Großbaustelle in Gronsdorf im Landkreis München.
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(Symbolbild) "Bauturbo": Was bringt er für Bayern?
Bildrechte: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON
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"Bau-Turbo" - Städtetag kritisiert Zeitdruck für Kommunen

"Bau-Turbo" - Städtetag kritisiert Zeitdruck für Kommunen

Wohnungsnot in bayrischen Ballungszentren: Mit dem "Bau-Turbo" will die Bundesregierung gegensteuern und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Der Bayerische Städtetag und die Opposition glauben nicht, dass so sinnvoll neuer Wohnraum entsteht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio Bayern am .

In Deutschland fehlen noch immer Hunderttausende Wohnungen. Mit dem Gesetz zur "Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung", im Regierungssprech "Bau-Turbo" genannt, soll Wohnraum unkomplizierter, schneller und günstiger entstehen. Auch Mieten sollen damit auf Sicht sinken. Für die Oppositionsparteien geht das Gesetz am Kern des Problems vorbei. Der Bayerische Städtetag kritisiert den hohen Zeitdruck für die Kommunen bei annähernd gleichem Aufwand.

Bebauungspläne sind langwierig

Kern des neuen Gesetzes ist eine befristete Aussetzung bestimmter Baugesetze. Dazu gehört insbesondere die Pflicht der Kommunen, Bebauungspläne zu erlassen. Über Bebauungspläne wird festgelegt, wie bestimmte Flächen einer Kommune städteplanerisch genutzt werden sollen. Bei einem Neubaugebiet bedeutet das etwa, wie dicht die Bebauung sein soll, ob und wie viel Gewerbe erlaubt ist, ob Ein- oder Mehrfamilienhäuser entstehen sollen.

Bis ein Bebauungsplan fertig ist, kann es leicht fünf Jahre dauern. Der Vorteil ist, dass über einen Bebauungsplan schon viele Regelungen getroffen werden, die später, wenn dann konkret gebaut werden soll, schon feststehen. Das nun beschlossene Gesetz baut nur wenige der bürokratischen Hürden ab. Verkürzt werden aber insbesondere die Fristen, sodass die einzelnen Kommunen kaum weniger Aufwand haben, aber dafür weniger Zeit.

Zeitdruck für die Kommunen

Entsprechend schreibt der Bayerische Städtetag in einer Stellungnahme: "Die Verwaltungen müssen unter Zeitdruck lösen, was normalerweise in einem Bauleitplanverfahren zu lösen ist: Die Datenlage klären und Konfliktlösungen suchen – denn am Lärmschutz- oder Naturschutzrecht ändert der 'Bau-Turbo' beispielsweise nichts." Darüber hinaus müsste unverändert für Akzeptanz in der Nachbarschaft gesorgt und das Ganze im Gemeinderat abgestimmt werden. 

Die Kommunen entscheiden

Es ist die Entscheidung der einzelnen Kommune, ob sie von den neuen Ausnahmeregelungen des "Bau-Turbos" Gebrauch macht. Neubaugebiete können dann, theoretisch, innerhalb von drei Monaten genehmigt werden. Bayerns Baumminister Christian Bernreiter (CSU) beurteilt das neue Gesetz darum zunächst einmal positiv: "Der neue 'Bau-Turbo' ist ein wichtiger Baustein, um rasch neues Bauland zu schaffen. Im Koalitionsvertrag wurden hierfür die Eckpunkte gesetzt: Die Bundesregierung hat jetzt geliefert – und das in beeindruckender Geschwindigkeit!"

Die vielen Regelungen bleiben ein Problem

Über 3.000 Regelungen und Normen kennt das Baurecht, auf Landes- und auf Bundesebene. Experten halten das für einen der entscheidenden Gründe, warum das Bauen so teuer und langwierig ist. Der neue "Bau-Turbo" lässt diese Normen aber weitgehend unangetastet. Offenbar ist das auch dem bayerischen Bauminister bewusst: "Zudem müssen wir wieder zu einem einfacheren Bauen kommen – also Vorschriften sinnvoll entschlacken".

So sehen es auch Experten: Je weniger Regeln beim Bauen befolgt werden müssen, desto weniger Arbeit haben die Kommunen beim Erstellen einer Baugenehmigung. Denn die braucht jeder nach wie vor, um Bauen zu können.

Opposition ist unzufrieden

Alle Oppositionsparteien haben im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt. So befürchten die Grünen, dass Bodenspekulation und ausufernde Vorstädte begünstigt werden. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Marc Bernhard sagte: "Das Problem ist nicht, dass wir zu langsam bauen, sondern dass wir gar nicht mehr bauen." Der "Bau-Turbo" sei nichts weiter als ein Placebo-Gesetz. Katalin Gennburg (Die Linke) wies darauf hin, dass durch den leichteren Neubau auf der grünen Wiese bis 2030 300.000 Hektar Ackerflächen verloren gehen könnten. Wichtiger sei es, den Umbau und die Renovierung von bestehenden Gebäuden zu fördern.

Bauministerium: Gesetz wird nach fünf Jahren überprüft

Die Bundesregierung betont, dass langfristig auch eine Novellierung des Baugesetzes geplant sei und so noch Details verändert werden könnten. Außerdem gelte das neue Beschleunigungsgesetz zunächst nur für fünf Jahre. Das Bundesbauministerium werde die Wirksamkeit der neuen Regelungen bis Ende 2029 evaluieren und dabei vor allem prüfen, ob sie tatsächlich zur Schaffung neuen Wohnraums beitragen. Was passieren soll, wenn die neuen Regelungen nicht greifen, ist nicht entschieden.

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