Willkommenstafel am Ortseingang von Haidmühle.
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Der Ortsrand von Haidmühle im Dreiländereck. Am "Arsch der Welt" fühlen sich die Einwohner hier dem Vernehmen nach nicht.
Bildrechte: BR24/Michael Schroll
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Der Ortsrand von Haidmühle im Dreiländereck. Am "Arsch der Welt" fühlen sich die Einwohner hier dem Vernehmen nach nicht.

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"Arsch der Welt"? Ein Ort aus Niederbayern hält dagegen

"Arsch der Welt"? Ein Ort aus Niederbayern hält dagegen

Die Ortschaft Haidmühle im Kreis Freyung-Grafenau ist vom Jugendformat "funk" auf Instagram als "Arsch der Welt" bezeichnet worden. Der Grund: die schlechte Verkehrsanbindung. Die Haidmühler halten dagegen und zeigen auch Humor.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Malerisch erstreckt sich der Bayerische Wald Anfang Oktober im Landkreis Freyung-Grafenau, die Blätter sind herbstlich bunt und die Bäume nebelverhangen. Der Weg nach Haidmühle führt von Passau aus vorbei am Dreisessel bis kurz vor die tschechische Grenze. Und da liegt er dann: der "Arsch der Welt".

37 Kilometer bis zur nächsten Autobahn

Dieses wenig schmuckvolle Prädikat hat Haidmühle von "funk" bekommen, dem Jugendangebot von ARD und ZDF. Das hatte ermittelt, welche Orte in Deutschland im Schnitt am weitesten entfernt von einem Flughafen, einer Autobahn und einem Bahnhof sind. Die Orte wurden in eine Deutschlandkarte eingezeichnet, die "funk" auf Instagram veröffentlichte. In Bayern war das eben Haidmühle: Von dort aus sei die Entfernung zu einem Flughafen 154 Kilometer, zu einer Autobahn 37 Kilometer und zu einem Bahnhof 15 Kilometer (alle Angaben in Luftlinie).

Online-Grafik über abgelegene Orte sorgt für Wirbel

Der Bürgermeister von Haidmühle, Roland Schraml (CSU), zeigt sich irritiert: "Ich verstehe das überhaupt nicht. Wir haben geteerte Straßen, fließend Wasser und morgen zehnjähriges Jubiläum mit Messer und Gabel essen." Schraml sagt das natürlich mit Augenzwinkern, im BR24-Interview bezeichnet er es aber doch als eine "Unverschämtheit", in dem Instagram-Posting als "Arsch der Welt" bezeichnet zu werden.

Tatsächlich wirkt in Haidmühle alles ziemlich normal. Wie in Hunderten anderen bayerischen Dörfern gibt es auch hier einen Metzger, einen Bäcker, einen Supermarkt, sogar eine Bushaltestelle.

Grenznahe Orte besonders oft vertreten

Auf Nachfrage erklärt funk, dass man jungen Menschen mit dem Format "GeoGoat", von dem auch der Post stammt, spielerisch den Zugang zu Geodaten-Analyse bieten möchte. In dem "Arsch der Welt"-Beispiel sollte plakativ darauf aufmerksam gemacht werden, wie weit manche Orte von der deutschen Infrastruktur abgeschieden sind.

Bei den Bahnhöfen komme hinzu, dass nur Fernbahnhöfe gezählt werden. Das führt zu dem Umstand, dass der nur ein paar hundert Meter vom Rathaus entfernte Bahnhof im tschechischen Nové Údolí ebenso wenig gewertet wird, wie der deutlich nähere Flughafen Linz, der Luftlinie nur halb so weit entfernt ist, wie der Münchner Flughafen.

Weil eben nur deutsche Infrastruktur beachtet wurde, überrascht es nicht, dass neben Haidmühle nahe der tschechischen Grenze auch andere grenznahe Orte, wie Todtmoos in Baden-Württemberg und Monschau in Nordrhein-Westfalen, den Titel erhalten haben.

Haidmühler sehen es entspannt

Laut Bürgermeister Schraml halten die Haidmühler die Ruhe im Ort für etwas Positives. Das mit einer eigenen Umfrage zu bestätigen, ist an diesem Tag nicht gerade leicht – das Regenwetter bietet nicht die besten Voraussetzungen.

Ein paar Spaziergänger finden sich dann doch. Sie, Kunden beim Metzger und die Inhaberin der Bäckerei, betonen ebenfalls, wie schön die Ruhe und Abgeschiedenheit in dem beschaulichen 1.500-Seelen-Ort doch sein kann. "Es hat definitiv seine Vorteile, ich verbringe sehr gerne Zeit in der Natur, gehe gerne spazieren", sagt die 22-jährige Magdalena. "Wir haben alles, was wir brauchen", versichert Passantin Gerda und resümiert: "Wir sind nicht gerade das Zentrum, aber der Arsch sind wir ja auch wieder nicht." Auch, wenn etwa der Schulweg nach Passau, in die 50 Kilometer entfernte, nächstgrößere Stadt, lang und beschwerlich sei, wie eine Schülerin erklärt.

Stolz sind die Haidmühler auf die schöne Natur um den Ort herum, der staatlich anerkannter Erholungsort ist. Im Ort gibt es außerdem ein Unternehmen, das Luxusbetten in alle Welt liefert sowie eine seismologische Station, die Atomexplosionen in aller Welt registrieren kann.

Im Dreiländereck Deutschland-Tschechien-Österreich lässt es sich einfach gut leben, bilanziert Bürgermeister Schraml: "Wir haben ganz viel Zuzug aus den Großstädten. Bei uns ist es ruhig, bei uns ist es angenehm. Bei uns lebt man noch." Und daran wird sich vermutlich – trotz des zweifelhaften Titels – auch nichts verändern.

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