Das noch im Bau befindliche Strafjustizzentrum in München verschlingt Millionen Euro.
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Das noch im Bau befindliche Strafjustizzentrum in München verschlingt Millionen Euro.

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"Fässer ohne Boden": Diese Fälle zeigt das Steuer-Schwarzbuch

"Fässer ohne Boden": Diese Fälle zeigt das Steuer-Schwarzbuch

Laut Bund der Steuerzahler werden in Bayern jährlich bis zu acht Milliarden Euro Steuergelder verschwendet. Im diesjährigen Schwarzbuch kommen ein Justizgebäude in München und das Staatstheater in Augsburg extrem teuer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Bund der Steuerzahler hat wieder seine Liste der öffentlichen Verschwendung von Steuergeldern präsentiert. Im "Schwarzbuch 2025/26" [externer Link] führt der Verband 100 neue Beispiele für den aus seiner Sicht besonders sorglosen Umgang mit Geld auf. Das Schwarzbuch soll mittelfristig zu einem politischen Umdenken verhelfen, damit das Geld der Bürgerinnen und Bürger nicht verschwendet wird. Wie jedes Jahr gehören Baukostenüberschreitungen zu den häufigsten und kostspieligsten Fällen von "Steuergeldverschwendung".

Die absurdesten Fälle aus dem neuen Schwarzbuch analysiert BR24 mit Maria Ritch vom Bund der Steuerzahler und klärt die Frage, ob hinter den Fällen nur schlechte Planung oder ein Systemproblem steckt. Außerdem ordnet Beschaffungsexperte Prof. Dr. Robert Müller-Török ein, was in Zukunft besser laufen könnte um Steuergelder bei der Vergabe und Ausschreibung zu sparen. Das Video finden Sie oben eingebettet über diesem Artikel.

München: Unvorhergesehene Baukostenüberschreitungen

An erster Stelle steht in diesem Jahr das neue Strafjustizzentrum in München. Schon seit rund zehn Jahren wird daran gebaut. Die Kosten für das ehrgeizige Projekt hätten sich immer wieder erhöht, heißt es im Schwarzbuch. War man zunächst von rund 240 Millionen Euro Baukosten ausgegangen, seien es aufgrund von Material- und Lieferengpässen bereits jetzt 340 Millionen Euro, und es ist davon auszugehen, dass sich die Bausumme am Ende auf knapp 400 Millionen Euro belaufen wird.

Vor kurzem wurde bekannt, dass gepanzerte Transportwagen für Angeklagte, die zu Strafgerichtsprozessen gefahren werden, nicht in die Tiefgarage passen. Die Zufahrt sei schlicht zu schmal gebaut worden. "Schlampige Planung" sei das und "fast schon ein Schildbürgerstreich", so Maria Ritch, die Vizevorsitzende des Bundes der Steuerzahler in Bayern.

"Fass ohne Boden" auch in Augsburg

Auch Augsburg besitze seit Jahren "ein Fass ohne Boden", heißt es in dem Bericht. Dort ist es das Staatstheater, das Millionen verschlingt. Aktuell geht man unterm Strich von einer Summe von bis zu 417 Millionen Euro aus, weit mehr als doppelt so viel wie ursprünglich kalkuliert. Wie in allen aufgeführten Fällen nennt das Schwarzbuch auch hier Zahlen, Daten und Gründe für die Misere.

Immer wieder entsteht ein schwer durchschaubares Wimmelbild aus Lieferengpässen, gestiegenen Baupreisen oder dem Wechsel der Planer und Architekten, was in Summe zu einer "Baukostenexplosion" geführt hätte.

Verrückte Mehrkosten auch anderswo in Bayern

  • Marktgemeinde Wiesau: Dass auch im Landkreis Tirschenreuth mit hohen Kostensteigerungen gerungen wird, zeigt das Beispiel eines alten Bahnhofsgebäudes, das für 16 statt 8 Millionen Euro saniert wird – und kurz nach der Eröffnung schon Feuer gefangen hat.
  • Aus Bayreuth ist das Friedrichsforum in die Kritik geraten. Die Sanierung der ehemaligen Stadthalle in ein modernes Kultur- und Veranstaltungszentrum sorgt seit Jahren für Schlagzeilen. Mit 56 Millionen Euro gingen die Planungen los. Jetzt sind es 110 Millionen.
  • Im Landkreis Hof stößt der Bau zweier Fußgängerbrücken dem Bund der Steuerzahler sauer auf. Über das Höllental soll die weltweit längste freigespannte Fußgängerbrücke gebaut werden, um den Tourismus anzukurbeln. Das sei nur zu hoffen, urteilt der Bund der Steuerzahler – denn statt der ursprünglich geplanten 12 Millionen Euro, sind die Kosten mittlerweile schon auf mindestens 42,1 Millionen Euro gestiegen.
  • In Aschaffenburg ist der barrierefreie Aufzug vom Mainufer in die Altstadt deutlich teurer geworden als geplant: statt knapp 2 Millionen Euro hat er am Ende fast 4 Millionen gekostet. Begründet wird auch das mit teuren Rohstoffen, Lieferproblemen und Umplanungen beim Bau.
  • In Ochsenfurt hat eine neue Buswendeschleife zunächst nicht funktioniert – die Busse kamen an einem Fahrradunterstand nicht vorbei. Der musste für rund 24.000 Euro versetzt werden.

Lage allgemein nicht verbessert

Nach Einschätzung der Vizevorsitzenden des Bunds der Steuerzahler in Bayern hat sich die Lage insgesamt nicht verbessert. Steuergelder würden nach wie vor "landauf, landab zum Fenster hinausgeworfen", so Maria Ritch.

Während private Bauherren bei hohen Kostensteigerungen in der Regel schnell reagieren müssten, um Einsparungen vorzunehmen, sei das bei der öffentlichen Hand allzu häufig nicht der Fall. Schon vor Beginn einer Baumaßnahme sollten öffentliche Auftraggeber deshalb einen realistischen "Risikopuffer" einbauen, falls die Kosten unvorhersehbar steigen sollten, dann würden "klarere Verhältnisse bestehen."

Steuergeldverschwendung als Straftatbestand?

Wenig Hoffnung hat der Bund der Steuerzahler, dass Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und staatliche Bestrebungen, insgesamt effizienter und kostengünstiger zu bauen, einen positiven Effekt haben könnten. Bei den zuletzt durchgeführten Recherchen habe man davon jedenfalls nichts bemerkt.

Auch von "sparsamerer Haushaltsführung" aufgrund der allgemein sehr angespannten Lage der öffentlichen Haushalte sei nichts zu merken. Um den Umgang mit Steuergeld in vernünftigere Bahnen zu lenken, rät der Bund der Steuerzahler zu einem drastischen Mittel: Steuergeldverschwendung müsse genauso bestraft und geahndet werden wie Steuerhinterziehung. Beides sei "gleichermaßen sozial schädlich". Das Schwarzbuch erscheint seit 1972 und versteht sich nach Angaben des Steuerzahlerbunds als "Mahnmal gegen Verschwendung öffentlicher Mittel".

Im Audio: Schwarzbuch zeigt Steuerverschwendung

Staatstheater Augsburg während der Umbau- und Bauarbeiten, mit auffälligem Banner.
Bildrechte: picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer
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Staatstheater Augsburg während der Umbau- und Bauarbeiten, mit auffälligem Banner.

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