Pressekonferenz in Straubing mit Polizei und Staatsanwaltschaft.
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Polizei und Staatsanwaltschaft gaben eine Pressekonferenz zur Attacke in einem ICE.
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Angriff im ICE: So ist der aktuelle Stand der Ermittlungen

Angriff im ICE: So ist der aktuelle Stand der Ermittlungen

Nach dem Angriff auf Fahrgäste in einem ICE in Niederbayern ist das Tatmotiv weiter unklar. Einen Anhaltspunkt ergab der Drogentest beim Verdächtigen. Ein extremistischer Hintergrund wird von der Staatsanwaltschaft "weder bejaht noch ausgeschlossen".

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Nach der Attacke eines 20-jährigen Syrers mit vier Schwerverletzten in einem ICE nahe Straßkirchen in Niederbayern sind die Hintergründe der Tat bislang noch offen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft wurden am Freitag neue Erkenntnisse zu der Tat bekanntgegeben, die sich am Donnerstag auf der ICE-Fahrt von Hamburg nach Wien ereignete und bei der einschließlich des Täters fünf Personen verletzt wurden.

Demnach war – alarmiert von Notrufen – eine erste Polizeistreife am Donnerstag um 14.01 Uhr am ICE bei Straßkirchen eingetroffen. Um 14.04 Uhr, erläuterte Polizeivizepräsident Werner Sika, habe der mutmaßliche Täter festgenommen werden können. Die Zeitspanne sei so kurz gewesen, weil Passagiere – unter ihnen ein Bundeswehrsoldat in Uniform – den Angreifer bereits niedergerungen hatten.

Tatverdächtiger: Betäubungsmittel im Blut

Ein Drogenschnelltest habe Hinweise auf drei Betäubungsmittel im Blut des Mannes ergeben, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Rauscher von der Staatsanwaltschaft Regensburg. Es sei nicht auszuschließen, dass sich der mutmaßliche Täter in einem durch Drogen hervorgerufenen psychotischen Zustand befunden habe.

Motiv noch unklar

Das Motiv für die Tat ist weiterhin unklar. Ein extremistischer oder terroristischer Hintergrund könne weder bejaht noch ausgeschlossen werden, so Rauscher. Ein Zeuge habe gesagt, dass der Beschuldigte gebetet und die Worte "Allahu Akbar" gesprochen habe. Einen expliziten Extremismus-Verdacht gebe es nicht. Die Ermittler stünden auch im Austausch mit der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft München. Bislang werde von einem Einzeltäter ausgegangen.

Verdächtiger sollte Schutzstatus verlieren

Der Mann habe 2021 in Österreich einen Asylantrag gestellt und 2022 einen Schutzstatus erhalten, teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Wien mit. Nach zwei rechtskräftigen Verurteilungen wegen schwerer Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt im Februar und Ende April 2025 sei im Mai ein Asyl-Aberkennungsverfahren gegen den Mann eingeleitet worden.

Ermittlung wegen Mordversuchs

Gegen den Tatverdächtigen werde nun wegen versuchten Mordes in zwei Fällen und gefährlicher Körperverletzung ermittelt, so Rauscher.

Bei der Attacke in dem ICE wurden vier Passagiere verletzt: drei Syrer im Alter von 15, 24 und 51 Jahren sowie ein 38 Jahre alter Deutscher. Mordversuch werde dem Verdächtigen an den 38 und 24 Jahre alten Verletzten vorgeworfen. Die Ermittler sehen das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt an. Bezüglich der 15 und 51 Jahre alten Verletzten geht die Staatsanwaltschaft von gefährlicher Körperverletzung aus. Da der Täter den Hammer, mit dem er die Mitreisenden verletzte, und die kleinere Axt im Zug dabei hatte, könne von einer geplanten Tat ausgegangen werden. Ob die Axt auch zum Einsatz kam, war noch unklar.

Die Ermittler hätten Untersuchungshaft für den 20-Jährigen beantragt. Dieser liege allerdings noch mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Möglich sei eine Anklage auf lebenslange Haft oder eine Unterbringung in einer Psychiatrie, bis keine Gefahr mehr von ihm ausgehe. Das hänge von der Schuldfähigkeit ab.

Passagiere überwältigen Angreifer

Die Verletzungen zog sich der Angreifer offenbar zu, weil sich seine Opfer wehrten – und Hilfe von anderen Passagieren bekamen. Einer der Angegriffenen, ein 24 Jahre alter Syrer, habe dem Verdächtigen den Hammer abnehmen können und ihn damit verletzt. Man gehe hier von Notwehr aus, sagte Oberstaatsanwaltschaft Rauscher.

Der Angreifer war laut Stefan Schillinger, dem leitenden Kriminaldirektor beim Polizeipräsidium Niederbayern, während der Zugfahrt schon auffällig geworden. Er soll verwirrt auf dem Gang unterwegs gewesen sein. Als der 38-jährige Deutsche einen Notruf absetzen wollte, habe der 20-Jährige Mitreisende angegriffen.

Mehrere Verletzte mussten im Krankenhaus behandelt werden. In Lebensgefahr ist laut Ermittlern derzeit niemand. In dem ICE, der von Hamburg nach Wien unterwegs war, befanden sich 429 Menschen, darunter neun Kinder.

300 Einsatzkräfte vor Ort

Die Ermittlungsarbeiten dauern noch an. Es wird unter anderem das Handy des 20-Jährigen ausgewertet. Zeugen werden gebeten, der Polizei Beweismaterial zur Verfügung zu stellen. Im Einsatz waren am Donnerstag rund 300 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Notfallseelsorge.

Mit Informationen von dpa

Im Video: BR24live zur Attacke im ICE zum Nachsehen

Die Polizei und Spurensicherung ermitteln in einem ICE, in dem ein Mann in Niederbayern mehrere Passagiere angegriffen hat.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Armin Weigel
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Die Polizei und Spurensicherung ermitteln in einem ICE, in dem ein Mann in Niederbayern mehrere Passagiere angegriffen hat.

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