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Sozialer Wohnungsbau: "Müssen Feuerwerk zünden"

Sozialer Wohnungsbau: "Müssen Feuerwerk zünden"

Auf dem Wohnungsbautag diskutiert ein breites Bündnis aus Industriellen, Gewerkschaft und Mietern über den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Gelobt wird das klare Bekenntnis zum sozialen Wohnungsbau – gleichzeitig fehle aber noch einiges.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Bezahlbares Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit". So steht es im frisch verhandelten Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Ein wichtiges Zeichen, finden die Spitzen aus Bauindustrie- und Gewerkschaft sowie dem Deutschen Mieterbund. "Darauf lässt sich aufbauen", ordnet Dietmar Walberg die Ziele der neu zu bildenden Regierung ein. Er ist Professor am Wohnungsbau- und Bauforschungsinstitut ARGE in Kiel, das der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung untersteht.

"Die Zahlen fehlen natürlich", schränkt Walberg aber direkt ein. Zahlen hat der Koalitionsvertrag in Sachen Wohnungsbau vor allem zwei: 400.000 Wohnungen wolle man jährlich bauen, darunter 100.000 öffentlich gefördert. Das Ziel war exakt so bereits im Ampel-Koalitionsvertrag formuliert worden - und wurde in jedem Jahr deutlich verfehlt.

Studie: Mehr als 550.000 Wohnungen fehlen in Deutschland

Zahlen hat Dietmar Walberg zum Wohnungsbautag selbst reichlich viele mitgebracht, insbesondere um die Notlage am Mietmarkt aufzuzeigen: Einer Studie seines ARGE-Instituts zufolge fehlen in Deutschland mehr als 550.000 Wohnungen. Die Menschen wohnen nämlich immer häufiger zu eng: Im vergangenen Jahr lebten 11 Prozent in überbelegten Wohnungen. Für Armutsgefährdete gilt, dass mehr als jeder Fünfte in einer zu kleinen Wohnung lebt. Auch Haushalte mit Kindern sind besonders häufig betroffen.

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Der Wohnungsbedarf in Deutschland wächst rasant

Wann eine Wohnung laut Definition überbelegt ist, hängt von mehreren sozialen Faktoren ab, für Erwachsene gilt die Faustregel "Ein Zimmer pro Person" als Mindeststandard. Doch der Trend der Überbelegung steigt. "Es wird immer kleiner gebaut, vor allem in den Städten", erklärt Walberg, was wiederum Folgekosten für alle erzeuge: "Wenn junge Familien aus Geldnot in die Vororte ziehen, dann muss dort die Infrastruktur massiv ausgebaut werden und wir erzeugen insgesamt noch höhere Emissionen."

Bauwirtschaft: Mehrwertsteuer runter

Für bezahlbares Wohnen zu sorgen, gehe demnach alle in der Gesellschaft an: "Wohnen ist ein Grundrecht, Sie können ja nicht nicht wohnen." Dahinter steckt laut Walberg auch ein nicht unerheblicher Wirtschaftszweig: "Die Bauindustrie mit allem Drum und Dran ist noch größer als die Automobilbranche in Deutschland, sie ist ein guter Indikator für die Konjunktur im Land."

Nur wird wenig gebaut, vor allem im Niedrigpreissegment. Man könne inzwischen kaum mehr für einen Mietpreis unter 17,50 € pro Quadratmeter rentabel bauen. Die Industrievertreter machen vor allem die gestiegenen Baukosten dafür verantwortlich - und wollen genau dort ansetzen. Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Wohnungsunternehmen konkretisiert: "Wir zahlen für jeden Stein, für jede Schraube und für jeden Nagel 19 Prozent Mehrwertsteuer. Und da ist ein sofort hebbares Potenzial zur deutlichen Absenkung von Baukosten."

Förderungen vereinfachen

Die Industriellen schlagen zudem den günstigen Gebäudetyp E vor, der in Modellprojekten unter anderem in Bad Aibling erprobt wird. Durch einfachere Standards unter anderem bei der Wanddicke werde material- und klimaschonender gebaut. Die Niederlande seien hier ein großes Vorbild.

Geld in die Hand nehmen müsse die Bundesregierung in jedem Fall, allerdings mit Plan und Priorisierung. Bislang käme eine staatliche Bauförderung vor allem für Projekte, die nach Topstandard gebaut werden, kritisieren die Vertreter. "Wichtig ist, dass man wirklich sagt: Gefördert wird nur noch das, was Mindeststandards realisiert und nicht mehr die Wünsch-dir-was-Tüte, wo noch hier und da was gefördert wird", so Bauforscher Walberg. Dazu müsse die Förderung vereinfacht und die 16 Landesbauordnungen einheitlicher werden, um das Bauen in Serie günstiger zu machen.

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