Abgeordneter mit Baskenmütze im Deutschen Bundestag
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Marcel Bauer, Linke, wird des Saales verwiesen, weil er seine Kopfbedeckung nicht abnehmen wollte.

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Dresscode im Landtag: Mützen und Sneaker für Abgeordnete?

Dresscode im Landtag: Mützen und Sneaker für Abgeordnete?

Weil er eine Baskenmütze trug, musste der Linken-Abgeordnete Marcel Bauer den Plenarsaal des Bundestags verlassen. Ob Mütze oder Turnschuhe: Der Dresscode in Parlamenten ist öfter Diskussionsthema. Was gilt im Bayerischen Landtag?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Bild vom Amtseid Joschka Fischers 1985 im hessischen Landtag ging um die Welt. Aber nicht nur, weil zum ersten Mal ein Grüner Umweltminister eines Bundeslandes wurde, sondern weil Fischer mit weißen Turnschuhen zu seiner Vereidigung erschienen war. Vor 40 Jahren eine bewusste Provokation und ein mittlerer Skandal. Heute steht das Schuhpaar von Nike im Museum. 13 Jahre später, als Fischer Bundesaußenminister wurde, trug er einen feinen Dreiteiler. Zeiten ändern sich.

Kein Dresscode-Gesetz für den bayerischen Landtag

Auf die Frage, welche Kleiderordnung für den bayerischen Landtag gelte, antwortet die Sprecherin von Parlamentspräsidentin Ilse Aigner (CSU) zunächst knapp: "keine". Dann aber führt sie aus: Am Ende gehe es um die "Würde des Hauses". Das ist der Kernsatz für alle Mode-, Dresscode- und Stilfragen im Parlament, in Bayern und anderswo.

Grundlage seien die Hausordnung und die Geschäftsordnung des Bayerischen Landtages. Konkret bedeutet das, es gibt weder einen Krawattenzwang noch ein Verbot, ein Baseball-Cap zu tragen. Ob also ein Outfit der Würde des Hauses entspricht, entscheidet im Einzelfall das Landtagspräsidium. Der Begriff "angemessene Kleidung" dürfte dabei ausschlaggebend sein.

Mehr Strenge bei verfassungsfeindlichen Symbolen

Weitaus strenger behandelt der Bayerische Landtag Outfits, die die Träger mit einer politischen Botschaft kombinieren. So sind laut Landtagsverwaltung bestimmte Marken, die eindeutig der rechtsextremen Szene zugeschrieben werden, oder Shirts mit verfassungsfeindlichen Aufschriften untersagt, sofern sie "zum Beispiel auf Grund der Größe und Art und Weise geeignet sind, auf den Sitzungsverlauf Einfluss zu nehmen".

So wurden im April 2021 zehn Mitglieder der AfD-Fraktion gerügt, weil sie Transparente mit politischen Botschaften im Plenarsaal angebracht hatten. Beispiele für entsprechende Symbole, Schilder, Sprüche oder Kleidungsstücke möchte die Landtagssprecherin nicht nennen. Offensichtlich will die Landtagsverwaltung keine Vorlage für Provokationen geben.

Bei Verstößen hat das Landtagspräsidium eine breite Palette von Maßnahmen zur Verfügung. Sie reicht von Ordnungsrufen bis hin zu einem Sitzungsausschluss. Am Anfang könne aber ein Appell oder eine formlose Aufforderung stehen – wie in Momenten, wenn ein Abgeordneter sich leicht im Ton vergreift.

Mode im Wandel der Zeit - auch in den Parlamenten

Die Kriterien ändern sich jedenfalls im Lauf der Zeit. Als die SPD-Abgeordnete Lenelotte von Bothmer 1970 im Hosenanzug den Plenarsaal des Bonner Bundestags betrat, reagierte nicht nur Bundestagsvizepräsident Richard Jaeger (CSU) höchst empört: Niemals werde er eine Frau in Hose ans Rednerpult lassen! Bothmer wurde in Schmähbriefen als "würdeloses Weib" beschimpft.

Wegen einer Hose regt sich heute keiner mehr auf. Und wegen eines Dirndls? Darin erschien die heutige Forschungsministerin Dorothee Bär (CSU) 2014 im Bundestag. Die Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl bescheinigte Bärs Outfit, es sei für Bayern "ok", aber überall anders "rückständig" (externer Link). Bär bombardierte daraufhin regelrecht das Netz (externer Link) mit Fotos bayerischer Grünen-Politikerinnen im Dirndl. Der Punkt ging an sie.

Trikot am Tag des Finales? Vielleicht.

Als Bär 2015 im Bundestag demonstrativ ein Bayern-Trikot trug, weil der FC Bayern tags zuvor gegen den FC Barcelona in der Champions-League mit 0:3 untergegangen war, legte Alexander Ulrich von der Linksfraktion Beschwerde ein. Es sei ihm nicht um den FC Bayern gegangen, sondern um den Sponsor, die Telekom. Selbst Abgeordnete der Linksfraktion sprangen Bär damals zur Seite.

Für den Bayerischen Landtag will die Landtagsverwaltung keine allgemeingültige Antwort geben, ob Abgeordnete beispielsweise am Tag eines großen Finales im Trikot ihrer Mannschaft erscheinen könnten. Ein Augenzwinkern ist jedoch dabei, wenn es heißt, das Präsidium habe "stets die Verhältnismäßigkeit und die Umstände der konkreten Situation im Blick".

Bei der Fußball-EM im vergangenen Jahr war Landtagspräsidentin Aigner jedenfalls offen für ein Trikot, sofern es unter Blazer oder Jacke getragen werde. Erschienen ist jedoch kein Abgeordneter im Trikot. Vielleicht auch deshalb, weil die Nationalmannschaft es nicht ins Finale schaffte.

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