In Neumarkt in der Oberpfalz stoßen Archäologen immer wieder auf spannende Entdeckungen. Bei den jüngsten Ausgrabungen am Münsterplatz zum Beispiel. Forscher unter der Leitung des Archäologen Friedrich Loré aus Parsberg haben durch die Ausgrabungen wertvolle Einblicke in die Geschichte der Stadt gewonnen: kein Gold oder Silber, aber Keramik - und wohl eine Toilette.
Latrine – eine archäologische Schatzkammer
Bei den archäologischen Untersuchungen wurde auch eine mögliche mittelalterliche Latrine gefunden - genau dort, wo zukünftig im alten Pfarrgarten gegenüber dem Neumarkter Münster eine moderne Toilettenanlage entstehen soll. "Das fanden wir schon lustig, dass es hier eine Tradition gibt", sagt Loré und lacht. Dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Latrine handle, erkenne man am Verfüllmaterial an dieser Stelle, erklärt der Archäologe. Dieses sei typisch für Fasslatrinen oder Brunnen. Einen Brunnen schließt Loré aber aufgrund fehlender Holz- oder Steineinfassungen aus.
Latrine – eine archäologische Schatzkammer
Latrinen sind für Archäologen besonders wertvoll, denn in ihnen bleiben organische Reste besonders gut erhalten und ermöglichen es, ein detailliertes Bild der damaligen Ernährungsgewohnheiten zu zeichnen – von Gewürzen und Wildkräutern bis hin zu Fischschuppen und Obstkernen. Aus den Ernährungsgewohnheiten wiederum lassen sich Hinweise auf die soziale Stellung der damaligen Bewohner ableiten.
Ganz genau wird man es in Neumarkt aber nicht erfahren. Denn dazu müsste Loré mehrere Meter in die Tiefe graben. Das sei zum einen bauseitig nicht notwendig, zum anderen bestehe die Gefahr, dass der weiche Untergrund einbrechen könnte, erklärt der Archäologe.
Keramikfunde: Ein Blick ins 12. Jahrhundert
Die Ausgrabungen fanden hinter der alten Friedhofsmauer am Münster statt. Im 12. Jahrhundert standen hier wohl Wohnhäuser, in denen Handwerker und Bürger wohnten. Besonders freut sich Loré über den Fund einer alten Scherbe, die von seiner Form auf einen sogenannten Kugelbecher schließen lässt. Diese Entdeckung zählt zu den frühesten Belegen der Besiedlung von Neumarkt in der Oberpfalz, so Loré.
Tatsächlich dürfte die Neumarkts Geschichte noch weiter in die Vergangenheit reichen. "Man könnte hier sicherlich auch Fundmaterial aus Karolingischer oder aus ottonischer Zeit finden. Ab dem achten und neunten Jahrhundert muss hier eigentlich eine Besiedlung existiert haben. Aber dazu haben wir noch kein Fundmaterial."
Verirrte Knochenreste in Neumarkt
Anders als bei dem Gräberfeld bei Mintraching im Landkreis Regensburg, in dem mehrere gut erhaltenen Skelette gefunden wurden, haben die Archäologen in Neumarkt nur vereinzelt Knochenreste entdeckt. Diese sind dort wahrscheinlich nur versehentlich gelandet, denn im Mittelalter befand sich um das Münster herum ein Friedhof.
Ein Vermächtnis für die Zukunft
Die Grabungen am Münsterplatz sind mittlerweile abgeschlossen. Um die Funde zu schützen, wird die Grube bald mit Vlies abgedeckt und aufgefüllt. Vor der Abdeckung katalogisiert Loré die Befunde sehr sorgfältig: "Wir sind die Ersten, die nach Jahrhunderten, Jahrtausenden vielleicht diese menschlichen Aktivitäten wieder zum Leben bringen – wir sind aber auch die Letzten."
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