Um zu verstehen, welche Probleme die neuen US-Zölle für die bayerische Wirtschaft darstellen, reicht ein Blick zu Krones. Das Unternehmen in der Oberpfalz stellt unter anderem Abfüllanlagen für Getränkehersteller her. Diese Maschinen, die automatisch Bier oder Cola in Flaschen pumpen und diese verschließen, sind riesige Ungetüme mit 20 Metern Länge oder mehr. Sie bestehen aus zigtausend Teilen, viele davon sind aus Stahl oder Aluminium.
Welche Schraube ist aus Stahl, welche aus Plastik?
Krones hat wichtige Kunden in den USA, exportiert also seine Maschinen auch dorthin. Aber fallen sie nun unter die neuen Stahl- und Aluminium-Zölle? Um diese Frage mit den US-Zollbehörden zu klären, muss im Prinzip jede Schraube dokumentiert werden – eine Sisyphusarbeit.
Man müsse wissen, welche Zollnummer für welches Bauteil heute gerade gelte, sagt Unternehmenssprecherin Anne-Kathrin Bräu. Das koste enorm viel Zeit. Immerhin: Falls Zoll anfällt, kann Krones den an seine Kunden weiterreichen. Steht so in den Verträgen.
Bayern-Stahl für das neue World Trade Center
Etwas anders gelagert ist der Zoll-Fall bei Bayern letzten Stahl-Unternehmen. Davon gibt es noch zwei: die Lechstahlwerke in Meitingen bei Augsburg und die Annahütte im Landkreis Berchtesgadener Land. Beide gehören zur Gruppe des Unternehmers Max Aicher.
Der Konzern ist Ziel von Trumps neuen Zöllen. Welche Auswirkungen diese konkret haben, dazu will sich die Unternehmensführung nicht äußern. Auch zur Frage, wie groß der Anteil der Produktion ist, der in die USA exportiert wird, schweigt man. Klar scheint aber, die beiden Unternehmen sind unmittelbar betroffen. Aicher hat in der Vergangenheit zum Beispiel am neuen World Trade Center in New York mitgebaut.
Stahl-Verkäufe in die USA werden unrealistisch
Was passiert mit den Geschäften, angesichts der neuen Zölle? Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft hat das anhand eines simplen Beispiels durchgespielt. Für Rohre aus Aluminium im Wert von 1.000 US-Dollar musste vor Trump nur der sogenannte "Allgemeine Meistbegünstigungs-Zollsatz" von 5,7 Prozent bezahlt werden.
Heißt: 57 Dollar Zollkosten. Seit dem 12. März kommen 25 Prozent obendrauf, macht 307 Dollar. Und jetzt mit den neuen 50 Prozent güterspezifischen Zusatzzöllen "würden wir von Kosten von insgesamt 557 US-Dollar bei Einfuhr in die USA sprechen", so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Damit wird Aluminium und Stahl aus Europa in den USA viel zu teuer.
Wird nun bayerischer Stahl in den USA produziert?
Der bayerische Max-Aicher-Konzern hat auch in den USA eigene Niederlassungen. Um Stahl künftig zollfrei in den Staaten verkaufen zu können, müsste der aus den Werken vor Ort kommen. Der Druck, die US-Standorte auszubauen, dürfte also enorm zunehmen. Und so stellt sich eine andere Frage: Wie viele der aktuell rund 1.400 Arbeitsplätze in Bayerns letzten Stahl-Unternehmen bleiben bestehen?
Ein 500 Jahre dauernde Tradition
Die Stahlproduktion im Freistaat hat eine lange Tradition. Die Annahütte bei Freilassing wurde bereits 1537 gegründet. Die offizielle Erlaubnis zur Förderung und Verarbeitung von Eisenerz durch den Salzburger Fürsterzbischof Matthäus Lang von Wellenburg ist auf der Unternehmens-Website zu sehen. 1975 schlitterte die Annahütte in den Konkurs und wurde vom Unternehmer Max Aicher übernommen.
Herzstück der Stahlproduktion in Bayern war lange Zeit ein anderes Unternehmen: die Maxhütte. Der Konzern bei Sulzbach-Rosenberg beschäftigte zu Hochzeiten über 9.000 Mitarbeiter. Nach zwei Konkursen wurde der Betrieb um die Jahrtausendwende eingestellt. Übrig geblieben ist lediglich ein Rohrwerk, das ebenfalls von Aicher aufgekauft wurde. Die Zukunft der bayerischen Stahlproduktion liegt seitdem allein in der Hand des mittlerweile 91-jährigen Aicher.
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