Die Ansage von Ed Bastian war klar: Der Chef der US-Fluggesellschaft Delta Air Lines hatte erklärt, man werde keine Flugzeuge des europäischen Herstellers Airbus abnehmen, wenn dafür hohe Zollzahlungen fällig würden. Das mache die Flieger so teuer, dass sie kaum wirtschaftlich zu betreiben seien. Umgekehrt wäre es für europäische Airline-Gruppen wie die Lufthansa eine enorme Belastung, hohe Zölle auf Maschinen des US-Konzerns Boeing zu bezahlen.
Deswegen sucht man auf beiden Seiten des Atlantiks in den verschiedensten Branchen nach Tricks, um das Zoll-Dilemma zu umgehen. Besonders kreativ ist man in der Luftfahrt. Schließlich sind die Margen der Fluggesellschaften niedrig und gleichzeitig die Flugzeuge so teuer, dass jeder Zoll-Prozentpunkt eine Millionenzahlung bedeutet.
Aus neu mach alt – Der Trick mit "gebrauchten" Flugzeugen
Delta Air Lines setzt bei der Suche nach einem Zoll-Schlupfloch auf eine Taktik, die sich bereits in den Jahren der ersten Trump-Regierung bewährt hatte: Aus neu mach alt. Die Fluggesellschaft verwandelt nagelneue Jets durch eine Formalie in Gebrauchtflieger. So holte das Unternehmen Anfang Mai eine brandneue Langstreckenmaschine vom Typ A350-900 bei Airbus in Toulouse zwar ab. Dann aber begann eine ungewöhnliche Reise, so das renommierte Luftfahrtportal Aero.de (externer Link).
So entfiel der übliche direkte Überführungsflug aus Frankreich in die USA. Stattdessen ging es zunächst nach Tokio, was Delta als kommerziellen Flug deklarierte. Damit war der Airbus beim anschließenden Weiterflug in die USA formal nicht mehr neu, es fielen keine entsprechenden Zölle an. Damit dieser Trick funktioniert, muss Delta allerdings einige Auflagen beachten. So erklärte das Unternehmen in der Vergangenheit, man setze entsprechende Maschinen nur im internationalen Verkehr ein und nicht auf Strecken innerhalb der USA. Offen ist, ob und wie lange die US-Behörden dieses Schlupfloch akzeptieren.
Lufthansa-Jets werden zu Schweizern
Vor der umgekehrten Herausforderung steht man bei der Lufthansa-Gruppe. In den kommenden Monaten und Jahren soll der Konzern dutzende von Langstreckenjets aus dem Hause Boeing erhalten. Die Maschinen sind zum Teil schon fertig montiert, stehen aber noch beim Hersteller in den Vereinigten Staaten, da Zulassungen für die Sitze fehlen.
Da die EU als Gegenmaßnahme auf Trumps Zölle eigene Strafabgaben auch auf US-Flugzeuge vorbereitet, drohen der Lufthansa binnen weniger Monate Zusatzzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. Deswegen denkt man bei den Frankfurtern darüber nach, die neuen Boeing-Maschinen aus den USA zunächst nicht nach Deutschland zu bringen, sondern in der Schweiz zu registrieren, etwa bei der Tochter Swiss. Damit würden die von der EU angedrohten Zölle auf US-Flugzeuge vermieden, denen sich die Schweiz nicht anschließen will.
Apple und der Elefant
Besonders stark vom Zollkonflikt betroffen ist derzeit der Handel zwischen China und den USA. Das belastet auch große US-Konzerne wie Apple. Das Unternehmen lässt bisher den Großteil seiner Produkte in China herstellen. Nun stellt Apple seine Produktion breiter auf. Anders als von Präsident Donald Trump angestrebt, lässt der Konzern aber Geräte wie das iPhone auch künftig nicht in den Vereinigten Staaten herstellen. Apple setzt stattdessen auf ein riesiges, neues Werk in Indien.
Unter dem Projektnamen "Elephant" entsteht derzeit unter Hochdruck eine 1,2 Millionen Quadratmeter große Fabrikanlage in der IT-Metropole Bangalore. Indien ist für den Konzern deswegen als Standort attraktiv, weil die US-Regierung das Land als Partner für sich gewinnen will und deshalb mit Zolldrohungen weitgehend verschont. Deswegen erwarten Experten, dass auch chinesische Hersteller verstärkt auf Produktionsstandorte in Indien setzen könnten, um Strafzöllen zu entgehen. Dadurch verlagert sich dann Produktion, aber eben nicht in die USA.
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