Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet vor allem aus medizinischer Sicht viele Vorteile. Zugleich sorgen sich Verbraucher um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten. Wie wirkt sich der Schritt hin zur Digitalisierung im Gesundheitswesen aus?
Wenn Patienten etwa in der Notaufnahme eintreffen, haben die Ärzte oft wenige Informationen über die Verletzten. Dabei sind einige Informationen für die Ärzte entscheidend: Hat der Patient Allergien oder Vorerkrankungen, nimmt er Medikamente, vor allem Blutverdünner?
Fallbeispiel: Patient kommt in die Notaufnahme
Im Klinikum Nürnberg Nord kommt ein Patient mit dem Notarzt an. Er wird künstlich beatmet und soll direkt auf die Intensivstation. "Und sonst weiß ich nichts von ihm", beschreibt Oberarzt Arnim Geise die Situation. "Es sei denn, er bringt jetzt Angehörige mit. Oder er kommt vielleicht aus dem Pflegeheim und hat das Glück, dass der Rettungsdienst daran gedacht hat und bringt seine Patientenakte oder Medikamentenplan mit", sagt der Intensivmediziner.
Hier soll ab Anfang 2025 die elektronische Patentenakte helfen. In ihr sollen medizinische Daten aller gesetzlich Versicherten gespeichert werden: zum Beispiel Laborwerte, Diagnosen, Befunde, verordnete Medikamente. Mit der Versichertenkarte können diese Informationen zeitlich begrenzt ausgelesen werden, etwa von Kliniken, Arztpraxen und Apotheken.
Digitalisierung auch in Arztpraxen
In vielen Arztpraxen gehört die digitale Verwaltung schon zum Alltag. Mit der ePA soll der Austausch von Daten einfacher werden, so die Hoffnung. "Gerade im medizinischen Bereich ist es so, dass wir ständig Informationen hinterherlaufen müssen", berichtet Allgemeinmediziner Nicolas Kahl aus Fischbach bei Nürnberg. Krankenhäuser riefen ständig in Hausarztpraxen an, um Arztberichte anzufordern. "Auch wir müssen etwa in radiologischen Praxen anrufen, wenn die Befunde nicht angekommen sind", so Kahl weiter. "Wir erhoffen uns, dass das deutlich besser wird durch die elektronische Patientenakte."
Umgesetzt wird die elektronischen Patientenakte von der nationalen Agentur für digitale Medizin, der 'Gematik'. Franken ist eine Modellregion bei der Einführung der ePA. Hier wertet die Gematik die Erfahrungen mit der Einführung der ePA am 15. Januar 2025 aus. Die gesetzlichen Krankenkassen informieren derzeit alle Versicherten. Wer einen Info-Brief bekommt und nicht möchte, dass die elektronische Patientenakte für ihn eingerichtet wird, muss aktiv werden und bei seiner Krankenkasse formlos Widerspruch einlegen.
Besonders die Sicherheit ihrer Daten beschäftigt die Menschen. Dass Versicherte entscheiden können, wer auf welche Daten zugreift, beruhigt viele. Aus Sicht der Krankenkassen hat die ePA viele Vorteile, auch Kosteneinsparungen. Ziel des Bundesgesundheitsministeriums (externer Link) ist, dass künftig 80 Prozent der Versicherten eine elektronische Patientenakte haben.
Unabhängige Informationen für eine gute Entscheidung
Im Gesundheitsladen München können sich Patienten unabhängig informieren. Der Patientenberater Jürgen Kretschmer kennt die Bedenken bezüglich der ePA. Die Frage nach der Sicherheit der sensiblen Gesundheitsdaten wird ihm oft gestellt. "Es gibt höchste Sicherheitsanforderungen an diese Telematik-Infrastruktur. Und es gibt keine sicherere Konstruktion in ganz Europa als die deutsche", sagt Kretschmer.
Wer keine ePA will, muss aktiv werden
Ab 2025 sind Ärzte und Kliniken dazu verpflichtet, die ePA ihrer Patienten mit vorliegenden elektronischen Daten aus der aktuellen Behandlung zu füllen. Ältere Daten und Befunde kann man über die ePA-App seiner Krankenkasse selbst hochladen, oder die Krankenkasse scannt auf Wunsch bereits vorhandene Unterlagen ein, wie BR-Experte Sebastian Hanisch erläutert. So habe der Patient auch die Chance, mündiger zu werden und etwa seine Arztbriefe digital im Blick zu behalten, etwa für Zweitmeinungen.
Wer keine elektronische Patientenakte haben möchte, kann jederzeit Widerspruch bei der Krankenkasse einlegen. Laut Kretschmer geht das telefonisch, per Fax, per Brief oder auch persönlich. "Unser Tipp ist: Wenn möglich, versuchen Sie, eine Bestätigung zu bekommen, dass sie der Anlage widersprochen haben", ergänzt Kretschmer. Es ist auch möglich, bestimmte Befunde nicht mit allen Ärzten zu teilen, beispielsweise wenn Patienten Angst vor Stigmatisierung haben.
Im Video: Die elektronische Patientenakte
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