Seit mittlerweile 75 Jahren engagiert sich das Technische Hilfswerk (THW) für den Schutz der Bevölkerung und für notleidende Menschen. Die zum Großteil ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind dabei nicht nur im Inland im Einsatz, sondern auch in vielen anderen Teilen der Welt.
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"Haben die ganze Nacht über gepumpt"
"Ich erinnere mich zum Beispiel an einen Hochwasser-Einsatz 2011 in Enkering, in der Nähe von Eichstätt. Da war ein ganz kleiner Fluss über das Ufer getreten und hatte ganze Wohnviertel überschwemmt. Da sind wir dann ausgerückt und haben die ganze Nacht über gepumpt", erzählt Andrea Franzetti aus Eichstätt.
Der 52-Jährige ist schon seit seiner Schulzeit, also seit 1989, beim THW. Er war dabei nicht nur in Bayern im Einsatz, sondern in vielen Auslandseinsätzen: "Im Jahr 2000 gab es große Überschwemmungen und ein Wirbelsturm in Mosambik. Wir sind jeden Tag mit Hubschraubern ins Hinterland geflogen und haben auch Trinkwasseraufbereitungsanlagen betrieben", erinnert er sich.
Ursprünglicher Auftrag: Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg
Alles begann am 22. August 1950 in Bonn: Der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann vereinbarte mit dem Ingenieur Otto Lummitzsch, einen zivilen Ordnungsdienst aufzustellen. Lummitzsch wurde dabei zum Mitbegründer und ersten Direktor des THW.
Ursprünglich hatte das Hilfswerk den Auftrag, die zerstörte Infrastruktur nach dem Zweiten Weltkrieg wieder herzustellen. Während der Zeit des Kalten Krieges rückte dann aber vor allem der Zivilschutz in den Fokus. So war die Organisation maßgeblich am Bau von Bunkern und Schutzräumen beteiligt.
Immer wieder Neuausrichtung des THW
Seit den 1990er-Jahren und dem Ende des Kalten Krieges steht beim Technischen Hilfswerk der Katastrophenschutz wieder mehr im Vordergrund. Ein wichtiges Thema sind aktuell Maßnahmen, um auf die Auswirkungen des Klimawandels schnell reagieren zu können.
Doch sich ändernde weltpolitische Lagen erfordern immer wieder eine Neuausrichtung der Organisation. So wurden seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine im Februar 2022 Hilfsgüter im Wert von mehr als 138 Millionen Euro in das Land gebracht - darunter Fahrzeuge, Baumaschinen oder Aggregate zur Stromerzeugung. Laut THW handelt es sich dabei um den größten Logistikeinsatz seiner Geschichte.
Zugunglück in Bad Aibling und Flutkatastrophe im Ahrtal
Annelie Schiller vom THW Bayern erklärt, dass es auch in Bayern in den vergangenen Jahren viele prägende Einsätze gegeben habe, zum Beispiel beim Zugunglück 2016 in Bad Aibling: "Da hatten wir über 400 Kräfte im Einsatz, das war ein unglaubliches Schadensbild mit Toten und Verletzten. Und das sind natürlich dann Momente, die die man definitiv nicht vergessen wird", so Schiller.
Darüber hinaus seien im Jahr 2021 rund 4.000 Helferinnen und Helfer aus Bayern auch bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Einsatz gewesen. "Die berichten bis heute noch davon, wie surreal das Ganze war", berichtet Annelie Schiller. "Dieses Schadensbild haben sie so in der Form noch nie gesehen. Und sie haben auch erzählt, dass es wie in einem Kriegsgebiet aussah".
88.000 ehrenamtliche Einsatzkräfte, davon 16.000 in Bayern
Das THW kann bundesweit auf rund 88.000 Ehrenamtliche zurückgreifen, rund 16.000 davon in Bayern. Viele der Einsätze in den letzten sieben Jahrzehnten waren nicht leicht für die Helferinnen und Helfer, körperlich und psychisch. Das hat auch Andrea Franzetti aus Eichstätt oft erlebt. Dennoch sagt der 52-Jährige, dass es auf der anderen Seite auch großen Spaß macht, in der Gemeinschaft anderen zu helfen. Und noch etwas motiviert ihn: die Dankbarkeit der Menschen. "Das ist einfach toll zu sehen, dass Hilfe ankommt und dass die auch wertgeschätzt wird."
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