Karin hat Hunger. Das wenige Wochen alte Eichhörnchen wurde am Vortag von Spaziergängern im Wald gefunden. Von der Mutter fehlt jede Spur. Deswegen lebt das kleine Nagetier gerade bei Bianca Egelkraut, die in ihrem Zuhause bei Bayreuth eine Auffangstation für Eichhörnchen betreibt.
Allein im vergangenen Jahr hat sie 26 Eichhörnchen aufgepäppelt. "Wenn es irgendwann zu viel wird, muss ich einen Aufnahmestopp machen", sagt die 28-Jährige. Aber so weit sei es bis jetzt noch nicht gekommen.
Futter für Eichhörnchen darf nicht zu heiß sein
Bis Karin etwas zu fressen bekommt, muss erst einmal das Futter zubereitet werden. Für Bianca Egelkraut heißt das: Fencheltee kochen. Der ist gut für den Magen und wird mit einem Löffel Milchpulver gemischt. Danach misst Bianca Egelkraut die Temperatur der Nahrung. Die darf höchstens 35 Grad betragen. "Wenn es zu heiß ist, verbrühen sie sich", sagt die Eichhörnchenflüsterin und bereitet das Futter am Küchentisch vor, auf dem Karin in einer Tierbox steht.
Im März bekommen Eichhörnchen in der Regel Nachwuchs. Bis August bekommt Bianca deshalb besonders viele Nager – zum Beispiel von Spaziergängern oder Tierärzten. Die Tierliebhaberin betreibt die Auffangstation ehrenamtlich. Das Wissen über die Nager hat sie sich bei Seminaren auf Tierakademien angeeignet.
Veterinäramt erhält Bericht der Auffangstation
Das Ehrenamt fordert nicht nur Theorie, sondern auch ein bisschen Bürokratie: Einmal im Jahr reicht Bianca einen Bericht an das Veterinäramt ein. Darin steht, wie viele der Tiere sie aufgenommen hat und wie sich der Bestand entwickelt hat. Würden die Zahlen den Verdacht nahelegen, dass gegen das Tierschutzgesetz verstoßen wird, würde die Behörde eingreifen.
Bei Bianca Egelkraut sei das nicht nötig. Rund 95 Prozent der Tiere würde sie nach eigenen Schätzungen wieder fit für die Natur machen. Sie übernimmt die Aufgaben, die normalerweise die Eichhörnchen-Mutter macht. Immer wenn die Nager Hunger kriegen, muss Bianca zur Flasche greifen – auch nachts. "Meistens muss ich dann um 1 Uhr aufstehen. Und dann wieder um 4."
Inzwischen hat der gemischte Tee die richtige Temperatur, Karin bekommt endlich ihr Futter. Um die Verdauung anzuregen, bekommt das Eichhörnchenbaby noch eine Bauchmassage. In zweieinhalb Stunden hat Karin vermutlich wieder Hunger.
Eichhörnchenauffangstation ist froh über Spenden
Das Anstrengendste sei es, den Tagesablauf nach den Eichhörnchen zu regeln. "Spontan in den Urlaub fahren, ist nicht drin", sagt Egelkraut, die angesichts des finanziellen Aufwands für die Tiere froh über Spenden ist. Egal ob Futter, Arztkosten oder Desinfektionsmittel für die Tierboxen – pro Eichhörnchen fallen monatlich etwa 70 Euro an laufenden Kosten an. Für Bianca ist die Auffangstation aber ein Herzensprojekt. "Die geben einem so viel zurück, wenn man sie rettet. Weil sie gar nicht so weit gekommen wären, wenn sie mich nicht gehabt hätten."
Seit acht Jahren betreibt Bianca Egelkraut die Auffangstation. Rund 200 Eichhörnchen hat sie seitdem aufgepäppelt. Neben den vier Tieren, die in ihrer Wohnung leben, beherbergt Bianca zurzeit vier ältere Eichhörnchen. Für sie hat sie extra eine Voliere gebaut. Einmal pro Tag schaut Bianca zum Futterauffüllen in dem Käfig vorbei. Wenn die Tiere etwa 20 Wochen alt sind, lässt Bianca Egelkraut die Tiere zurück in die Natur.
Auffangstation für Eichhörnchen
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