Abgase kommen aus dem Auspuff eines Autos. Mercedes-Benz ist eines von 24 Unternehmen, die der CCRM-Report 2023 genauer ins Visier genommen hat. Der Corporate Climate Responsibility Monitor 2023 untersucht, wie ernst den Unternehmen ihre Klimaversprechen sind.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marijan Murat
Audiobeitrag

Wie ernst sind den Unternehmen ihre Klimaversprechen? Das untersuchte der Corporate Climate Responsibility Monitor 2023.

Audiobeitrag
> Wissen >

Klimaziele: Wie Unternehmen den "Klimavorreiter" vortäuschen

Klimaziele: Wie Unternehmen den "Klimavorreiter" vortäuschen

Einmal im Jahr untersucht der Corporate Climate Responsibility Monitor die Klimaziele von 24 führenden Unternehmen weltweit und prüft deren Glaubwürdigkeit. Geringe oder sehr geringe Integrität - das ist das häufigste Ergebnis.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Auch vier deutsche Unternehmen sind unter den zwei Dutzend, die das NewClimate Institute und Carbon Market Watch im Corporate Climate Responsibility Monitor 2023 (CCRM 2023) untersucht haben: Deutsche Post DHL, Mercedes-Benz, ThyssenKrupp und Volkswagen. Ziel der Studie ist, echtes Engagement für Klimaschutz von reinem Greenwashing abzugrenzen. Das Ergebnis: Am echtem Engagement mangelt es weiterhin.

Klimaneutralität: Unternehmensziele werden nicht umgesetzt

Dem Bericht zufolge klafft bei der Mehrzahl der untersuchten Unternehmen eine große Lücke zwischen den präsentierten Klimaschutzzielen und dem damit erreichbaren Klimaschutz. Im CCRM wird das als geringe oder sehr geringe Integrität bezeichnet. Gemeint ist, dass Unternehmen zwar "wohlklingende" Ziele zur Klimaneutralität bewerben, aber ihren Ausstoß an Treibhausgasen tatsächlich aber viel zu wenig mindern.

Statt der nötigen 43 Prozent würden sich die CO2-Emissionen nur um durchschnittlich 15 bis 21 Prozent verringern, erläutert Thomas Day, der Hauptautor des Berichts.

Klima-Versprechen ungenügend für das 1,5 Grad-Ziel

Die gesamte tatsächliche CO2-Einsparung der 24 Unternehmen sei völlig unzulänglich zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels. Um mehr soll sich das globale Klima möglichst nicht erwärmen, darauf hat sich die Staatengemeinschaft im Paris Protokoll von 2015 geeinigt.

Die Kritik geht noch weiter: Gerade die Unternehmen, denen im Bericht nur eine geringe oder gar sehr geringe Integrität zugesprochen wird, verschleierten in starkem Maße, wie wenig sie tatsächlich fürs Klima tun.

Deutsche Umwelthilfe: Mehr als Verbrauchertäuschung

Der CCRM-Bericht 2023 zeige, "wie gerade die Automobil- und Mineralölkonzerne Greenwashing anstatt ehrlichem Klimaschutz betreiben," erklärt Jürgen Resch, der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). Das sei nicht nur Verbrauchertäuschung, sondern schade dem Klima zusätzlich, weil es Menschen dazu verführe, "klimaschädliche Produkte als vermeintlich 'klimaneutral' zu kaufen."

So werden teilweise bei der Berechnung der Emissionen ganze Bereiche der Wertschöpfungskette schlicht ausgeklammert, verdeutlicht der der CCRM-Bericht. Beispielsweise wird nicht die gesamte Lieferkette bei den Klimazielen des Unternehmens berücksichtigt und der Verbraucher damit getäuscht.

CO2-Ausgleich und CCS statt tatsächlicher Einsparung

Oder aber die Klimapläne der Unternehmen zielen auf Klimaneutralität ab, eine Netto-Null-Emission. Die wird erreicht, indem weiterhin ausgestoßene Treibhausgase mit Emissionskompensationen ausgeglichen werden sollen. Einfachstes Beispiel: Ein Unternehmen pflanzt für jede Gigatonne Kohlendioxid entsprechend viele Bäume, die diese Menge an CO2 aufnehmen, emittiert aber weiter so viel CO2 wie zuvor.

Das Beispiel Aufforstung zeigt zugleich die Problematik: Zum einen halten Experten Wälder längst nicht mehr für sichere CO2-Senken, weil gerade durch den Klimawandel Waldbrände immer häufiger werden. Zum anderen "würde es einen Ressourcenbedarf von zwei bis vier Planeten erfordern, wenn alle Unternehmen Kompensationsstrategien in ähnlichen Umfang planen würden," heißt es in der Pressemitteilung zum CCRM 2023.

Auch die Klimaziele, die mittels Kohlenstoffspeicherung (CCS) erfolgen sollen, werden vom Bericht als Verschleierung gewertet, weil damit keine Verminderung der Treibhausgas-Emissionen einhergeht, die aber dringend nötig wäre. Was die Autoren dagegen von den Unternehmen fordern, ist eine "grundlegende Neuausrichtung". Sie müssten tun, "was nötig ist, um die schwersten Folgen der Klimakrise abzuwenden."

Wer den CCRM-Bericht erstellt

Der Corporate Climate Responsibility Monitor erschien erstmals 2022 und soll jährlich Unternehmen bewerten. Das deutsche NewClimate Institute ist ein gemeinnütziger Thinktank und unterstützt Forschung und Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Es veröffentlicht auch den Climate Action Tracker.

Die gemeinnützige Organisation Carbon Market Watch ist spezialisiert auf Durchsetzung und Überwachung von CO2-Minderungsmaßnahmen.

Deutsche Bestnote: mäßige Integrität

Nur das dänische Logistik-Unternehmen Maersk hat nach Aussage des CCRM-Reports eine zumindest angemessene Integrität bei seinen Klimazielen, da die Containerschiff-Reederei durch Investitionen in alternative Kraftstoffe versucht, tatsächlich ihre Geschäftstätigkeit zu verändern.

Von den vier deutschen Unternehmen im Monitoring bescheinigt der Bericht nur ThyssenKrupp eine immerhin mäßige Integrität, weil die Stahlproduktion bis 2045 mit grünem Wasserstoff erfolgen soll. Mercedes-Benz, Volkswagen und Deutsche Post DHL wurde nur eine geringe Integrität zugesprochen.

  • Zum Artikel: Warum CO2-Kompensationen oft mehr schaden als nützen

PlanetB: Wie Konzerne durch Greenwashing ihr Image aufpolieren

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!