Artur Geringer bei der Entsorgung eines Sprengkörpers aus dem Zweiten Weltkrieg.
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80 Jahre nach Kriegsende: Kampfmittelbeseitigung weiterhin nötig

80 Jahre nach Kriegsende: Kampfmittelbeseitigung weiterhin nötig

Auch 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg tauchen noch Sprengsätze aus der Zeit bis 1945 auf. In Bayern tragen sie Privatfirmen ab – und die Grundstückseigentümer müssen dafür zahlen. Trotzdem kostet das Unterfangen auch den Freistaat Millionensummen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio Bayern am .

Artur Geringer hat keine Berührungsängste; darf er auch nicht haben. Denn der 43-jährige Schwabe aus dem Landkreis Aichach-Friedberg trägt eine Wurfgranate in Händen, die die Russen im Zweiten Weltkrieg in Deutschland abgefeuert haben. "Die muss vernichtet werden", sagt Geringer. Und genau das übt er diesem Morgen – mit Handschuhen und pflichtgemäß immer zu zweit – auf einem Sprengplatz in der Oberlausitz, am östlichsten Zipfel von Bayerns Nachbarland Sachsen.

87 Tonnen Weltkriegs-Waffen in Bayern gesprengt

Aus dem ganzen Bundesgebiet bildet die Sprengschule Dresden dort angehende fachtechnische Aufsichtspersonen in der Kampfmittelbeseitigung aus, so der offizielle Titel für alle, die nach dem bundesweit geltenden Sprengstoffgesetz die Lizenz zur Kampfmittelbeseitigung haben. Und die ist auch 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs weiterhin nötig, sagt Markus Fricke, Geschäftsführer der Sprengschule Dresden: "Immer, wenn gebaut wird auf Flächen, welche konkret betroffen waren, schnellt das in die Höhe, weil dann eben Fliegerbomben hervorkommen oder eben Kampfgebiete erschlossen werden und die dann bereinigt werden müssen."

Laut bayerischem Innenministerium wurden im vergangenen Jahr allein in Bayern rund 87 Tonnen Bomben, Granaten und Munition aus der Zeit bis 1945 unschädlich gemacht. Im Jahr davor waren es 126 Tonnen. Der Freistaat kommt finanziell ausschließlich für die finale Vernichtung der Sprengsätze durch eine dafür beauftragte Fachfirma auf und gab dafür im Jahr 2024 mehr als zwei Millionen Euro aus (zum Vergleich: Im Jahr 2023 waren es rund 1,3 Millionen Euro).

Grundstückseigentümer zahlt 2.000 Euro aufwärts

Das zuvor geleistete Freilegen am Fundort und Abtransportieren durch Privatfirmen wie die, für die sich Artur Geringer ausbilden lässt, müssen die Eigentümer der jeweiligen Grundstücke zahlen, auf denen die Kriegswaffen gefunden werden. Dafür wird am Fundort immer auch nach möglichen weiteren Sprengkörpern gesucht, sodass die Kosten dafür bei rund 2.000 Euro aufwärts beginnen. Je nach Größe der aufgefundenen Sprengsätze und des untersuchten Fundortes können die Kosten auch mal 100.000 Euro übersteigen, das trifft beispielsweise viele Eigentümer von Gewerbeflächen.

Mehr als 20 Privatfirmen wie die von Artur Geringer gibt es in Bayern hierfür, allerdings nur vier Standorte im gesamten Bundesgebiet, an denen staatliche lizenzierte Lehrgänge in der Kampfmittelbeseitigung angeboten werden. Die Sprengschule Dresden ist einer dieser Standorte – und Geringer hat Glück, dass seine Firma ihm die dortige Ausbildung für rund 20.000 Euro finanziert. Es sei ja schließlich auch nicht jedermanns Sache, nahezu täglich mit gefährlichen Sprengsätzen aus dem Krieg zu tun zu haben. Artur Geringer macht sich da aber nicht verrückt: "Wir lernen ja ganz genau, welche Risiken es bei welchen Waffen gibt und wie wir's richtig angehen." Sprich: die Fundobjekte gefahrenfrei zu sprengen. Wie die russische Wurfgranate an diesem Morgen, die Geringer übungshalber erfolgreich und damit ohne Kollateralschäden vernichtet hat.

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