Nässer ist besser – der Leitspruch aller Moorschützer. Denn wenn man Moorböden, die durch Gräben und unterirdische Rohre entwässert werden, wieder nass macht, kann man Klimaschutz betreiben, der günstiger, effizienter und schneller ist als in anderen Bereichen der Landwirtschaft. Entwässerte Moore setzen nämlich große Mengen CO2 frei.
Das Bayerische Moorbauernprogramm
Im Jahr 2018 hat die Staatsregierung den Masterplan Moore beschlossen, seit knapp zwei Jahren honoriert sie die Wiedervernässung von Moorböden im Rahmen des sogenannten Moorbauernprogramms. Wer eine Moorfläche wiedervernässen lässt und darauf Sumpfgräser anbaut, bekommt zwölf Jahre lang 2.200 Euro pro Hektar und Jahr. Bundesweit die höchste Förderung im Moorschutz.
Annette Freibauer von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), die das Programm maßgeblich mit erarbeitet hat, sagte zum Programmstart im Dezember 2023: "Natürlich wird man erst mal die ganzen Abläufe üben müssen, dass das funktioniert. Aber ich halte es insgesamt für ein sehr attraktives Programm".
"Noi", "Noi", "Noi": Die Allgäuer Jungbauern sind sich einig
Die Bauern sehen das offensichtlich anders. Bis Ende Oktober hat sich nach Auskunft der Landesanstalt für Landwirtschaft noch kein Landwirt gemeldet, der eine Moorfläche wiedervernässen lassen will. Obwohl es immer wieder auch Infoveranstaltungen gibt. Zum Beispiel Mitte Oktober im Allgäu. Die Landwirtschaftsschüler aus Kaufbeuren haben Anwesenheitspflicht. Bei einer Umfrage findet sich keiner, der sich überlegt, ob er eine Moorfläche wiedervernässen lassen will. Alle sagen "noi". Warum? Die Antworten ähneln sich: "Wir machen alle Milchwirtschaft, wir brauchen die Flächen, weil wir machen Intensiv-Landwirtschaft."
Entwässerte Moorböden verlieren an Substanz
Doch die Moorböden werden über kurz oder lang nicht mehr so nutzbar sein wie heute, auch wenn man sie nicht wiedervernässt. Moorforscher haben herausgefunden: Ein Viertel der landwirtschaftlich genutzten Moorböden in Bayern wird spätestens in 15 Jahren so weit zersetzt sein, dass die Landwirte auf Kies oder auf Grundwasser stoßen. Denn es ist bewiesen, so Professor Matthias Drösler vom Peatland Science Centre (PSC), dem Moorforschungszentrum in Freising: Bei einem entwässerten Moorboden gehen jedes Jahr ein halber bis vier Zentimeter Boden verloren.
Und bis dahin wird ein Hektar entwässerter Mooracker jährlich so viel Treibhausgase freisetzen wie sechs Durchschnittsbewohner Bayerns mit allem: Heizung, Auto, Urlaub, Schnitzel-Essen und Silvester-Feuerwerk. Optimal für das Klima ist ein Wasserstand eine Handbreit unter der Bodenoberfläche.
Moorbauernprogramm: Zum Teil hohe Hürden
Aber das Moorbauernprogramm stößt auch wegen hoher Anforderungen auf Ablehnung. Das erzählt Jochen Krauß. Der Landwirt aus Günzburg hat Flächen im schwäbischen Donaumoos. Ein Hektar davon hat er bereits seit 2019 für ein Forschungsprojekt wiedervernässen lassen. Seit 2023 sind die Wehre wieder auf, das Wasser fließt ab. Und selbst diese Fläche kann er nicht ohne weiteres fürs Moorbauernprogramm anmelden. Es gibt noch zu viele Hürden. Seiner Aussage nach müsste er ein hydrologisches Gutachten in Auftrag geben, obwohl die Fläche schon wiedervernässt war, und würde auch nicht für die ganze Fläche die Prämie bekommen. Außerdem seien Haftungsfragen noch nicht geklärt für den Fall, dass bei den Grundstücksnachbarn ungewollt auch der Wasserspiegel steige.
Verwertung von Sumpfgräsern: Gute Perspektive, aber wenig Fortschritte
In wiedervernässten Mooren kann man keine Kartoffeln und keinen Mais anbauen. Jochen Krauß baut auf seinem Feld Rohrglanzgras und Seggen an, das sind Sumpfgräser. Sie eignen sich als Rohstoff für die Papier- und Dämmstoffherstellung und zum Beispiel für Bauplatten. Das haben Versuche im Labormaßstab gezeigt. Doch solange die Sumpfgräser nur auf Versuchsflächen angebaut werden, wird auch keine Verarbeitung im großen Stil in die Gänge kommen. Noch ein Punkt, an dem es beim Moorschutz gerade nicht weiter geht. Trotzdem setzen sich die Moorschützer wie Annette Freibauer von der Landesanstalt für Landwirtschaft weiter für die Wiedervernässung ein: "Wir sind jetzt aber an einem ganz spannenden Moment, wo man so den Übergang von den Pionieren in die Fläche hinkriegen muss. Und das ist immer ein ganz empfindlicher Moment."
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Dieser Artikel ist erstmals am 05.11.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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