Auch Landwirt Simon Sedlmair haben seine Gewässerrandstreifen einige Nerven gekostet.
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Auch Landwirt Simon Sedlmair haben seine Gewässerrandstreifen einige Nerven gekostet.

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Streit um Gewässerrandstreifen: Vertrauensverlust bei Landwirten

Streit um Gewässerrandstreifen: Vertrauensverlust bei Landwirten

Viele Landwirte legen freiwillig breitere Gewässerrandstreifen an. Doch das wurde ihnen nun fast zum Verhängnis: Plötzlich hieß es, die Flächen dürften nicht wieder in Ackerland umgewandelt werden. Laut Umweltministerium ein Missverständnis.

Über dieses Thema berichtet: Unser Land am .

Landwirt Simon Sedlmair will etwas für die Umwelt tun und hat einen extra breiten Gewässerrandstreifen angelegt - freiwillig. Sein Gewässerrandstreifen misst vom Bach bis zur Ackerkante 13 Meter. Eigentlich könnte er den größten Teil dieser Fläche in Puchschlagen im oberbayerischen Landkreis Dachau ganz normal bewirtschaften. Denn seit dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" und dem nachfolgenden Begleitgesetz sind nur die ersten fünf Meter verpflichtend.

Bis auf fünf Meter neben dem Bach könnte er also Mais, Weizen oder Kleegras anbauen und hätte damit einen höheren Ertrag. Sedlmair entschied sich aber seit 2015 dagegen, um den Bach zu schützen - und weil Landwirte Prämien für bestimmte Umweltprogramme bekommen. Das sei zwar weniger gewesen, als er hätte erwirtschaften können, "aber das war es mir wert", so Sedlmair.

Ackerstatus blieb bisher erhalten

Für solche Maßnahmen, zum Beispiel breitere Randstreifen, gibt es Geld aus dem Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) oder dem Vertragsnaturschutzprogramm (VNP). Wichtig für Landwirte wie Sedlmair: Diese freiwilligen Flächen - über die gesetzlichen fünf Meter hinaus - dürfen sie nach Auslaufen des Programms auch wieder umbrechen.

Doch plötzlich erfährt Sedlmair vom Landwirtschaftsamt, dass das nicht mehr gelten soll. Die Fläche muss dauerhaft Grünland bleiben. Sedlmair ist Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands im Raum Dachau und Fürstenfeldbruck. Sofort informierte er seine Mitglieder. Die Stimmung bei ihm und seinen Kollegen ist aufgeheizt.

Im Video: Gewässerrandstreifen für den Artenschutz - zu viel Bürokratie?

Umpflügen aus Wut

Viele hätten laut Sedlmair nicht verstanden, wie es sein könne, dass man freiwillig ein Umweltprogramm unterschreibe, sich daran halte und am Ende "bestraft" werde. Bei Unterzeichnung des Programms habe es noch nicht geheißen, dass diese Flächen nicht mehr umgebrochen werden dürften. Denn Grünland ist deutlich weniger wert als Ackerland.

Einige Berufskollegen seien nicht mehr zu bremsen gewesen, so der Landwirt: "Die haben gesagt, ich habe die Schnauze voll, wenn es so ist, dass wir uns auf nichts mehr verlassen können, dann nehme ich den Pflug und brech das um."

Sedlmair wurde aktiv und kontaktierte den Bauernverband, die Behörden, Wirtschafts- und Umweltminister. Es könne ja nicht im Sinne des Umweltschutzes sein, dass Landwirte nun aus Angst davor, über ihren Acker nicht mehr bestimmen zu dürfen, plötzlich die freiwillig angelegten Streifen umpflügten. Er selbst habe vielen Landwirten zu KULAP-Programmen geraten und bewertete sie bisher je nach Betrieb als sehr positive Sache.

Große Bedeutung der Gewässerrandstreifen

Auch Gewässerökologe Tobias Ruff (ÖDP) verfolgte die Aufregung mit Sorge. "Wir sind um jeden Meter Randstreifen froh", betont er im Gespräch mit dem BR. Denn wenn der Acker zu nah ans Gewässer heranreiche, könnten bei Regen Humus und Nährstoffe eingeschwemmt werden und die Gewässer verschlammen.

Beim Volksbegehren für mehr Artenschutz vor fünf Jahren hatte sich Ruff bereits politisch für Gewässerrandstreifen eingesetzt. Er habe sich sehr gefreut, dass mit Umweltprogrammen auch Randstreifen über die gesetzlichen fünf Meter hinaus gefördert wurden.

Verständnis für Bauern vom Naturschützer

Wenn der Kies im Bachbett durchströmt und sauber ist, finden sich dort laut Ruff viele Kleinlebewesen wie Egel, Eintagsfliegenlarven oder Bachflohkrebse - etwa am Hüllgraben im Nordosten von München. Auch die Lebewesen am Ufer profitieren. Durch die Gewässerrandstreifen habe man in ganz Bayern eine gigantische Biotopvernetzung geschaffen.

Die Aufregung der Landwirte könne er aber gut verstehen. Der Gesetzestext und die Förderprogramme seien schwer zu lesen, das führe zu Verunsicherung. "Was wir hier brauchen, ist eine erklärende Politik", so Ruff.

Umweltministerium verspricht Vertrauensschutz

Nach großer Aufregung bei Landwirtschaftsämtern, Bauernverband und Ministern hat man sich im Umweltministerium schließlich noch mal beraten - unter Zeitdruck, denn bis zum 22. Februar liefen die Anmeldefristen für die Förderprogramme. Alles sei nur ein Missverständnis gewesen, das nun vom Tisch ist, betont Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler): "Der Vertrauensschutz bleibt gewährleistet."

Um mehr Klarheit zu schaffen, wolle man außerdem in Zukunft noch mal einen Blick auf das bayerische Naturschutzgesetz werfen und es gegebenenfalls ändern, damit der Vertrauensschutz auch in Zukunft sicher sei. Laut Umweltministerium müssen sich die Landwirte nun keine Sorgen mehr machen, alles bleibe wie gehabt. Flyer und erklärende Schaubilder wurden bereits veröffentlicht und auch an die Behörden weitergeleitet.

Kompliziert bleibt es

Entweder können Landwirte die betroffenen Flächen nun ohne Genehmigung umbrechen oder - in Ausnahmefällen - mit einer Bewilligung der Naturschutzbehörde. Diese muss aber immer grünes Licht geben für die Wiederumwandlung zu Ackerland - außer beim Moorbauernprogramm.

Kompliziert sei das Thema Gewässerrandstreifen allerdings auch schon vor der Diskussion gewesen, bestätigt der Dachauer Landrat Stefan Löwl im Namen der örtlichen Naturschutzbehörde. Leider sei das nicht nur hier ein Problem, sondern auch bei Verkehr und Bau.

Auch Landwirt Sedlmair hat den Eindruck, dass die Bürokratie jedes Jahr eher mehr wird anstatt weniger. Keiner blicke mehr durch. Wenn er im Landwirtschaftsamt anrufe, müssten sich die Experten zunächst oft selbst erst einlesen, weil es einfach sehr kompliziert sei.

Bei einigen bleibt ein Vertrauensbruch

Die aktuelle Handlungsempfehlung des Umweltministeriums findet er nun einigermaßen tragbar - und vertraut darauf, dass sich daran in Zukunft nichts ändert. So geht es aber nicht allen. Bei vielen Berufskollegen sei noch ein Vertrauensbruch da. Er hoffe aber, dass das wieder aufgeholt werden könne, "weil manche KULAP-Programme sehr gut sind".

Für die Zukunft wünscht er sich, dass sich Landwirtschafts- und Umweltministerium absprechen, bevor entsprechende Hiobsbotschaften kursieren.

Dieser Artikel ist erstmals am 2. März 2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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