Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat mit Kritik auf das Verbleiben im Dienst eines Münchner Polizisten reagiert, der sich in privaten Chats antisemitisch geäußert hat. Das "irritiert mich absolut", sagte Schuster dem BR. Der Beamte war auch als Personenschützer von Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern, eingesetzt.
Hintergrund ist ein jetzt über den juristischen Nachrichtendienst "Beck-aktuell" (externer Link) bekannt gewordenes Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Februar, in dem der Beschuldigte zwar wegen einer "bedeutsamen Dienstpflichtverletzung" um einen Dienstgrad zurückgestuft wird, eine Verletzung der "politischen Treuepflicht" aber nicht festgestellt wird.
Beamter soll Schutzperson Einlieferung in KZ gewünscht haben
Das Gericht hob hervor, dass die antisemitischen Äußerungen in privaten Einzelchats geschrieben wurden, wobei die Vertraulichkeit der Kommunikation und die Meinungsfreiheit respektiert werden müssten. Der Polizist soll unter anderem während eines Einsatzes für Knobloch formuliert haben, seine Schutzperson solle in ein Konzentrationslager gebracht werden.
Josef Schuster sagte dazu, dass es nicht darum gehe, Menschen in ihrem Privatbereich zu überwachen. Mit diesem Fall werde das Vertrauen jüdischer Menschen in die Polizeibehörden sehr belastet. Schuster forderte Polizei und Innenministerium nach diesem Urteil dazu auf, den Polizisten "unter Beachtung beamtenrechtlicher Vorschriften in einen Bereich zu versetzen, in dem er keine Gefahr darstellen kann".
Degradierter Polizist nur noch im Innendienst tätig
Der Sprecher des Polizeipräsidiums München, Thomas Schelshorn, erklärte auf Nachfrage, der Beamte sei nur noch im Innendienst tätig. Schelshorn machte deutlich, dass die Behörde den betroffenen Beamten aufgrund der Vorwürfe aus dem Dienst entfernen wollte. Das Präsidium habe nach dem letztinstanzlichen Urteil, das nur eine Rückstufung um eine Besoldungsstufe für zulässig erklärte, geprüft, wie und wo der frühere Personenschützer künftig eingesetzt werden könne. Das Ergebnis: Er werde nur noch im Innendienst, bei Tätigkeiten ohne Uniform, eingesetzt. Außerdem werde er von Vorgesetzten "eng begleitet".
Auschwitz Komitee: Urteil "schändlich" und "traurig"
Knobloch selbst sagte laut "Süddeutscher Zeitung" (externer Link) zu dem Fall: "Judenhass ist leider überall zu finden. Aber bei denen, die Minderheiten schützen, sollte das nicht der Fall sein." Sie wünsche sich in der Justiz ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass Judenhass nicht nur jüdische Menschen bedrohe, sondern die Demokratie und mit ihr den Rechtsstaat.
Das Internationale Auschwitz Komitee nannte das Urteil "schändlich" und "traurig". Die "schäbigen und absurden Auslassungen" der Richter am Verwaltungsgerichtshof habe Knobloch nicht verdient, betonte die Präsidentin des Komitees, Eva Umlauf.
Der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle, erklärte: "Wir müssen von unseren Polizisten erwarten können, dass sie auch auf ihren privaten Plattformen keine judenfeindlichen oder rassistischen Aussagen treffen oder diese teilen. Ich finde es unerträglich, wenn ein Polizist Personen, die er schützen soll, ein Schicksal wie in der NS-Diktatur wünscht."
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels hieß es, das Urteil sei vom Münchner Verwaltungsgericht gefällt worden. Richtig ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof. Wir haben den Fehler korrigiert.
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