Auch Rindviecher sind Feinschmecker: Einheitskost wie Gras-oder Maissilage oder lieber duftendes Heu? Könnten Milchkühe wählen, würden sie Heu fressen, doch auch da gibt es Unterschiede: Heu ist nicht gleich Heu. Entscheidend sind der richtige Erntezeitpunkt und die Trocknung.
Besseres Heu durch Trocknungsanlage
Daniel Weber aus Görisried im Allgäu ist Heumilchbauer. Er füttert seinen Kühe keine Silage, also vergorenes Futter, sondern nur frisches Gras und Heu. Dafür bekommt er von seiner Molkerei sechs Cent Aufschlag pro Liter Milch. Seine Herausforderung: Beim Grasmähen muss er den richtigen Zeitpunkt erwischen. Normalerweise würde das heißen: Drei Tage heißes, trockenes Wetter und zwar genau dann, wenn das Gras das optimale Reifestadium hat. Nur so entsteht gutes Heu mit ausreichend Eiweiß und Kohlenhydraten. Aber Daniel Weber reichen 24 Stunden, um gutes Heu einzubringen. Möglich macht das eine Trocknungsanlage daheim am Hof.
Damit wertvolle Inhaltsstoffe nicht auf der Wiese bleiben
Bei der klassischen Bodentrocknung bleibt das gemähte Gras meistens drei Tage auf der Wiese und wird mit dem sogenannten Kreiselheuer immer wieder gewendet – bis eine Restfeuchte von 12 Prozent erreicht ist. Nur dann ist das Heu lagerfähig. Der Vorteil: Sonne und Wind übernehmen das Trocknen. Der Nachteil: die Gräser und Kräuter werden brüchig, nährstoffreiche Blatt- und Blütenanteile brechen ab und bleiben als "Bröckelverluste" auf der Wiese. Das Heu verliert an Nährwert.
Auch die Trocknungsanlage braucht schönes Wetter
Auch Daniel Weber braucht sonniges, warmes Wetter für die Heuernte. Denn die Sonne liefert ihm über seine 136 KWp starke PV-Anlage den Strom, den er für seine Trocknungsanlage benötigt. Die steht in einer riesigen Halle: mit einem Entfeuchter, einer Unterdachabsaugung und einem Gebläse, das die unterm Dach erwärmte Luft immer wieder durchs Heu bläst. 0,5 Kilowattstunden verbraucht die Anlage pro Liter Wasser, das sie dem Heu entzieht. Nachts oder bei schlechtem Wetter, wenn die PV-Anlage nicht liefert, muss Weber Strom zukaufen.
800.000 Euro – lohnt sich das?
Das Ergebnis: Heu, fast so grün wie frisches Gras, mit nahezu vollständig erhaltenen Pflanzen, staubfrei und ohne Schimmelsporen. Und vor allem: Mit Inhaltsstoffen, die denen von Kraftfutter nahekommen. Kraftfutter, das sind energiereiche Getreide- oder Sojamischungen mit entsprechenden Zusätzen, die der Kuh die nötige Energie für die Milchproduktion liefern. Trotzdem: Rund 800.000 Euro hat die Trocknungshalle von Daniel Weber gekostet. Eine riesige Investition, nur um seinen 60 Kühen gutes Futter zu servieren. Rechnet sich das?
Mehr Milch mit weniger Kraftfutter
Stefan Thurner von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft hat das im Forschungsprojekt "Heimisches Eiweiß" untersucht. "Solches Premiumheu aus Trocknungsanlagen ist hochwertiges Eiweißfutter", sagt Stefan Thurner. "Wenn wir das mit der Welternährung ernst nehmen, müssen wir mehr Milch aus dem Grundfutter, also aus Gras, erzeugen und weniger Getreide und Soja einsetzen." Rund 20 Liter am Tag geben Webers Kühe mit dem Grundfutter aus Gras und Heu. Nicht viel im Vergleich zu Hochleistungskühen, die bis zu 60 Liter Milch am Tag geben, die aber eben auch völlig anders gefüttert werden.
Milch der Zukunft?
"Die Heumilchgewinnung ist ein grundfutterbasiertes System. Aus meiner Sicht ist das auch die Zukunft der Milcherzeugung", sagt Stefan Thurner. Landwirt Daniel Weber nimmt in Kauf, dass er für sein Premiumheu viel Geld investieren musste. Aber für den Bau solcher Heutrocknungsanlagen gibt es Förderungen durch das bayerische Sonderprogramm Landwirtschaft und ein Bundesförderprogramm für Energieeffizienz in der Landwirtschaft. Seine Kühe lieben ihr Futter jedenfalls und danken es mit einer hohen Lebensleistung – viele Tiere im Stall sind zehn Jahre und älter.
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