Eigentlich ist der Begriff "Seltene Erden" völliger Unsinn. Es handelt sich hier weder um "Erde" noch um besonders rare Rohstoffe. Viele dieser Metalle wie Neodym, Germanium oder Europium kommen weltweit ähnlich häufig vor wie Kupfer. Trotzdem sind die Seltenen Erden zu einem kritischen Faktor für die Wirtschaft geworden, weil fast die gesamte Weltproduktion in einer Hand liegt – in der Chinas.
- Zum Plusminus-Podcast: Rohstoffe aus China: Europas Kampf um Unabhängigkeit
Nichts geht mehr ohne Seltene Erden
Egal ob Handy, Laptop, Staubsaugerroboter oder Windkraftanlage: Seltene Erden stecken in fast jedem modernen Gerät. Wobei gar nicht viel gebraucht wird. Winzige Mengen reichen schon aus – wenige Gramm in Elektromotoren, Magneten oder Bildschirmen. Und lange Zeit war es auch überhaupt kein Problem für Industriebetriebe, diese paar Gramm aufzutreiben. Doch jüngst hat China im Zollkonflikt mit den USA seinen großen Trumpf ausgespielt: Die Ausfuhr der Seltenen Erden wurde stark begrenzt.
Engpass mit Ansage: China zieht am Rohstoff-Hebel
China fördert rund 70 Prozent aller Seltenen Erden und verarbeitet sogar 95 Prozent der weltweiten Menge. Schon seit Jahren warnen Experten vor dieser Abhängigkeit, etwa das Ifo-Institut (externer Link). Im Herbst hat China sein Quasi-Monopol nun als Druckmittel im Handelskonflikt mit den USA eingesetzt. Das traf auch deutsche Unternehmen.
Sie mussten plötzlich detailliert nachweisen, wofür sie die Metalle benötigen. Teilweise verlangten chinesische Lieferanten sogar technische Baupläne der Maschinen, die Unternehmen herstellen wollten. Wer Waffen produziert, bekam von China nichts mehr geliefert. Inzwischen hat Peking die Vorschriften wieder gelockert, die Abhängigkeit aber bleibt.
Europa hat sein Know-how bei Seltenen Erden verspielt
Seltene Erden gibt es auch in Europa – etwa in Bayern, Sachsen oder auch Schweden. Doch der Abbau ist teuer und ökologisch heikel: Für zwei Gramm reines Material muss teils eine ganze Tonne Erde durchsiebt werden, inklusive giftiger und radioaktiver Nebenprodukte. Über Jahrzehnte haben Industriestaaten den Dreck und die Kosten ausgelagert.
Das Know-how zur Weiterverarbeitung sei dabei weitgehend verloren gegangen, sagt Martin Erdmann von der Bundesanstalt für Geowissenschaften. Seiner Ansicht nach gibt es nur noch sehr wenige Fachleute außerhalb Chinas, die wirklich wissen, wie manche Seltenen Erden gewonnen werden können.
EU will Ruder bei Seltenen Erden herumreißen
Mit dem Critical Raw Materials Act (externer Link) will die EU gegensteuern: Bis 2030 sollen zehn Prozent der kritischen Rohstoffe in Europa gefördert, 40 Prozent hier verarbeitet und 25 Prozent recycelt werden.
Schweden plant bereits große Minenprojekte in Lappland, Polen will einsteigen, und Deutschland fördert Vorhaben über einen neuen Rohstoff-Fonds. Gleichzeitig entstehen innovative Ansätze.
Beschaffung Seltener Erden: Algen-Methode und neue Motoren
In München arbeiten Forscher mit speziellen Algen, die Seltene Erden aus Porzellan-Abwasser ziehen. Das Gestein, aus dem Porzellan hergestellt wird, enthält auch seltene Erden. Die Forscher lassen das Abwasser durch ein Becken mit speziellen Algen fließen – und die binden die Seltenen Erden im Wasser. Auch für Elektroschrott wird die Methode getestet.
Mehrere junge Firmen versuchen außerdem den Bedarf an Seltenen Erden zu senken. Eine Ausgründung der TU München setzt auf neuartige Elektromotoren, die mit deutlich weniger Neodym auskommen. Große Autobauer wie BMW und Infineon sind bereits eingestiegen.
EU-Ziel ambitioniert aber wichtig
Aktuell erreichen die europäische Förderung und das Recycling bei weitem nicht die EU-Vorgaben aus dem Act. Sicher ist aber: Nichts zu tun wäre die schlechteste Option.
Recycling, Innovationen und neue Lieferketten können die Abhängigkeit reduzieren – selbst wenn Europa die Zielmarken bis 2030 verfehlt. Jede Tonne weniger aus China macht die Industrie krisenfester.
Dieser Artikel ist erstmals am 26.11.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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