Zur Miete wohnen ist so teuer wie nie in Deutschland. Die Politik setzt bisher auf die Mietpreisbremse. Doch die ist höchst umstritten, weil sie den Mietenanstieg in Ballungsräumen nur wenig bremsen kann und eine große Reihe an Ausnahmen enthält. Besonders teuer ist es in den 14 größten kreisfreien Städten. Dort stiegen die Angebotsmieten seit 2015 um fast 50 Prozent. In Bayern liegt München wenig überraschend an erster Stelle mit rund 22 Euro pro Quadratmeter. Vor zehn Jahren waren es noch rund 14 Euro.
- Zum Artikel: "Bau-Turbo" gegen Wohnungsmangel – wird das was?
Rapider Mietenanstieg im Oberallgäu
Wenn man den Anstieg der Mieten in den letzten zehn Jahren anschaut, liegt der Landkreis Oberallgäu an der Spitze. Das Plus für Neuvermietungen lag durchschnittlich bei 6,9 Prozent – wohlgemerkt pro Jahr.
Das geht aus einer Anfrage der Linken an die Bundesregierung hervor, die BR24 exklusiv vorliegt. Weißenburg-Gunzenhausen folgt auf Platz zwei (6,4 Prozent), gefolgt von Günzburg und Kitzingen. Den größten Sprung bei den Mieten legte Weißenburg-Gunzenhausen hin: Vergangenes Jahr wurden 17,7 Prozent mehr Miete verlangt als 2023.
Bauministerium: "Die Bagger sollen rollen"
Was tun? Die Antwort aller vergangener Bundesregierungen: Für bezahlbaren Wohnraum braucht es mehr Wohnungen. 400.000 Im Jahr hatte sich die Ampel-Regierung zum Ziel gesetzt. Geklappt hatte das bei weitem nicht.
Die neue Bauministerin Verena Hubertz hat in der schwarz-roten Koalition keine neue Zielmarke ausgegeben, stattdessen in Windeseile die gesetzliche Grundlage dafür erarbeiten lassen, dass schneller gebaut werden kann. Sören Bartol, Staatssekretär im Bauministerium, der die erkrankte SPD-Ministerin im Bundestag vertritt, erklärt den Plan so: "Wir wollen, dass die Bagger rollen und die Handwerker losgeschickt werden."
Mehr Wohnungen mit der "Brechstange"
Statt bis zu fünf Jahre für ein Bebauungsplanverfahren sollen künftig nur noch zwei Monate nötig sein. Dafür gibt es Änderungen im Baugesetzbuch. Die Kommune kann dann selbst entscheiden, ob sie auf die langwierige Bebauungsplanung verzichtet. Wenn sie das tut, wird die Bebauung nach zwei Monaten automatisch erlaubt, wenn kein Einspruch erhoben wird.
Das Instrument soll nur nutzbar sein, wenn es um Wohnungsbau geht oder soziale und kulturelle Einrichtungen – und wenn es mit den Interessen der Allgemeinheit vereinbar ist. Laut Hubertz ist es die "Brechstange" für schnelles Bauen. Bartol appelliert an die Kommunen, den "Bau-Turbo" auch zu nutzen.
Grüne: Teure Neubauten, statt bezahlbarem Wohnraum
Schneller bauen wollen auch die Grünen – nur nicht auf diese Weise: "Sie legen die Kettensäge an die gesamte Bauleitplanung. Frei nach dem Motto: Alles egal, Hauptsache es wird schnell irgendwas genehmigt", sagt Sylvia Rietenberg. Heißt: Der "Bau-Turbo" sorge nicht unbedingt dafür, dass dort gebaut wird, wo es Bedarf gibt, sondern einfach überall.
Die Grünen fordern stattdessen eine Vereinfachung und damit eine Beschleunigung der Bauplanung, statt sie ganz wegzulassen. Außerdem sei damit nicht gesichert, dass tatsächlich gebaut wird. Rietenberg spricht von rund 760.000 Wohnungen, die zwar genehmigt, aber nicht gebaut würden, der sogenannte Bauüberhang. Schuld seien Baukosten, Bodenpreise und fehlendes Baupersonal. Aus Sicht der Grünen entstehen, wenn überhaupt, nur teure Wohnungen – und nicht mehr bezahlbarer Wohnraum.
AfD zitiert Naturschutzbund
Einen Teil der Grünen-Kritik an den Folgen für die Umwelt sieht in einer ungewöhnlichen Allianz auch die AfD so. Der Abgeordnete Marc Bernhard zitiert den Naturschutzbund Deutschland: Umweltschutz, Bürgerbeteiligung und kommunale Mitsprache würden ausgehebelt. Die Forderung der AfD lautet aber, die Baukosten unter anderem durch die Abschaffung von Umweltvorschriften zu senken.
CSU: Schnellere Genehmigungen verringern Baukosten
Das Gesetz sei ein erster wichtiger Schritt zur "Überwindung des Wohnraummangels in Deutschland", sagt dagegen der fachpolitische Sprecher für Bauen und Wohnen der CSU im Bundestag, Michael Kießling. Die Baugenehmigungszahlen seien zurückgegangen, deshalb brauche es mehr Genehmigungen. Je schneller die erteilt würden, desto günstiger werde auch das Bauen. Kießling sagt zu, dass die Koalition am Thema Bauüberhang arbeiten werde.
Linke: Gegen Wuchermieten vorgehen
Dass mehr gebaut werden müsse, sei allen klar. Sich immer nur mit dem Verweis herauszureden, es müsse mehr gebaut werden, helfe den Menschen herzlich wenig, erklärt die Münchner Linken-Abgeordnete Nicole Gohlke gegenüber BR24. Viele Menschen seien existenziell belastet, die Mietpreisbremse zeige kaum Effekt. Gohlke fordert: "Wir müssen endlich gegen Wuchermieten vorgehen, um besonders belastete Mieterinnen und Mieter zu unterstützen." Aus Sicht der Linken würde nur ein Mietendeckel gegen überhöhte Mieten helfen.
Im Video: Bundesregierung beschließt Bau-Turbo (18.06.2025)
Bundesregierung beschließt Bau-Turbo
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