermuteten positiven Effekte schwer herauszurechnen.

Mehr Pleiten seitdem? Nein

Ist nach der Anhebung alles teuer geworden? Falsche Frage, Antwort: Schon nach der Senkung der Mehrwertsteuer sind in der österreichischen Gastronomie die Preise erstmal um vier Prozent gestiegen. Später auch, im Rahmen der in Österreich relativ höheren Inflationsrate.

Experten sagen, Restaurantbesuche kosten jetzt um die zehn, elf Prozent mehr als vor einem Jahr. Da aber war die Mehrwertsteueranhebung schon ein Jahr alt. Bleibt die Mutmaßung, die von Ökonomen zu hören ist: Vor allem die Preise in der Gastronomie seien Inflationstreiber gewesen. Ihrerseits aber getrieben von gestiegenen Energiekosten. Und von gestiegenen Personalkosten, sagen die Wirte.

Die Wirte haben's schwer? Ja, aber ...

Das aber stimmt näher betrachtet nicht ganz. Ein großes, spürbares Problem für Österreichs Gastronomie ist: fehlende Einnahmen. Weil: sonntags zu und nur vier Tage die Woche geöffnet. Der Grund: akuter Personalmangel. Im Zillertal, wo der Wintertourismus wieder boomt, lernen sie Personal aus Brasilien an, um die Gäste bedienen zu können. In Wien machen viele ein paar Tage zu.

Wettbewerb um Fachkräfte

Eine selbstverschuldete Krise, sagt ein Gewerkschafter. Gutes eingelerntes Personal aus Südosteuropa hätte auf Zusagen gewartet, auch nach der Pandemie wieder beschäftigt zu werden, gut über die Pandemie-Zeiten gerettet zu werden. Das hätten viele Wirte versäumt, jetzt kellnern und kochen die Fachkräfte in Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien – für weniger Geld, aber mit sicheren Zusagen – in Ländern, in denen die Nachfrage wegen wachsender Gästezahlen steigt – die Preise (und die Löhne) übrigens auch.

Das alles lässt sich nicht durch Mehrwertsteuersenkungen abfangen. Ökonomen nennen es "Wettbewerb". Spricht man mit Wirten ohne offenes Mikrofon, erzählen sie gern, warum der Nachbar gegenüber Pleite ging – und diese Geschichten drehen sich selten um Corona oder Mehrwertsteuern.

Im Video: Angela Inselkammer – Mehrwertsteuer-Erhöhung bedroht Gastronomie in Bayern

Angela Inselkammer, Präsidentin der Dehoga Bayern.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024
Videobeitrag

Angela Inselkammer, Präsidentin der Dehoga Bayern.

Dieser Artikel ist erstmals am 3. Januar 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!