Ein Bauer der mit seinem Traktor das Heu auf seinem Feld wendet.
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Der Bundesrechnungshof kritisiert die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte.

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Kfz-Steuer: Ist die Befreiung für Traktoren noch zeitgemäß?

Kfz-Steuer: Ist die Befreiung für Traktoren noch zeitgemäß?

Der Bundesrechnungshof will den Landwirten das grüne Nummernschild nehmen, das sie von der Kfz-Steuer befreit. Und es soll auch keinen billigeren Agrardiesel mehr geben. Es geht um Vergünstigungen in Höhe von knapp einer Milliarde Euro.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Die wichtigsten Arbeitsgeräte für Landwirt Hermann Greif sind seine Traktoren. Der Bio-Bauer aus Oberfranken hat eine Biogasanlage und bestellt mit seinem Sohn und einem Mitarbeiter gut 100 Hektar Grünland und Ackerflächen. Fünf Schlepper sind am Betrieb im Einsatz. Aktuell wird auf den Feldern gedüngt, zur Erntezeit ist dann richtig großer Maschineneinsatz gefragt. Aber anders als "normale" Autofahrer bezahlen Landwirte für ihre Traktoren und Landmaschinen keine Kfz-Steuer.

Ziel vor 100 Jahren: Motorisierung der Landwirtschaft

Das ist seit über 100 Jahren so. Als die Kfz-Steuer in Deutschland 1922 eingeführt wurde, war das politische Ziel bezüglich der Steuerbefreiung für Traktoren die "Motorisierung der Landwirtschaft". Ein Ziel, das mittlerweile längst erreicht ist. Moderne Landwirtschaft ohne Landmaschinen ist heute undenkbar. Kritiker bemängeln sogar, viele Bauernhöfe seien heute übermechanisiert.

Steuerbefreiung soll abgeschafft werden

Nun heißt es vom Bundesrechnungshof, die Landwirte würden die Kfz-Steuerbefreiung zu Unrecht erhalten. Die Subvention sei überholt und sollte abgeschafft werden. Man wolle Dauerförderungen vermeiden. Außerdem sei fraglich, ob so eine "effiziente, nachhaltige und klimafreundliche Fortentwicklung des Steuerrechts" gelingt.

Betroffen wären rund 1,7 Millionen Fahrzeuge, die derzeit in Deutschland von der Kfz-Steuer befreit sind. Wobei dazu auch Fahrzeuge von Diplomaten, der Polizei, der Feuerwehr, dem Zoll oder dem Katastrophenschutz zählen. Auch gemeinnützige oder mildtätige Organisationen können ihre Autos von der Steuer befreien lassen, sowie Menschen mit einer Schwerbehinderung.

Landwirte wollen grünes Nummernschild behalten

Sichtbar ist die Steuerbefreiung für Traktoren am Nummernschild: Die Buchstaben sind grün statt schwarz. Und das soll so bleiben, fordert Landwirt Hermann Greif, der als oberfränkischer Bezirkspräsident auch Funktionär des Bayerischen Bauernverbandes ist: "Wir fahren auf Feldern, Wiesen und in den Wäldern. Und wir sind in der Regel nicht auf Straßen, die mit der Kfz-Steuer eigentlich erhalten werden. Deswegen haben diese Steuern in der Landwirtschaft nichts verloren."

Welche Kosten kommen auf die Landwirte zu?

Dieses Argument entkräftet der Bunderechnungshof. Denn die Kfz-Steuer ist keine zweckgebundene Einnahme für den Bund. Das Geld, das von den zahlenden Verkehrsteilnehmern eingenommen wird, muss nicht für Straßen- und Autobahnen verwendet werden. Es könnte für Hermann Greif mit seinen Traktoren und großen Anhängern also künftig teuer werden: "Wenn diese Steuerbefreiung wegfällt, dann sind das 3.000 bis 4.000 Euro, die ich zusätzlich im Jahr aufwenden muss – eine Riesenbelastung. Letztendlich muss ich das weitergeben, das wird sich dann irgendwann im Preis bei den Nahrungsmitteln widerspiegeln."

Auch "Agrardiesel" wird subventioniert

Die Kfz-Steuerbefreiung ist aktuell eine wichtige Subvention für die Landwirtschaft. Im Jahr 2022 erhielten die deutschen Landwirte zusätzlich zu den EU-Subventionen in Höhe von über sechs Milliarden Euro noch zusätzlich knapp 2,7 Milliarden Euro vom Bund, zum Beispiel als Investitionshilfen für Klimaschutzmaßnahmen oder Zuschüsse für Beiträge zur Unfallversicherung. Davon machte die Kfz-Steuerbefreiung 485 Millionen Euro aus. Und weitere 440 Millionen Euro für den sogenannten "Agrardiesel". Denn von den 47 Cent Steuern pro Liter Diesel, die ein normaler Verbraucher bezahlt, erhält der Landwirt rund 21 Cent retour. Vor einem Jahr hatte Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) sogar gefordert, die Subvention für Agrardiesel noch weiter zu erhöhen, um die Landwirte zu entlasten.

Bund der Steuerzahler auf Seiten der Landwirte

Wenn es um das Thema Steuerausgaben und Subventionen geht, meldet sich meist der Bund der Steuerzahler besonders kritisch zu Wort. Beim Thema Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft ist das aber anders. Michael Jäger vom Bund der Steuerzahler in Bayern befürchtet, dass die Bauern ihre Mehrkosten direkt an die Verbraucher weiterreichen, so wie es Landwirt Hermann Greif bereits angekündigt hat: "Zahlen wird es am Schluss der Verbraucher. Oder die Produktion wandert aus Deutschland in den Osten ab - mit niedrigen Löhnen und niedrigen Kosten. Insofern sagen wir: Hände weg von dieser Kfz-Steuer."

Noch bis Ende November prüft das Bundesfinanzministerium die Kfz-Steuerbefreiungen. Dann steht fest, ob die Vergünstigungen für die Landwirte bestehen bleiben oder tatsächlich gestrichen werden.

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